Test zu Project Zero: Die Maske der Mondfinsternis – Teil vier der ehemals besten Horrorserie. Und heute?
Der späte Auswanderer.
Project Zero ist Horror, wie er sein muss. Wenn ihr mich fragt jedenfalls. Im Allgemeinen mag ich nämlich weder Zombies noch Gewaltauswüchse. Aber die Angst von einer fiesen Fratze verfolgt zu werden… hört bloß auf! Deshalb fand ich japanischen Horror der Marke Ring auch so erschreckend und genau diese Art Grusel fing Project Zero sehr gekonnt ein.
Zwei Sachen sind dafür verantwortlich. Zum einen ist da dieser leicht verstörende Soundtrack, wenn man durch ein altes Anwesen läuft – immer mit der Angst im Rücken, dass sich von irgendwo her eine dieser jammernden und verdammt angriffslustigen Silhouetten ächzend ins Bild schiebt.
Zum anderen hat das Kampfsystem schon anno 2001 etwas gemacht, das später einer der wichtigsten Eckpfeiler im Horror sein würde: Es verlegte die Ansicht vom damals üblichen Schulterblick auf die Egoperspektive. Als hätte ich mit der Angst vor den Fratzen also nicht schon genug zu tun, musste ich mich ihnen auch noch Auge in Auge gegenüberstellen, um sie zu allem Überfluss möglichst nahe an mich heranzulassen. Na, vielen Dank!
Nur so bekämpft man sie nämlich möglichst effektiv. Die Waffe der Wahl ist ja kein schnödes Schießeisen. In Anlehnung an japanische Folklore fängt man das Antlitz der Gespenster vielmehr auf Fotos ein, um ihnen Schaden zuzufügen und schließlich die lang ersehnte Ruhe zu gewähren. Camera Obscura nannten die Entwickler den dafür verwendeten fiktiven Fotoapparat in Anlehnung an die ersten Versuche, die reale Welt auf einer Projektionsfläche festzuhalten.
So war das vom ersten Teil der Serie bis zum derzeit letzten, der inzwischen ebenfalls beinahe zehn Jahre auf dem Buckel hat. Wobei mit Project Zero: Die Maske der Mondfinsternis schon 2008 eine Episode erschien, die einst ausschließlich in Japan veröffentlicht wurde. Abseits der von einem Fan entwickelten Übersetzung für Wii-Konsolen mit Custom Firmware ist das hiesige Remaster daher die erste Möglichkeit, das Spiel nicht nur in Europa und Nordamerika, sondern auch auf Switch, PC sowie den vier aktuellen PlayStation- und Xbox-Systemen zu erleben. Nur Steam-Deck-Nutzer kommen leider zu kurz. Auf dem Handheld kann das Spiel im Vollbild-Modus zwar anständig laufen, meist stürzt es beim Laden eines Speicherstands aber reproduzierbar ab.
Aber ist es das überhaupt wert? Immerhin zeigte die Serie schon lange vor diesem vierten Teil deutliche Ermüdungserscheinungen, weil sie nach dem starken Erstling weder inhaltlich noch spielerisch interessante Impulse setzen konnte. Tatsächlich habe ich Die Maske der Mondfinsternis nur deshalb kaum auf Wii gespielt, weil ich schon damals ein Stück weit genug von Project Zero hatte. Dabei hatte ich der Konsole extra deshalb die entsprechende Mod überhaupt verpasst.
Und die Erinnerung an diese Müdigkeit kam denn auch schnell zurück, als ich die ersten Schritte auf einer Insel namens Rougetsu tat. Noch ein altes Anwesen. Noch ein Mädchen, das mit gekreuzten Beinen durch dessen Flure tappelt. Noch mehr dieser vertrauten Kamera-Schnitte, die hin und wieder ein gaffendes Gesicht zeigen.
Das ist spätestens aus heutiger Sicht ohnehin eine Schwäche: Bis auf Ausnahmen entdeckt man keine einzige Gefahr direkt aus dem Spiel heraus. Die Geister werden fast alle mit einem plötzlichen Perspektivwechsel und einem lautem Tataaa! vorgestellt, sodass man das Geschehen mehr von außen betrachtet, anstatt sich mittendrin zu fühlen.
Ich will gar nicht sagen, das sei nicht effektiv. Diese vermaledeiten Fratzen jagen mir trotz allem oft genug einen Schauer über den Rücken. Gerade wenn sich dann doch mal ein Gesicht ganz langsam durch eine Tür schiebt, kann das angsteinflößend sein. Angenehm schaurig ist die Stimmung ja ohnehin. Das Filmkorn auf dem Bild, die gegenüber dem 2008-er Original deutlich intensiveren Schatten, der ständig schwelende Terror in der Musik und das knarrende Holz der Kulissen… Ob es nun am Spiel selbst oder der längeren Pause liegt: Mein (Un-)Behagen an diesem Schauplatz ist um einiges größer als ich erwartet hatte.
Ganz kurz vielleicht zur Einordnung: Die Maske der Mondfinsternis spielt 1980, als digitale Aufnahmen, wie wir sie heute kennen, noch nicht erfunden waren, und folgt der Geschichte von fünf Mädchen, die zehn Jahre zuvor schon mal auf Rougetsu waren, sich daran aber nicht erinnern können. Nachdem zwei von ihnen gestorben sind, machen sich die anderen drei deshalb auf die Suche nach ihrer Vergangenheit und den Grund für ihr Vergessen.
Aber das Gruseln ist nach der Hochzeit von Project Zero nun mal weitergezogen und gerade in der Egoperspektive inzwischen deutlich weiter. Dagegen wirkt dermaßen klassischer Survival-Horror doch ziemlich spröde. Dabei hat sich das eigentliche Fotografieren, also das Kampfsystem, sogar noch am besten gehalten. Zumindest ist es nach wie vor spannend, die Geister möglichst lange auf sich zukommen zu lassen, um erst im Moment ihrer Attacke auf den Auslöser zu drücken.
Nur so gelingt nämlich ein Fatal Frame (!): ein Bild, das nicht nur großen Schaden anrichtet, sondern auch Folge-Fotos, sprich Kombos ermöglicht, um noch stärker „zuzuschlagen“. Wer das richtig timt, kann mehrere Bilder aneinanderreihen, was sich durchaus cool anfühlt. Zusätzlich findet man Upgrades sowie besondere Linsen für Spezialschnappschüsse, mit denen man Gespenster zum Beispiel verlangsamen kann, und nicht zuletzt verschiedene Arten von Film, die den Bösewichten mehr Energie abziehen als die reguläre, dafür unendlich lange Filmrolle.
Aber auch das ist ein Bestandteil der Serie, der mir seit dem zweiten Teil das Schauern ein Stück weit verleidet: Die mächtigen Kombos fühlen sich mehr nach Arcade-Overkill als nach Horror an. Sie sind über weite Strecken zudem leicht auszuführen, da man Ziele aufschalten kann. Dann folgt ihnen die Kamera ganz automatisch, sodass es ein Leichtes ist, den Fatal Frame abzuwarten. Dass man selbst aufgeschaltete Angreifer manchmal gar nicht fotografiert, obwohl sie beim Knipsen gerade noch im Bild sind, erschwert das Kämpfen zwar, macht es aber selbstverständlich nicht besser.
Unheimlich ist natürlich, dass die Erscheinungen nicht an die physische Welt gebunden sind und deshalb oft durch Wände hindurch fliegen. Man weiß daher nie, woher die Geister eigentlich kommen, was in den vielen engen Fluren ein einzigartiges Gefühl von Panik hervorruft.
Project Zero: Die Maske der Mondfinsternis erhaltet ihr ausschließlich digital in den Stores der jeweiligen Plattformanbieter sowie natürlich bei Steam:
Oder nehmt das Greifen nach Gegenständen, die Gesundheit wiederherstellen oder in einer von (zu) vielen Notizen die grausige Vergangenheit aufrollen: Das ist eine relativ langsame Bewegung, bei der man durchgehend die dafür notwendige Taste drücken muss. Weshalb so umständlich? Weil gelegentlich ein Geist nach der Hand greift und einen Teil des Inventars stiehlt – falls man sie nicht rechtzeitig zurückzieht. Das passiert gerade so selten, dass man dazu geneigt ist unaufmerksam zuzugreifen – ein cleveres Detail, wegen dem mir viel öfter ein Schauer über den Rücken lief als die Logik eigentlich zulässt.
Gerade die Steuerung ist allerdings eins dieser altbackenen Elemente, das in den vergangenen 15 Jahren nicht gut gealtert ist. Zum einen dreht man die Kamera am schnellsten, wenn man die Figur bewegt, während der rechte Stick nur extrem behäbig den Lichtkegel der Taschenlampe umherzieht. Zum anderen ist es mitunter frustrierend fummelig, Interaktionspunkte so anzuvisieren, dass man sie auch benutzen kann. Es gibt noch ein paar weitere Kleinigkeiten. Die Symbole für die aktive Linse sind etwa weiterhin nur japanisch beschriftet und den Wechsel vom Schulterblick in die Ego-Perspektive löst man aufgrund der eigenwilligen Tastenbelegung oft aus Versehen aus, was mitten im Kampf nicht gerade hilfreich ist.
Test zu Project Zero: Die Maske der Mondfinsternis – Fazit
Da ist also viel Licht, aber auch einiges an Schatten, mit dem man sich anfreunden muss, wenn man dieses Remaster genießen will. Dabei muss ich sagen, dass mir der nostalgische Trip in die Zeit des japanischen Edelgrusels trotz allem Spaß gemacht hat. Ich mag die knarzenden Holztüren sowie die befremdliche Akustik mit ihren Anleihen bei Ring und anderen Filmen jedenfalls sehr. Auch das Fotografieren der Geister hat wenig von seinem ursprünglichen Reiz verloren – würde sich das alles nur nicht so sperrig anfühlen und stattdessen einer modernen Inszenierung gerecht werden! Und würde es bei der Konfrontation mit den Geistern doch mehr ums Überleben statt das coole Kombo-Knipsen gehen. Alles in allem bin ich wirklich froh, Die Maske der Mondfinsternis nun doch noch gespielt zu haben. Man sollte aber eben wissen, dass es sich dabei noch um die dieselbe altmodische Kiste handelt, die schon damals nicht mehr ganz Schritt halten konnte.
Test zu Project Zero: Die Maske der Mondfinsternis – Wertung: 6/10
Pro und Contra
Pro:
- Fängt die beklemmende Stimmung japanischer Horrorfilme überzeugend ein
- Spannendes Kampfsystem, bei dem man Geister nah an sich heranlassen muss
- Motivierendes Verbessern der Kamera
- Gelungener Fotomodus mit manuellem Platzieren von Geistern
Contra:
- Behäbige, oft umständliche und teils ungenaue „Panzersteuerung“
- Häufiges Umschalten der Perspektive zieht aus dem Erlebnis heraus
- Viele Kämpfe drehen sich mehr um coole Kombofotos als um spannendes Überleben
- Für Kenner der Serie sehr vertraut wirkende Geschichte, für die man relativ viele kurze Texte lesen muss
Entwickler: Koei Tecmo - Publisher: Koei Tecmo - Plattformen: PC, Xbox Series X/S, Xbox One, PlayStation 4, PlayStation 5, Nintendo Switch - Release: 09.03.2023 - Genre: Survival-Horror - Preis (UVP): knapp 50 Euro