Das Buch von Boba Fett ist alles, was mich an Star Wars nervt
Die Hoffnung stirbt zuletzt - bei Star Wars erst danach. Alex hat so seine Probleme mit Boba Fett oder ist am Ende Star Wars selbst das Problem?
Danke, aber "nein Danke"! Nachdem mir The Mandalorian trotz einiger Schwächen ganz gut gefiel und ich wider Erwarten Lust auf mehr Serien in diesem Universum bekommen hatte, bin ich nach zwei Folgen mit The Book of Boba Fett wieder zurück im "Star Wars ist tot"-Camp. Und diese neue Serie symbolisiert ziemlich gut, was mich am erweiterten Krieg-der-Sterne-Kosmos stört.
Alles geht im Grunde auf eines der ältesten Probleme dieses Universums zurück: Seit der ursprünglichen Trilogie werden alle Geschichten - auch die offiziellen - wie Fan-Fiction geschrieben. Es wirkt unfassbar inzestuös, wie alles eine Verbindung zu den Filmen haben muss, und wie selbst sekundäre Staffage-Charaktere für ihre eigene markenwirksame Legendenbildung in den Fokus gerückt werden, nur weil ihre Rüstung cool aussieht. Das lässt dieses Universum, das seine unfassbare Größe oft genug andeutet, mikroskopisch klein erscheinen.
Als so in den 80ern, 90ern und frühen 2000ern in der Fan-Bubble einige spannende inoffizielle Geschichten erschienen, war das noch cool. Disney geht dieser Einfallsreichtum aber allzu oft ab. In The Book of Boba Fett hängt sich die Kamera an einen wenig einschüchternden, oft überfordert wirkenden Temuera Morrison ("Boba"). Er wirkt wie ein "Ich bin zu alt für diesen Scheiß"-Charakter, dem exakt dieser befreiende Gedanke noch nicht gekommen ist, und dessen beste Tricks niemanden beeindrucken.
Seine Geschichte lässt sich mit "Dinge passieren" ziemlich genau zusammenfassen - dass sie irgendwann im weiteren Verlauf noch Bedeutung bekommt, wissen wir jetzt schon. Aber nur, weil es nun mal Boba Fett ist, von dem wir dachten, dass er cool und wichtig ist. Bis hierhin ist alles bestenfalls anekdotisch und abseits einer coolen Action-Szene in Folge zwei leidlich interessant. Es ist ziemlich offensichtlich, dass die Action-Figur Ausgangspunkt dieser Erzählung war. Vermutlich wusste man noch, wo sie am Ende von Staffel eins stehen soll, um vielleicht wieder einen Anknüpfpunkt ans restliche Universum zu touchieren. Die eigentliche Geschichte, das, was einen von Folge zu Folge unterhalten soll, wird drumherum geschrieben. Mit der richtigen Idee kann auch das gut gehen. Aber auf die hat man hier - so, wie es bisher aussieht - nicht gewartet.
Beim Mandalorian hat das besser funktioniert, denn der "Mando" hatte eine ganze Menge "Badass"-Momente, die unterstreichen, warum mit ihm zu rechnen ist - und "Baby Yoda" war das wohl beste MacGuffin aller Lucasfilm-Franchises. Und wann immer man eine Sache irgendwie doof fand, war die Episode rum und der nächste "Fall der Woche" wartete auf seine Lösung. Im Mandalorian war Bewegung drin. Die erste Episode von Boba Fett dagegen wirkt komplett statisch und handlungsbefreit. Immerhin verprügelt er in einer der schlechtesten Kampfszenen der jüngeren Vergangenheit in Folge zwei eine Bande Biker mit einem Knüppel. Na denn. Gut, dass der Angriff auf den Zug kurz darauf wenigstens unterhaltsam war - ich weiß nicht, ob ich die Episode sonst zu Ende geschafft hätte.
Das Problem ist einfach: Dinge passieren, damit Figuren für bestimmte Ereignisse am richtigen Ausgangspunkt ankommen. Als würden die Autoren Figuren auf einem Schachbrett in Position bringen, anstatt wirklich eine Geschichte zu erzählen. Und das wirkt oft alles andere als smart. Boba Fett und Fennec Shand übernehmen Jabbas Verbrecherimperium auf Tattooine - zu zweit. Und "herrschen" dann darüber. "Worüber?" - über einen leeren Thronsaal, der keinen Hinweis darauf liefert, worin nun die Macht des sogenannten Daimyos liegt, dem die Bürgermeister von Großstädten Tribute zahlen sollen. Zwei versaute Leibwachen hat er. Aber wehe, wenn der nächste Halsabschneider mit Lust auf den staubigen Thron einen Killer mehr mitbringt. Wer hat sich das ausgedacht?
Überhaupt wirkt das Drehbuch wahnsinnig plump, Boba mehr als einmal begriffsstutzig, Lösungen für Konflikte lapidar. Und viele Schnitte kommen viel zu spät: Wir schauen beim Spazierengehen zu, bei wortkargen Dialogen, deren Ausgang man früh erahnt. Gags landen mit der Nase zuerst im Wüstensand - der Käfig des Rancor ist also leer? Gut, dass du es uns noch einmal gesagt hast, Fennec. Es ist ermüdend. Boba sollte der klügste Kopf im Raum sein, mit allen Wassern gewaschen, kompromisslos und listenreich. Stattdessen ist er "meistens kompetent" - wenn er nicht gerade aus Zufall eine aussichtslose Situation überlebt.
Gut möglich, dass schon die Episode am Mittwoch das Ruder rumreißt, wir erfahren, worum es hier überhaupt geht - außer darum, was Boba nach The Mandalorian mal hier, mal da so machte. Vielleicht entwickelt ja doch einer der Autoren plötzlich Lust, eine wirkliche Geschichte zu erzählen. Die Hoffnung stirbt zuletzt - bei Star Wars offensichtlich sogar noch später.