Test zu Children of Silentown: Schade, dass dieses sympathische Projekt kein richtig gutes Spiel geworden ist
Die Angst vorm Zahnrad.
Die Entstehungsgeschichte von Children of Silentown ist bemerkenswert. Denn nachdem die zwei ständigen Mitglieder von Elf Games einen nie veröffentlichten Kurzfilm der Künstlerin Francesca Presentini gesehen hatten, erkannten sie darin die Basis für ein Videospiel. Also hat sich Presentinis eigenes Luna2 Studio mit den Entwicklern zusammengetan, um ihre Idee entsprechend zu vollenden – mit der Besonderheit, dass Elf Games kein professionelles Studio ist. Mit anderen Worten: Das Team hat vier Jahre lang ausschließlich in seiner Freizeit an Children of Silentown gearbeitet, um das Adventure vor einigen Tagen schließlich zu veröffentlichen.
Und tatsächlich handelt es sich dabei um ein klassisches Point-and-Klick-Adventure hauptsächlich für jüngere Spieler, in dem man herausfinden muss, welche Gegenstände man mit welchen Objekten benutzen soll, um Türen zu öffnen, Rohre abzudichten oder verschiedenen Personen Antworten zu entlocken.
Genauer gesagt tut Lucy das, die mit Mutter und Vater in einem kleinen Ort wohnt, dessen Einwohner vor allem eine Regel kennen: Geh niemals in den alles umschließenden Wald! Dort hausen nämlich Monster und tatsächlich sind schon etliche Einwohner verschwunden, nachdem sie mit dieser Regel gebrochen haben. Was unter anderem dann passieren kann, wenn Personen nicht mehr auftauchen, die einem jungen Menschen wie Lucy sehr am Herzen liegen…
Selbstverständlich will sie diesen Personen trotzdem helfen oder es zumindest versuchen, indem sie nach und nach Geheimnisse aufdeckt, über die in Silentown sonst niemand spricht. Und dafür lernt sie Melodien zu summen, deren Klang die Herzen der Menschen öffnen sowie auf andere Art versteckte Informationen offenbaren. Keine Angst, ihr müsst nicht musizieren. Es reicht das Drücken einer Taste und das Auswählen der Person, der Lucy etwas vorsummen soll, schon plaudert die drauf los.
Children of Silentown ist auf allen aktuellen Plattformen erhältlich. Auf PC habt ihr dabei die Wahl zwischen Steam, GOG und dem Epic Games Store, während ihr die Konsolenfassungen bei Nintendo, Microsoft und Sony findet.
Gut, ganz so einfach ist es dann doch nicht, da man nach dem Summen der Melodien noch ein Puzzle lösen muss, das je nach Melodie einem bestimmten Typ angehört. Und besonders einer davon hat mir leider wenig Spaß gemacht: Man muss dort Wege bauen, indem man die dafür benötigten Felder eines Quadrats über Zahnräder richtig eindreht. Mag sein, dass das an meiner Abneigung gegen dies spezielle Art von Kombinationsaufgaben liegt, aber diese Vertreter konnte ich irgendwann einfach nicht mehr sehen – was nicht schlimm wäre, wenn man sie nicht wieder und wieder lösen müsste.
Hinzu kommt, dass ich auch einige der klassischen Point-and-Klick-Rätsel nicht allzu gelungen finde. Da verbaut man sich schon mal die Möglichkeit einen Bonusgegenstand zu finden, wenn man unwissentlich die Tür zum endgültigen Ausgang öffnet. Mitunter war mir außerdem selbst im Nachhinein nicht klar, warum Lucy bestimmte Gegenstände miteinander kombinieren musste. Manchmal fehlt zudem die Erklärung der aktuellen Aufgabe oder sie ist so irreführend, dass ich an einer Stelle lange versucht habe etwas völlig anderes zu erreichen. Und wenn ich in einem Multiple-Choice-Dialog eine richtige Antwort gebe, fühlt es sich mies an, wenn das die Option ist, mit der Lucy anschließend als Lügnerin bezeichnet wird.
Es gibt auch viele gute Rätsel und über weite Strecken logische Aufgaben. Außerdem sind einige der Kombinationspuzzles sehr wohl gelungene Kopfnüsse. Nicht zuletzt sind sämtliche Figuren gut geschriebene Charakterköpfe, die in angenehm knappen Unterhaltungen nicht die Geduld strapazieren, während die Steuerung sowohl mit Maus und Tastatur als auch einem Gamepad tadellos funktioniert, sodass man sich recht schwungvoll durch das Abenteuer klickt. Dieses Abenteuer fühlt sich zwar eher nach einer Momentaufnahme an, weil man fast die gesamte Zeit vor denselben wenigen Häusern unterwegs ist. Dafür ist mir die Auflösung der Geschichte mit ihren verschiedenen Enden wieder sehr sympathisch.
Nun fällt es nicht schwer, aus einem Ort namens Silentown und einem Mädchen, das langsam seine Stimme findet, einen Sinn zu basteln. Und auch später wird das Spiel nicht zur tiefgründigen Milieustudie mit überraschenden Einblicken. Für Kinder und Jugendliche dürften Erzählweise und Inhalt dafür sehr sinnig zusammenkommen. Und das passt abseits der frustrierenden Momente dann auch zu den relativ leichten Rätseln.
Test zu Children of Silentown – Fazit
Francesca Presentini und Elf Games haben also quasi ein Kinder- und Jugendbuch in die Form eines Point-and-Klick-Adventures gebracht, das von seiner sicherlich überschaubaren, aber auch sehr stimmungsvollen und sinnhaften Erzählung lebt. Um ein großes Abenteuer zu sein, ist der ständig gleiche Schauplatz viel zu statisch und die Entwicklung der Geschehnisse zu überschaubar. Einige unlogische sowie schlecht erklärte Zusammenhänge und immer gleiche Kombinationspuzzles stören außerdem den Spielfluss, sodass ich Children of Silentown nicht ohne weiteres empfehlen kann. Nur im erzählerischen Bereich und nicht zuletzt aufgrund der markanten Zeichnungen kann das Spiel aber durchaus überzeugen.
Children of Silentown – Wertung: 6/10
Pro und Contra
Pros:
- Gut geschriebene Erzählung um das Erwachsenwerden und gesellschaftlichen Zusammenhalt
- Markantes Artdesign
- Weitgehend leichte Rätsel motivieren zum schnellen Durchspielen…
Contras
- … einige Rätsel sind allerdings unlogisch oder schlecht beschrieben
- Immer gleiche Kombinationspuzzles
- Ständig gleicher, sehr überschaubarer Schauplatz
- Große Teile der Erzählung sind für erwachsene Spieler sehr vorhersehbar
Entwickler: Elf Games, Luna2 Studio - Publisher: Daedalic Entertainment - Plattformen: PC, PlayStation 5, PlayStation 4, Nintendo Switch, Xbox Series X/S, Xbox One - Release: 11.01.2023 - Genre: Adventure - Preis (UVP): knapp 20 Euro