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Test zu Warhammer 40.000: Darktide – Ich bin hin und her gerissen

Aber das Warhammer-Feeling ist klasse!

Im aktuellen Zustand ist Darktide ein starker Shooter in einem coolen Szenario, dem noch viele Inhalte und technischer Feinschliff fehlen.

Hallo, Windows-Desktop! Lange nicht gesehen. Wobei: Der letzte Absturz ist auch nur eine Mission her. Aber ich bin ja schon froh, dass das Spiel inzwischen wenigstens die Einsätze zuverlässig durchhält. Bei mir jedenfalls. Und bei den Zwischensequenzen zum Levelaufstieg werde ich momentan nur mit einer Chance von vielleicht fifty-fifty aus dem Programm geworfen. Das war auch mal anders, sprich schlechter.

Immerhin finde ich mit schlafwandlerischer Sicherheit meinen Weg durch die Menüs, weil ich nach jedem Neustart (auch wenn er nicht erzwungen wurde) zunächst die Gamepad-Steuerung neu einstellen muss. Einige Optionen werden nämlich einfach nicht gespeichert. Das hält die Finger fit. Ach, und die Bildrate bekomme ich selbst auf einem wirklich flotten Rechner locker unter 60. Zugegeben: Meist hält sich Warhammer 40.000: Darktide gerade so über der magischen Grenze. Sobald aber ein paar Nebelschwaden zu viel im Gegenlicht stehen…

Wenn es läuft - und das tut es inzwischen zumindest so, dass man halbwegs frustfrei spielen kann, dann ist das ein Anblick, den man häufig sieht.

Ihr seid ja immer noch da! Schrecken euch technische Eskapaden nicht ab oder habt ihr schlicht großes Interesse an Darktide? Falls Letzteres, dann geht es euch wie mir. Ich hatte mich sehr auf den geistigen Nachfolger von Vermintide 2 gefreut – auch wenn ich die ganz große Erwartungshaltung ja schon lange im Vorfeld herunterschrauben musste, weil Darktide exklusiv auf Microsoft-Plattformen erscheint und bislang sogar ausschließlich für PC erhältlich ist. Aller Wahrscheinlichkeit nach handelt es sich dabei zwar um eine zeitlich befristete Exklusivität, aber nagelt mich ohne eine entsprechende, aktuelle Ansage seitens der Entwickler nicht drauf fest.

So oder so lässt mich Darktide nach den ersten Tagen mit sehr gemischten Gefühlen zurück. Und das liegt nicht nur an den technischen Problemen. Was die angeht, muss man die Kirche ohnehin im Dorf lassen, denn so ärgerlich manches davon ist, so einwandfrei ist die Warhammer-Action weitgehend spielbar. Die ist sogar richtig klasse!

Fatshark erfindet das von Left 4 Dead ins Rollen gebrachte Rad natürlich nicht neu. Auch hier schießt und schnetzelt man sich zu viert durch massenweise Gegner – diesmal eine Bedrohung aus Chaos und Xenos, welche in der imperialen Turmstadt Tertium wütet und wegen der man als ehemaliger Gefangener an die Front geschickt wird, um in einzelnen Missionen bestimmte Ziele kaltzustellen oder Informationen einzuholen. Im Wesentlichen rennt man dafür etwa eine halbe Stunde lang von A nach B und versucht das Auftauchen gewaltiger Horden und starker Bosse zu überleben.

Darktide sieht stellenweise wirklich hervorragend aus. Begleitet durch Musik von Jesper Kyd erzeugt es eine sehr dichte Atmosphäre.

Das buchstäblich Schöne daran: Man tut das an teils beeindruckenden Schauplätzen. Von dreckigen Stahlstreben, die aus in Beton gerissenen Löchern herausragen, über protzige Metallmauern, die sich hundert Meter in die Höhe erstrecken, bis hin zu den fein ausgeleuchteten Fassaden gotischer Prachtbauten ist Darktide eine Augenweide. Dazu das fremdartige Knarzen, die unheilvolle Orgel oder der bedeutungsschwangere Chor in der Musik von Jesper Kyd – was die Stimmung angeht, fühle ich mich hier pudelwohl.

Nun war ich in den geistigen Vorgängern nie der größte Fan von der Art und Weise, mit der Messer oder Axt durch einen Nebel an Bösewichten „wischen“, und daran hat sich wenig geändert. Ein packendes Eins-gegen-eins erlebt man dabei nämlich nicht. Gegnerwellen wirken wie Zahlenmengen, von denen man durch Wischen subtrahiert. Zugegeben: Wenn man zu viert eine dicke Meute davon abhält, einen Engpass zu durchbrechen, fühlt sich das trotzdem gut an. Und manche Waffen spalten Köpfe mit einem durchaus befriedigenden Knirschen. Von daher stört das nicht im großen Stil.

Schusswaffen spielen eine viele größere Rolle als es im geistigen Vorgänger Vermintide 2 der Fall war.

Noch viel besser fühlt es sich aber an, dass Darktide viel stärker auf den Fernkampf setzt, weshalb Kämpfer aller Klassen (vier davon gibt es) nicht nur mit stumpfen oder spitzen Gegenständen austeilen, sondern ihre Gegner auch mit Projektilen aller Art niederringen. Und was ich daran besonders mag: Die Mischung aus altmodisch und gleichzeitig futuristisch anmutenden Schießeisen feuert fast durchgehend im Einzelschuss, wobei jede Kugel mit einem satten Wumms ihren Lauf verlässt.

Das verleiht dem Ganzen eine Wucht, wegen der ich die Schrotflinte meines Scharfschützen nicht mehr missen möchte. Auch die vollautomatische Schrotflinte des Ogryn, der sich mit seiner gewaltigen Statur vor allem als klassischer Schadensschwamm den Feinden in den Weg stellt, knallt wunderbar. Weiterhin gibt es Flammenwerfer sowie Kettensägenschwerter für den Nahkampf und vieles mehr, mit dem Fatshark das aus Vermintide bekannte Prinzip sehr überzeugend in die düstere Zukunft hievt.

Und weil auch manche Gegner munter ballern, sollte man oft in Deckung gehen.

Vor allem wenn man auf höheren Schwierigkeitsgraden mit Freunden oder Fremden loszieht, die sich in effektiver Aufgabenteilung verstehen, anstatt im Dauersprint durch die Missionen zu hetzen (ihr wisst genau, dass ich euch meine, falls ich euch meine!), ist das eine helle Freude. Denn während es gerade mal vier Klassen gibt, unterscheiden die sich dafür sehr deutlich voneinander, sodass man meistens davon profitiert eine bunte Truppe aufzustellen und sie vor allem auch im Gefecht sinnvoll zu positionieren.

Zum einen schießen einige Feinde hier auch zurück und richten dabei schnell gefährlich großen Schaden an, weshalb man hin und wieder in Deckung gehen sollte. Zum anderen lädt sich der Schild bei den einzelnen Charakteren auf unterschiedliche Art auf: Scharfschützen profitieren von Kopftreffern oder je nach Charakterentwicklung gar davon, dass sie sich möglichst weit von einem Gegner entfernt aufhalten, während Ogryns durch schwere Hiebe ihren Schild aufladen.

In jedem Fall stellt man ihn nicht zuletzt dadurch wieder her, indem man sich in der Nähe eines Teammitglieds aufhält. Man muss die Gruppe und ihr taktisches Zusammenspiel daher immer im Blick behalten. Wenn planlose Egoisten-Randoms ihren Ogryn etwa alleine vor einer Gruppe Heranstürmender stehenlassen (ja, ich schaue euch noch immer an!), dann können sie ein paar Sekunden später schon mal zum Wiederbeleben antanzen.

Ähnlich wie im Quasi-Vorgänger entwickelt man die Charaktere, indem man sie an verschiedenen Stellen ihrer Entwicklung spezialisiert. Die Zuweisung der passiven Fähigkeiten kann man dabei erneut jederzeit ändern.

Unter anderem deshalb wünschte ich, man könnte Koop-Kumpels über die vorgefertigten Sprüche und Pings mehr mitteilen als „Brauche Munition!“ oder „Lass mal dorthin gehen!“ Schon alleine wegen der Atmosphäre: Die Alter Egos quasseln zwar automatisch miteinander, manchmal würde ich aber auch selbst gerne ein wenig rollenspielen.

Ohne Rüffel kommt dafür das Matchmaking davon, denn sobald man es aktiviert, wird man umgehend einer neuen Gruppe zugeteilt oder startet schon mal mit Bots, die dann schnell durch nachrückende Spieler ersetzt werden. Dieser nahtlose Übergang ist clever und verhindert lange Wartezeiten. Dass man nach dem Einsatz, falls Alle zustimmen, eine feste Gruppe aus den aktuellen Teilnehmern formen darf, ist dabei ebenso komfortabel wie das Suchen nach Spielern, mit denen man zuletzt Seite an Seite gekämpft hat.

Schade nur, dass es noch keine Möglichkeit gibt nur mit Bots zu spielen, falls man die Levels lieber entspannt im Alleingang erkunden möchte. Das soll erst in einem Update dazukommen – ein Problem, das meine Begeisterung über die satte Action an mehreren Stellen dämpft: Darktide ist an manchen Stellen erstaunlich unfertig. Es sind ja noch nicht einmal alle Möglichkeiten im Spiel, seine Ausrüstung individuell zu verändern. Stattdessen klebt an drei von vier Menüpunkten doch glatt der sinngemäße Hinweis: „Demnächst beim Händler ihres Vertrauens“.

Ist nicht meine Art zu spielen, aber wer will, greift eben zum Flammenwerfer

Ich bin außerdem kein allzu großer Freund davon, dass es keine Kampagne gibt, in deren Rahmen die Missionen angeordnet sind. Fortschritt heißt stattdessen, nach und nach neue Missionen freizuschalten, die dann in den Pool geworfen werden, aus dem das Spiel automatisch eine Reihe an Einsätzen mit jeweils einem der fünf Schwierigkeitsgrade generiert.

Nun entspricht das exakt dem Kreislauf des ständigen Abklappern sämtlicher Missionen, wie er so viele Loot-Shooter kennzeichnet. Doch alleine die Tatsache, dass es keine Kampagne gibt und stattdessen nur lose platziert Einsatzgebiete, lässt dieses Tun seltsam leer erscheinen. Der Kopf schießt eben mit; das hat Fatshark womöglich nicht bedacht. Da ändern auch die kurzen Filmszenen nicht viel, in denen man nach manchen Meilensteinen gesagt bekommt, wie wenig oder viel man dem Imperium bedeutet.

Und zum Abschluss noch eine kleine Flugeinlage.

Es geht hier eben eher darum, in einem dauerhaften Kampf ständig auszurücken und kleine Aufgaben zu erfüllen, ohne dass die den Verlauf des Konflikts verändern. Man kauft Stück für Stück neue Ausrüstung, verleiht seinem Alter Ego alle fünf Level eine neue passive Eigenschaft – es ist die auf ein Minimum reduzierte Schleife eines modernen Loot-Shooters, obwohl mit dem Individualisieren der Ausrüstung eins der wichtigsten Elemente davon noch gar nicht vollständig vorhanden ist.

Test zu Warhammer 40.000: Darktide – Fazit

Am Ende steht daher die Frage, wie gut ihr damit klarkommt, dass das Spielen nur des Spielens willen hier so stark im Vordergrund steht – weil einige Inhalte erst nachgereicht werden und weil es keine Kampagne gibt, die erzählerischen Fortschritt suggeriert. Einfach empfehlen kann ich euch Warhammer 40.000: Darktide in seiner aktuellen Form deshalb nicht. Ich kann mir allerdings vorstellen, dass sich das mit den geplanten Updates und einer ähnlich langfristigen Unterstützung wie bei Vermintide 2 noch ändert, denn die kernige Action als Basis der markigen Warhammer-Science-Fiction ist schon jetzt klasse. Die Waffen fühlen sich angenehm wuchtig an, während man sich durch überlegtes Teamplay mal einer schieren Masse an Gegnern, mal starken Mini-Bossen und oft beidem erwehren muss. Mir reicht das, um trotz der Abstürze sowie anderer ärgerlicher Programmfehler immer wieder in die Tiefen von Tertium hinabzusteigen und Chaos und Xenos zu vertreiben – zumindest so lange, bis die Mission wieder im prozeduralen Verteiler auftaucht.

Warhammer 40.000: Darktide – Wertung: 7/10

Pros und Contras

Pros:

  • Abwechslungsreicher Mix aus Nah- und Fernkampf
  • Eindrucksvolle Kulissen und stimmungsvoller Soundtrack
  • Einfaches Zusammenkommen und (Wieder)finden von Freunden und Fremden für Koop-Einsätze
  • Sehr unterschiedliche Charakterklassen
  • Wichtiges taktisches Zusammenspiel und Positionieren

Contras:

  • Keine echte Kampagne, nur Freischalten neuer Missionen
  • Individuelles Craften größtenteils „demnächst verfügbar“
  • Solospiel nur mit Bots noch nicht möglich
  • Häufige Abstürze und andere Programmfehler
  • Sehr eingeschränktes Kommunikationsmenü

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