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Test zu Potion Craft: Alchemist Simulator – Mix mir einen Drink

Vom Kräuterlädchen zum (Ge)tränkegroßhandel?

Das Zubereiten der Tränke ist klasse, auf Dauer aber einförmig – was auch für das Verkaufen sowie die Geschichten der immer gleichen Kunden gilt.

Heiltränke, Fläschchen mit Feuerzauber oder Eis, explodierende Violen und vieles mehr: Ohne diese Hilfsmittel sind viele Bosskämpfe gar nicht machbar. Die Hälfte aller Rollenspielhelden würde nach halber Strecke umkehren und im heimatlichen Dorf wieder Ratten jagen. Aber dafür gibt es diese Tränke ja. Aber habt ihr euch schon mal gefragt, wie das eigentlich funktioniert?

Klar, wenn man das Rezept in- und auswendig kennt, rührt man einfach Lebensblatt und Gutbeere zusammen, gibt ein bisschen Wasser hinzu und schon kann man Erste Hilfe trinken, äh… leisten. Doch wie stellt man das dar – in einer Simulation, wohl gemerkt? Immerhin klickt man in Potion Craft nicht einfach auf die Zutaten, sondern muss besonders bei komplizierten Formeln ganz schön auf der Hut sein, an jener Stelle nicht zu viel zu rühren, hier die Mischung nur ein wenig zu erhitzen und später die richtige Menge Kristallstaub hinzuzufügen. Wie ahmt man dieses feine Händchen aus Intuition und handwerklichem Geschick in einem Videospiel nach?

Auf dieser Karte muss man Markierungen erreichen, um dem Trank den dort ausgeschriebenen Effekt hinzuzufügen.

Nun, wenn es nach Potion Craft geht, dann wird das mithilfe einer Landkarte symbolisiert, auf der sich zahlreiche Markierungen befinden, die für jeweils einen Effekt stehen. Dazu zählen Heilung, Feuer, Schlaf, Gift, Licht und vieles mehr. Und diese Markierungen muss man erreichen, um einem Trank die entsprechende Wirkung zu verleihen.

Jede Zutat, die man in den Kessel gibt, führt dabei auf einem vorgegebenen Weg über die Karte, weshalb die verwendeten Kräuter oder Pilze stets die Richtung vorgeben, in die man sich bewegt. Natürlich gibt es Variationen, weil verschiedene Kräuter auf einen ähnlichen Weg führen – der oben erwähnte Heiltrank lässt sich auch auf tausend andere Arten mixen. Da Schlammpilz aber in den symbolischen Süden führt, werdet ihr damit wohl nie das explosive Gemisch im Nordwesten erzeugen.

Die eigentliche Herausforderung ist es also, die festen Wege der Zutaten so aneinanderzureihen, dass sie ans Ziel führen und dabei jene gefährlichen Stellen „umgehen“, an denen der Trank zum Wischwasser verkommt. Und das Schöne ist, wie sehr sich das doch tatsächlich nach echtem Brauen anfühlt.

Vorsichtig noch ein wenig Wasser dazu und schon ist der Trank fertig!

Immerhin mahlt man die Zutaten zunächst, indem man sie in den Mörser legt und anschließend mit dem Stößel bearbeitet. Dann wirft man sie in den Kessel und rührt um, was den Trank über den vorgezeichneten Weg schiebt. Bei Bedarf gibt man noch Wasser hinzu, um ihn beliebig weit in Richtung Ausgangspunkt zurückzuziehen (logisch), und pumpt schließlich den Blasebalg, um die Feuerstelle aufzuheizen. Denn das setzt erst die angestrebte Wirkung frei.

Man darf die Kräuter irgendwo neben dem Mörser ablegen, falls man sie für später aufbewahren möchte. Stößel und Löffel können herausfallen, wenn man etwas zu wild ausholt. An manchen Stellen kann man den Trank alleine durch Anheizen des Feuers über die Karte bewegen. Und mitunter reicht es sogar, die letzte Zutat mit einem schnellen Schwung ohne vorheriges Zermahlen in den Kessel zu werfen. Der Punkt ist: Dieses Hantieren… „real“ ist der falsche Ausdruck, aber es fühlt sich verblüffend glaubwürdig an.

Das spürt man spätestens dann, wenn man auf der Karte in die Nähe der Markierung eines gewünschten Effekts gelangt. Die Qualität des Tranks hängt nämlich davon ab, wie präzise man ihn dort positioniert. Und da kommt dann dieser Mix aus Intuition und Geschick ins Spiel, denn weil die Zutaten über wild schlängelnde Wege, im Kreis oder gar Zickzack führen, kann man nicht immer mit videospieltypischer Sicherheit sagen, wohin genau das Mischen führen wird.

Jeden Morgen erntet man im eigenen Garten zunächst mal ein paar unverzichtbare Kräuter.

Man muss daher so gut es geht antizipieren, durch Zugeben von Wasser behutsam korrigieren und gelegentlich auch mal einen Pilz einwerfen, der den Trank auf einen leicht versetzten Weg bringt. Und wenn der Trank beim ganz langsamen Rühren dann schließlich genau im Zentrum der Markierung landet, dann ist das beinahe so, als hätte man ihn mit viel Können perfekt abgeschmeckt.

Bleibt die Frage, wozu man das überhaupt tut, und die Antwort ist der kleine Laden, den man führt., und vor dem Morgen Kunden mit verschiedenen Wünsche stehen. Die Eine benötigt ein Mittel, um besser zu schlafen, die Andere sucht etwas gegen Bauchschmerzen („Werde ich jetzt sterben?“), der Nächste will ein Schloss knacken, ein Anderer seinen Nachbarn vergiften und dann stand irgendwann noch dieser weißhaarige Mann vor mir, der die Monster aus einem Nachbardorf vertreiben sollte. Den habe ich gefragt, ob er den Trank nicht selbst brauen könnte, was er bejate. Nur bliebe ihm dann weniger Zeit für Frauen und Würfelspiele.

Stimmt natürlich: Dieser Kunde hat gerade jetzt wieder viel zu tun.

Man braut also, was verlangt wird, und speichert Rezepte, um nicht jedes Mal von vorn zu beginnen. Nur Sonderwünsche verlangen irgendwann Spezialanfertigungen, wenn man zum Beispiel nicht mehr als zwei Arten von Zutaten verwenden soll, was die „Wegfindung“ natürlich erschwert, oder wenn ein Trank gleich mehrere Wirkungen haben soll. Gelegentlich kommen außerdem Händler vorbei, die verschiedene Pilze, Kräuter oder Kristalle sowie Ergänzungen der Küche verkaufen.

Stück für Stück erweitert man außerdem die Alchemiemaschine im Keller, um irgendwann den Stein der Weisen sowie das eigene Meisterwerk zu erschaffen, für die man jeweils besonders komplexe Mixturen benötigt. So weit bin ich allerdings noch nicht gekommen. Denn so wundervoll das Brauen auch ist und so stilvoll die altmodische Präsentation daherkommt: Inhaltlich steckt vor allem auf Dauer enttäuschend wenig in Potion Craft.

Vor jeder Transaktion kann man übrigens um den Preis feilschen. Dafür muss man in den richtigen Momenten auf die angezeigten Stellen klicken, während sich der Pfeil je nach gewähltem Schwierigkeitsgrad unterschiedlich schnell von links nach rechts und zurück bewegt.

Man kann unter anderem die Zutaten ja nicht nach eigenem Gutdünken einkaufen oder Ressourcen anfordern, sondern muss immer auf die entsprechenden Händler warten. Man darf auch keine Tränke erfinden, sie anpreisen und frei verkaufen: Es gibt immer nur die Kunden mit ihren akuten Wünschen, die man exakt erfüllen muss. Dabei könnte man so einige Probleme zumindest theoretisch auf verschiedene Art beheben – vielleicht mit einem Trank zum günstigeren Preis, weil man gerade keine besseren Zutaten im Haus hat. Doch das ist überhaupt nicht vorgesehen.

Und so wird das eigentlich tolle Mischen nach wenigen Stunden leider ziemlich fade, weshalb ich erstaunlich schnell die Lust daran verlor. So gut sich das Mischen eben anfühlt, so schnell kennt man die Handgriffe und spult sie in recht monotonen Schleifen ab.

Warum kann man sich etwa nicht ähnlich wie in VA-11 Hall-A mit den Kunden unterhalten, während man in der Küche hantiert? Überhaupt fehlen mir interessante Charaktere oder Geschichten. Besonders die Händler geben zwar ein wenig was von sich preis, aber im Sinne einer unterhaltsamen Erzählung ist das bei weitem nicht der Rede wert.

Im Aufbau der Alchemiemaschine und dem Herstellen komplexer Mixturen steckt eine Langzeitaufgabe - das Tun unterscheidet sich aber auch später kaum von dem der ersten Stunden.

Ich wünschte, man würde ein größeres Ziel verfolgen, eben den wirtschaftlichen und relativ freien Ausbau des Ladens. Oder wie wäre es mit der Wahl zwischen einer Karriere am Hof, als spezialisierter Zulieferer einer Heldengilde oder dem Zugriff auf besonders seltene Zutaten, falls man sich einer dunklen Macht verschreibt – einschließlich eines damit einhergehenden Verlusts an Kundschaft? Ansätze davon sind vorhanden, werden aber nicht wirklich ausgespielt. Dabei hätte so etwas hier durchaus das Salz in der Suppe, Verzeihung: des Tranks sein können.

Test zu Potion Craft: Alchemist Simulator – Fazit

Es ist so bedauerlich: Eine Zeitlang hatte ich großen Spaß damit, meinen Kunden nach dem kurzem Rückzug in meine Küche eine hochwertige Mixtur sorgfältiger Braukunst in die Hand zu drücken. Das Zerstampfen, Verrühren und gelegentliche Verfeinern der Tränke fühlt sich nämlich unheimlich gut an. Doch das Spiel drumherum ist eine recht dröge Aneinanderreihung prozeduraler Mikro-Aufgaben, die sich ständig wiederholen. Man kann den Laden nicht frei ausbauen, hat abgesehen vom immer weiteren Mixen kein großes Ziel vor Augen und lernt nicht einmal eine spannende Welt mit interessanten Charakteren kennen. Potion Craft ist also durchaus einen Blick wert. Erwartet nur nicht, dass es euch lange an seinen Kessel fesselt.

Potion Craft: Alchemist Simulator – Wertung: 6/10

Pro und Contra

Pros:

  • Anspruchsvolles Mixen und Finden von Tränken
  • Ständiges Erweitern der Werkzeuge und Rezepte
  • Gute Mischung aus Abarbeiten vorgefertigter Rezepte und Sonderwünsche...

Contras:

  • ... alles in allem aber sehr profane Kundenwünsche
  • Keine Gespräche und immer gleiche Musik beim langwierigen Mixen
  • Tränke können nicht frei erfunden und verkauft werden
  • Man kann nicht selbst andere Händler aufsuchen, um z.B. bestimmte Ressourcen anzufordern
  • Keine interessante Geschichten um Welt oder Charaktere

Entwickler: niceplay games - Publisher: tinyBuild - Plattformen: PC, Xbox One, Xbox Series S/X - Release: 13.12.22 - Genre: Simulation - Preis (UVP): etwa zehn Euro

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Benjamin Schmädig Avatar
Benjamin Schmädig: Für ihn ist WipEout 2097 der Grund, aus dem es Videospiele gibt – aber auch Indiesachen, Shooter sowie fast alles, das mit Weltraum zu tun hat. Sucht gute Storys, knackige Herausforderungen und freut sich, wenn die grauen Zellen nicht unterfordert werden.

Informationen zu unserer Test-Philosophie findest du unter "So testen wir".

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