Skip to main content

Tenchu Z

Kopf hoch!

Stets die Sinne schärfen und alles im Auge behalten ist oberstes Gebot für Ninjas – dachte ich zumindest bis zum ersten Feindkontakt. Da lasse ich mich hinterrücks an einer spärlich beleuchteten Mauer in den feindlichen Dorfgarten hinunter, erledige meinen Gegner mit einem der typischen lautlosen Morde, was auf gut deutsch bedeutet, dass Ihr hinterrücks ohne einen Murks dem Typen die Kehle aufschlitzt, als mich die restlichen Dorfbewohner entdecken. In Panik schwinge ich mich mit einem Seil auf das nächste Dach, gehe in die Hocke und hoffe darauf, dass sich die Lage wieder beruhigt. Und tatsächlich, trotz offensichtlicher Flucht auf das Dach geben meine Verfolger nach wenigen Sekunden die Jagd auf – hoppla, denke ich mir, um so blind zu sein, muss man schon eine Menge Absinth in die Kehlen kippen, da reicht einfacher Reisschnaps gar nicht mehr aus.

Tenchu Z geizt nicht mit offensichtlichem Blutvergießen.

In Kombination mit den wenig abwechslungsreichen Szenarien, die über ein paar japanische Dörfer und eine zugegebenermaßen recht stimmige Hafenstadt nicht hinauskommen, gepaart mit den ewig monotonen Missionen, enttäuscht Tenchu Z deutlich. Dabei sind die zahlreichen Ideen aus dem Hause From Software durchaus kreativ, leider schlägt sich deren Innovation aber nicht im Gameplay wieder.

Nehmen wir unseren Ninja her – hier gibt es Individualisierungsmöglichkeiten satt, dass man meinen könnte, in Tenchu Z würde die erste japanische Fashion-Week gefeiert. Ich hätte auch ein passendes Motto: „Töten mit Stil“ und nicht in den heruntergekommen Lumpen vom Urgroßvater Hironobe über die Dächer hüpfen. Im Klartext heißt das, sich mal was Schickes gönnen, ein tolles Gewand, das nicht nur schmückt, sondern auch tarnt und so einen entscheidenden Vorteil im Kampf liefert. Ich mühe mich also ab, setze permanent auf lautlose Morde, um am Ende der Mission mit vielen Goldstücken entlohnt zu werden und dadurch Shoppen gehen zu können, aber es verhält sich ein bisschen wie mit des Kaisers neuen Kleidern – man kann daran glauben, dass die Hakama, Kimonos und Co. helfen, feststellen konnte ich das nicht.

Ich bezweifle, dass dieses Outfit zur Tarnung beiträgt!

Aber es gibt noch Hoffnung, dass wenigstens neue Spezialangriffe, für die ebenfalls jede Menge Goldstücke im Ninja-Camp den Besitzer wechseln, Pepp in das eintönige Gameplay bringen. Fehlanzeige, denn außer einem einfachen Schwert und dem lautlosen Töten ist die Notwendigkeit, neue Angriffe zu erlernen, zu fast keinem Zeitpunkt gegeben. Ein klarer Designfehler!

Spielerisch sieht es also trotz durchaus stimmiger Atmosphäre und dahinplätscherndem, japanisch angehauchten Soundtrack eher mau aus, während Tenchu-Fans vermutlich genau das bekommen, was sie erwartet haben: Ein HD-Update ihrer heißgeliebten Serie, die mit ihrem individuellen Charme nur eingefleischte Fans ansprechen dürfte. Dummerweise sieht das HD-Update mehr nach einfallslosem Update als nach HD aus, denn optisch enttäuscht die Xbox-360-Fassung mit schwachen Texturen, und klobigen Polygon-Charakteren, von den Animationen des Schattenkämpfern ganz zu Schweigen. Ich meine, wer schleicht denn die ganze Zeit mit dem Kopf nach unten durch Feindesland? Da braucht sich doch keiner wundern, dass diese Spezies der Feudalkämpfer fast ausgestorben ist. Einfach mal nach vorne gucken, dann sieht man das heran schwirrende Schwert auch besser.

Schade, schade, schade, japanische Schleicher für die Xbox 360 wirken in diesem Sommer wie gewollt und nicht gekonnt. Schon Vampire Rain lockte mit toller Atmosphäre und interessanten Ansätzen, und auch Tenchu Z hat seine Qualitäten – allerdings wirkt die Individualisierung viel zu überdimensioniert. Schließlich sollte das Spieldesign auf die Charakterentwicklung abgestimmt sein oder diese zumindest fordern und den Spieler zum Experimentieren anhalten.

Tenchu Z bettet diese Ideen in ein simples und einfallsloses Gameplay ein, das wohl nur absoluten Schleichernaturen und Tenchu-Fans gefallen dürfte. Enttäuschend, denn Tenchu hätte mit etwas Feintuning eindeutig mehr Potenzial gehabt.

Japanischer Schleicher spielen seit dem 29.Juni auf der Xbox 360 Verstecken.

5 / 10

Schon gelesen?