The Agency
In tödlicher Mission
Das Wichtigste gleich zu Beginn: „Wir wollen eine breitere Masse ansprechen als nur MMO-Fans, denn es gibt bei Konsolenbesitzern einfach eine grundlegende Abneigung gegen Online-Rollenspiele.“ Er hat’s tatsächlich gesagt.
Ich sitze in einem viel zu stark gekühlten und mit einem fragwürdigem Teppich ausgelegten Raum im Bally Hotel in Las Vegas und spreche mit Kevin O’Hara, Senior Game Designer des Shooter-MMOs The Agency über den Stand der Dinge. Der Ton ist nachdenklich und ehrlich. Wenig Marketin-Floskeln, keine übertriebenen Prognosen, sondern eine realistische Einschätzung.
The Agency ist ein merkwürdiges Konstrukt und je mehr ich hier auf der Fan Faire 2009 darüber erfahre, umso verständlicher scheint die konstante Release-Verschiebung. Denn SOE bewegt sich mit ihrem Spiel in unbekannten Gewässern. Auch wenn sich die Mischung aus Shooter, MMO und Konsole nach natürlicher Evolution anhört, gibt es doch viele unbekannte Variablen in der Gleichung.
Konsolenspiele unterscheiden sich vom PC durch mehr als nur das Interface und die Steuerung, oft ist das gesamte Erlebnis ein anderes. Und nirgendwo wird das so deutlich wie im Vergleich zwischen Konsolen-Shooter und PC-MMO. Beim herkömmlichen Shooter sind die Sessions kurz, die Erfolgserlebnisse zahlreich und ein Begriff wie Middle- oder Endgame ist kaum existent. Und, ganz wichtig, der Spieler wartet fast nie und auf nichts. Also das diametrale Gegenteil des landläufigen Online-Rollenspiels. Und wie zu Beginn erwähnt, Sony weiß das auch. Deshalb das Motto für The Agency: Fun now, no waiting. Oder wie man in Vegas sagt: „Wir lieben MMOs, aber es dauert manchmal schon verdammt lange, bis man so richtig im Spiel ist. Wir wollen das ändern.“
Es gilt also zwei sehr gegensätzliche Genres zu kombinieren und das Beste aus beiden Welten zu vereinen. Keine leichte Aufgabe, aber das Motto (Fun now, now waiting) ist deutlich im gezeigten Gameplay erkennbar. Innerhalb von Sekunden bewegen wir uns vom Startbildschirm zum Hauptquartier und dann mitten in eine Mission tief in den Schweizer Alpen. Wir müssen uns auf eine exklusive Party (ohne Einladung) in ein stark gesichertes Schloss schleichen, und das am besten, ohne den Wachen über den Weg zu laufen.
„Für Konsolenspieler soll The Agency ein Agentenshooter sein und erst mit der Zeit entdecken sie dann die MMO-Features.“ Und genau so ist es auch. Man schleicht, versucht Wachen auszuweichen, muss Alarmanlagen ausschalten. Und wenn man entdeckt wird, wird geschossen. Keine rundenbasierten Würfelei, sondern kurzweilige First-Person Action. Zielen, in Deckung gehen und Martinibomben werfen. Auch mit einem menschlichen Partner an seiner Seite erinnert es mehr an ein Coop-Spiel. Die Agenten teilen sich auf, geben sich gegenseitig Feuerschutz.
Einmal im Schloss angekommen, wechseln wir vom Kampf- in den Alias-Modus. Denn wenn man sich schon mal selbst auf eine Dinnerparty einlädt, sollte man zumindest den passenden Fummel tragen. Per Knopfdruck geht’s vom zweckmäßigen Kampfoutfit in den schwarzen Designersmoking und es wird sich mitten unter die Partygäste gemischt. Durch die Abwesenheit des Shooter-Elements ändert sich im Aliasmodus auch das Gameplay. Statt Leute abzuschießen, müssen nun einige versteckt installierte Giftgasgeräte mit der Kamera fotografieren werden. Hier stößt man zum ersten Mal auf ein typisches MMO-Feature. Auch andere Spieler befinden sich auf der Party, ebenfalls in geheimer Mission unterwegs, und es ergeben sich spontane soziale Interaktionen. Kannst du mal kurz die Wache ablenken, ich muss ein Foto machen? Gegenseitige Hilfe ohne Gruppenzwang.
Sind drei Geräte fotografiert, geht es in den nächsten Bereich, diesmal eine Instanz. Wir verlassen also die öffentliche Party und unsere Missions-Geschichte wird in einem Hinterzimmer weitererzählt. Zumindest fast. Denn unsere Kontaktmann wird zusammen mit der Hauswand von einem bösen Wissenschaftler per Hubschrauberrakete in seine Einzelteile zerschossen. Es folgt eine kurzes Gefecht im Hof des Schlosses, bei der auch Umweltgegenstände, wie die beliebten Benzinfässer, zur Hilfe gezogen werden können.