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Test zu Like a Dragon: Ishin! – Endlich kann ich diese Lücke meiner Yakuza-Sammlung schließen!

Like Kazuma. Nur früher.

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Technisch sieht man dem Remaster sein Alter an. Inhaltlich ist es ein gelungener Ableger mit coolem Kampfsystem und motivierenden Minispielen.

Wie schön, dass Sega diesen früher nur in Japan veröffentlichten Ableger in leicht überarbeiteter Form auch im Westen noch veröffentlicht! Dabei ist es fast zehn Jahre her, dass Ishin! als erstes Yakuza-Spiel auf PlayStation 4 lief und dort sogar als Starttitel diente. Stimmt: Inzwischen heißt die Serie gar nicht mehr Yakuza, sondern entspricht mit Like a Dragon der Übersetzung des japanischen Originals, Ryu Ga Gotoku.

Tatsächlich habe ich fast alles gespielt, dass einen dieser Titel im Namen trägt. Dazu zählt nicht nur Teil eins der sträflich in Vergessenheit geratenen PSP-Ableger, sondern auch das auf PS3 erschienene Kenzan! und nicht zuletzt Teil drei der Hauptserie. Der wurde bei seiner westlichen Erstveröffentlichung nämlich leicht gekürzt und ich ging in meinem überambitionierten Komplettierungswahn davon aus, mir würde deshalb etwas Wesentliches entgehen.

Das Gesicht kennt man, der Name ist neu: Sakamoto Ryoma ist eine reale Person, die in Ishin eine an die Wirklichkeit angelehnte, aber weitgehend fiktive Geschichte erlebt. (PC) (Like a Dragon: Ishin! - Test)

Na, auf jeden Fall fehlte meiner Sammlung bisher Ishin!, das einer ähnlichen Anlage folgt wie Kenzan!, aber erzählerisch ein komplett eigenständiges Abenteuer darstellt. Immerhin haben sich die Entwickler einfach den damals noch exklusiven Protagonisten ihrer Serie, Kiryu Kazuma, geschnappt und ihn die Rolle der historischen Persönlichkeit Sakamoto Ryoma spielen lassen – in einem fiktiven Abenteuer natürlich, aber verankert in realen Geschehnissen der auslaufenden Edo-Periode Mitte des 19. Jahrhunderts.

Kazuma, Verzeihung: Ryoma ist ja nicht der Einzige, denn auch etliche weitere Figuren diverser Yakuza-Episoden tauchen in Haupt- und Nebenrollen auf, ohne mit ihren Ebenbildern in irgendeiner Form verwandt oder bekannt zu sein. In gewisser Weise spielen frei erfundene Charaktere also historische Ereignisse nach. Auf die Idee muss man erst mal kommen!

Wobei sich Ryu Ga Gotoku Studio, wie das Team seit einigen Jahren pragmatischerweise genannt wird, freilich zahlreiche Freiheiten gönnt, wenn es davon erzählt, wie Ryoma nach einem Mörder sucht und im Laufe dessen sogar den Rang eines Captains übernimmt, als er jener Organisation beitritt, in der er den Täter vermutet. Quasi als Ausgleich erfährt man dafür so einiges über die historischen Umstände dieser Zeit und lernt Machtverhältnisse sowie Herausforderungen kennen, die die Menschen damals umtrieben.

Das Ganze macht übrigens auch auf dem Steam Deck eine sehr gute Figur. (Steam Deck) (Like a Dragon: Ishin! - Test)

Überhaupt muss ich sagen, dass mir das historische Szenario außerordentlich gut gefällt. Endlich ist man mal nicht in Kamurocho oder auf ähnlichem Pflaster unterwegs! Die sandigen beziehungsweise matschigen Gassen von Kyo (Kyoto) dienten zwar schon in Kenzan! als Schauplatz, sind aber eine gelungene Abwechslung zur modernen Großstadtkulisse – was auch daran liegt, dass sich verschiedene Straßenzüge hier etwas deutlicher voneinander unterscheiden als in den weitgehend homogenen Vierteln Kamurocho, Isezaki Ijincho oder Sotenbori.


Das für PC und PlayStation 4, PS5 sowie Xbox One und Xbox Series S/X erhältliche Like a Dragon: Ishin! erhaltet ihr unter anderem bei Amazon und Saturn beziehungsweise Media Markt sowie natürlich bei Steam:

Auch Ishin! spielt ja in einer frei begehbaren Welt, die allerdings nicht so weitläufig ist, wie man es aus Grand Theft Auto oder Assassin’s Creed kennt, sondern lediglich mehrere Straßen beziehungsweise Wege innerhalb einer Stadt umfasst – in denen sich dafür allerdings zahlreiche Restaurants, Geschäfte, Vergnügungsmöglichkeiten und mehr befinden. Ist es in anderen Spielen schon schwer ein Ziel zu erreichen, weil zahlreiche Aktivitäten von der Hauptmission ablenken, kommt man hier oft keine hundert Meter weit.

Das liegt unter anderem daran, dass Ryoma ständig von Raufbolden zum Kampf herausgefordert wird. Es hat aber auch viel damit zu tun, dass ich mir unheimlich gerne die Zeit mit zahlreichen Nebenmissionen und Minispielen vertreibe, durch die Kyo erst lebendig wird. Da zählen Tanzstunden ebenso dazu wie das Angeln, Wetten beim Hühnchen-Wettlauf, eine Art Baseball mit Kanonenkugeln, Poker, Mah-Jongg oder ein Besuch im Bordell, bei dem man Hostessen erst unter den Tisch trinkt, dann per Schere-Stein-Papier besiegt und anschließend in einem sehr einfachen Shmup… „glücklich“ macht? Naja, gut.

Links das Digikreuz und rechts die regulären Tasten bedienen - finde ich um einiges schwerer als es klingt! (PC) (Like a Dragon: Ishin! - Test)

Kehrt man in einem der zahlreichen Restaurants ein, stellt man sogar Ryomas Gesundheit wieder her. Das hat mein Alter Ego zumindest oft genug nötig, da ich den Schwierigkeitsgrad von Beginn an auf eine höhere der fünf Stufen gestellt hatte. Cleverer werden die Gegner dadurch leider nicht. Man steckt mit jedem Treffer nur deutlich mehr Schaden ein, während Heilung in Form von Pillen oder Eintopf-to-go weniger Punkte wiederherstellt.

Das Kämpfen mag ich ohnehin sehr, da man im Gegensatz zur damaligen Hauptserie (inzwischen ist ja Rundentaktik angesagt) nicht im Wesentlichen immer auf die gleiche Art kämpft, sondern jederzeit zwischen vier sehr verschiedenen Stilen wechselt: dem Austeilen mit der nackten Faust, dem Kämpfen mit Schwert, dem Schießen mit zwei Pistolen und dem beinahe tänzerischen Herumwirbeln, bei dem Ryoma mit Schwert in der einen und Pistole in der anderen Hand agiert.

Gleichzeitig mit Schwert und Pistole durch die Gegner zu wirbeln, fühlt sich klasse an. (PC) (Like a Dragon: Ishin! - Test)

Da das Schießen dabei wie die Nahkampfangriffe in die Kombos eingebunden ist, fällt es nicht als Fremdkörper auf. Es bringt vielmehr Abwechslung in die Kämpfe, wenn man mit zwei Pistolen zum Beispiel nicht besonders gut ausweichen und ankommende Schwerthiebe auch nicht abwehren kann, dafür manche Gegner aber schon aus der Distanz heraus erledigt. Das Hantieren mit Schwert und Pistole dient hingegen der Crowd-Control, da man auf diesem Weg endlos lange durch größere Mengen an Raufbolden wirbeln kann.

Wie in der Serie üblich genießen besonders starke Widersacher auch hier unfaire Vorteile, während das Erholen nach manchen Treffern enervierend lange dauert. Abgesehen davon wünschte ich, das Spiel würde vor den Wiederholungen eines Bosskampfs nicht ständig danach fragen, ob ich den Schwierigkeitsgrad vorübergehend senken will.

Und auch das Missionsdesign ist nicht immer perfekt. Mitunter kommt es nämlich vor, dass man verschiedene Schritte in einer Kette von Aufgaben unmittelbar hintereinander erleidgen kann, wenn man einfach nur immer wieder den Auftraggeber anklickt. Spätestens wenn gesagt wird, dass zwischen diesen Unterhaltungen eigentlich ein paar Tage oder wenigstens mehrere Stunden vergangen sind, reißt mich das kurz aus dem sonst so vereinnahmenden Szenario heraus.

Bei einem der Minispiele muss sich Ryoma nicht nur die Bestellungen merken, sondern sie auch in der richtigen Reihenfolge servieren. (Steam Deck) (Like a Dragon: Ishin! - Test)

Ach, und noch was: Die Menüs sind an einigen Stellen furchtbar träge. Warum es eine kurze Pause gibt, bevor man im eben aufgerufenen Inventar hantieren darf, erschließt sich mir jedenfalls nicht. Gerade im Kampf muss man manchmal nur kurz zum Heilen oder aus anderen Gründen dorthin und dann hält diese Unterbrechung den Spielfluss auf.

Abgesehen davon fehlt mir die Möglichkeit neue Waffen und Kleidungsstücke mit den aktuell verwendeten zu vergleichen. So sehr ich mich darüber freue, dass man Ausrüstung nicht nur kaufen, schmieden und um besondere Eigenschaften erweitern darf, so umständlich ist es hin und wieder, genau das zu tun.

Man merkt Like a Dragon: Ishin! eben an, dass die Grafik zwar in Sachen Beleuchtung und anderen Details modernisiert wurde, im Kern aber weiterhin das alte Spiels steckt. Deshalb sind einige Straßenzüge dieser offenen Welt auch durch kurze Ladebildschirme voneinander getrennt. Und deshalb verschwinden Charaktere plötzlich, wenn Ryoma etwas aufhebt oder an einem Schrein betet. Selbst Ganoven, die schon wütend auf ihn zu stürmen, wird er dadurch auf magische Weise los.

Ausreichend Materialen und Geld vorausgesetzt, kann man Waffen neu herstellen und verbessern lassen. (PC) (Like a Dragon: Ishin! - Test)

Eine leichte Überarbeitung hat aber nicht nur das Visuelle erfahren, denn es gibt auch zwei Minispiele, auf die dieser Begriff eigentlich kaum zutrifft, da sie weit über das knappe Abspulen kurzer Herausforderungen hinausgehen. Habt ihr Yakuza 6, den hervorragenden Abschluss der Kazuma-Saga, gespielt und erinnert ihr euch dort an das Sammeln von Kämpfern, die man in einer Art Echtzeitstrategie durch die Straßen geführt hat, um sie auf diesem Weg immer stärker zu machen?

An so etwas hatte sich Ryu Ga Gotoku Studio schon zwei Jahre vorher versucht, denn auch in Ishin! sammelt man Kämpfer, die Ryoma in bestimmten Missionen zusätzliche Fähigkeiten verleihen und die immer stärker werden, indem sie an Erfahrung gewinnen oder man mehrere von ihnen miteinander verschmilzt. Es ist das Prinzip Sammelkarten, wobei jede Karte hier hier eine aktive und passive Fähigkeit besitzt.

Hat was, ist wegen der starken Kontraste aber etwas anstrengend: Man kann Ishin! auch in einem Grafikmodus spielen, der an alte Filme erinnert. (PC) (Like a Dragon: Ishin! - Test)

Nun löst man die aktive aus, wenn ihr Cooldown abgeklungen ist, und hat ganze drei oder vier solcher Karten zur Verfügung – pro Kampfstil! Wer will, kann den historischen Helden über dieses System also individuell spezialisieren. Und falls ihr euch schon die ganze Zeit fragt, was daran gegenüber dem Original überarbeitet wurde: Die Karten stehen jetzt nicht nur in einem separaten Minispiel zur Verfügung, sondern sind Teil des allgemeinen Kampfsystems.

Was sowohl einen Vorteil als auch einen Nachteil hat. Das Gute: Man wird in der neuen Version um einiges stärker angespornt, diese Sammelkarten ständig zu verbessern und Ryoma immer genauer auf seinen Vorlieben anzupassen. Dass die kurzen Missionen des ursprünglichen Minispiels dadurch an Bedeutung verlieren, stört mich kein bisschen. Im Gegenzug werden andere Aktivitäten nämlich umso wichtiger; allen voran die Arena, in der man sich im Rahmen eines sportlichen Wettstreits mit besonderen Kontrahenten misst.

Neue Kämpfer schließen sich unter anderem Ryoma an, nachdem er sie besiegt hat. Anschließend muss er sie dann trainieren, wobei man mehrere von ihnen auch verbinden kann, um eine davon zu stärken. (PC) (Like a Dragon: Ishin! - Test)

Der Nachteil liegt da, wo einige der Sammelkarten mächtige Angriffe auslösen, mit denen man Gegner etwa unter Strom setzt, auf dass der Imperator vor Neid erblassen würde. Das ist mir eine Idee zu viel Fantasy in dem ansonsten angenehm bodenständigen Szenario mit seinem auch weniger überdrehten Kampfsystem als man es aus der Hauptserie kennt. Selbstverständlich könnte ich auf den Einsatz solcher Karten schlicht verzichten. Aber ihr wisst doch, wie das mit dem Reiz von Sammelkarten und damit verbundenen, funkelnden Superkräften ist…

Immerhin: Obwohl das Kämpfen wie immer im Vordergrund steht, gibt es für den ebenso stoisch auf Rache sinnenden wie bezaubernd gutherzigen Ryoma mehr als genug Dinge zu tun, bei denen er sich vom stressigen Alltag als Samurai erholen darf. Da steht er seinem Ebenbild Kazuma in nichts nach – was spätestens dann zutage tritt, als ein Mädchen namens Haruka in sein Leben tritt. Denn die muss einen gewaltigen Schuldenberg abbezahlen, um nicht das Haus ihrer Eltern zu verlieren. Und was macht Ryoma da? Er zieht kurzerhand bei ihr ein, beginnt Gemüse anzubauen und verkauft den Ertrag.

Anfangs kann man nur ein kleines Feld bestellen und auch die Qualität der Ernte lässt mitunter zu wünschen übrig. Das alles kann man aber nach und nach verbessern. (PC) (Like a Dragon: Ishin! - Test)

Selbstverständlich sind an dieses umfangreiche „Mini“spiel auch kleine Geschichten und Missionen geknüpft. Außerdem sät und erntet man nicht nur, sondern verkocht das Gemüse sowie andere Zutaten auch eigenhändig, um eine Vielzahl an Speisen herzustellen. Die verkauft man dann oder packt sie als heilenden Proviant ins Inventar. Ihr wollt also dafür sorgen, dass dieser geschichtlich verbürgte Protagonist sieben Tage die Woche kaum ein Auge zubekommt? Dann könnte Ishin! genau das Richtige für euch sein.

Test zu Like a Dragon: Ishin! – Fazit

Hat man alle oder die meisten damals noch Yakuza heißenden Teile und ihre Ableger gespielt, entdeckt man natürlich in Like a Dragon: Ishin! natürlich jede Menge recyceltes Material. Selbst einige der Sprachaufnahmen hallten ja schon durch Kamurocho & Co. Viele der Minispiele gab es dort ebenfalls und sogar die Geschichte könnte in fast unveränderter Form im Rahmen der Hauptserie erzählt werden. Allerdings hat sich Like a Dragon gerade in den letzten Jahren teils stark verändert, weshalb Ishin! für mich ein durchaus emotionales Wiedersehen mit Kazuma und einigen seiner Wegbegleiter darstellt. Das historische Szenario ist dabei richtig erfrischend und das im Kern angenehm fokussierte Kampfsystemmit mit seinen vier verschiedenen Stilen eine motivierende Art sich den Ganoven zu stellen. Wie gesagt: Auch wenn ich immer wieder mal über alte und neue Kleinigkeiten meckere, bin ich vor allem doch sehr froh darüber, dass Sega endlich auch die historische Seite seiner langjährigen Serie den Fans im Westen vorstellt!

Test zu Like a Dragon: Ishin! – Wertung: 7/10

Pro und Contra

Pros:

  • In Japans Geschichte verankertes Szenario mit vielen zeitgenössischen Besonderheiten
  • Willkommenes Wiedersehen mit alten Charakteren in neuen Rollen
  • Vier sehr unterschiedliche Kampfstile, zwischen denen man jederzeit wechseln kann
  • Motivierende, teils sehr umfangreiche “Mini”spiele

Contras:

  • Mitunter sehr starres, unlogisches Missionsdesign
  • Seltsam träge, teils unübersichtliche Menüs
  • Manche Charaktere verschwinden, wenn man bestimmte Aktionen ausführt, und andere technischen Kleinigkeiten

Entwickler: Ryu Ga Gotoku Studio - Publisher: Sega - Plattformen: PC, Xbox Series X/S, Xbox One, PlayStation 4, PlayStation 5 - Release: 21.02.2023 - Genre: Action-Adventure - Preis (UVP): knapp 60 Euro

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