The Book of Unwritten Tales: Die Vieh Chroniken
Vieh alles begann...
Können wir uns bitte darauf einigen, dass Star-Wars-Anspielungen in Adventure-Spielen ihre besten Tage hinter sich haben? Im Grunde sind es dieselben Gags, wie sie die LucasArts-Altvorderen schon vor 20 Jahren in deutlich relevanterer Form schon einmal erzählten und ein Witz wird bekanntlich nicht besser, je öfter man ihn hört.
Wenn man sich mal anschaut, was für ausgemachte Geschichtenerzähler wir in der deutschen Point-and-Click-Szene haben, wundert es doch immer wieder, dass das Genre nicht umhin kann, regelmäßig in die zur Hälfte mit alten Mottenkugeln gefüllte Zitatekiste zu greifen, um sich Dialogzeilen oder ganze Szenenbilder aus schon lange zu Tode parodierten Klassikern des Geek-Kinos zu leihen.
Ehrlich gesagt ist die eine große Hommage an The Empire Strikes Back in diesem Prequel zum 2009er Überraschungserfolg The Book of Unwritten Tales zwar noch eine der gelungeneren, wenn man so will, weil sie bildsprachlich und somit ohne Holzhammer daherkommt. Trotzdem ist es die Sorte etwas zu bequemer Scherz, bei dem man eigentlich nur schmunzelt, weil man die Szene erkennt, nicht weil sie aus sich selbst heraus lustig wäre. Spiele wie Machinarium und The Whispered World zeigen doch immer wieder, wie gut Adventures sein können, wenn sie auf den Kniefall vor Monkey Island verzichten. Interface und Spielablauf sind bereits Tribut genug.
Und auch der Rest von Die Vieh Chroniken zeigt, dass die Autoren es durchaus beherrschen, lustige Dialoge vor einer lebendigen, gut aussehenden Fantasy-Welt zu schreiben. Als Hauptcharakter Nate seinen Charme spielen lässt - oder es zumindest versucht -, um sich aus der Gefangenschaft der Ork-Kopfgeldjägerin Ma'Zaz zu befreien, sagt er (sinngemäß): "Lass' uns doch zusammen abhauen und raubend und plündernd durch die Lande ziehen." Die Grünhaut entgegnet daraufhin, "Ich als Hedgefont-Manager? Das kann ich mir nicht vorstellen". Diese Sorte Kalauer, furztrocken vorgetragen von ausgezeichneten Sprechern, wechselt sich mit gelungen animiertem visuellen Slapstick und vereinzelten geistreicheren Scherzen ab. Tränen lacht man nicht, aber man fühlt sich durchweg gut unterhalten.
Die Spielzeit der Item-Kombiniererei kann sich zum Preis von unter 30 Euro durchaus sehen lassen, allerdings muss ich schon sagen, dass ich für ein Spiel, das den Begriff "Chroniken" im Titel trägt, etwas das Gefühl von Größe und Abenteuer vermisste. Die Handvoll schön gestalteter Schauplätze, besteht zum Teil aus nur aus sehr wenigen Räumen und vermittelt einfach kein angemessen episches Gefühl. Das Spiel erscheint kleiner als es eigentlich ist. Zudem ist ab und an das aufploppende Inventar ein bisschen im Weg, wenn man sich durch die Umgebung klickt.
Auch Die Vieh Chroniken hat zudem noch keine allzu überzeugende Antwort darauf parat, wie man in Spielen dieser Gattung Leerlauf vermeiden kann. Denn nicht immer wird die Problemstellung der jeweiligen Situation klar geäußert. Das ist eine ärgerliche Adventure-Angewohnheit, die zwar nicht allein Die Vieh Chroniken plagt, über die man aber trotzdem mal nachdenken sollte. Natürlich lässt sich dies durch ein Hilfesystem und die Hotspots etwas umschiffen, das täuscht aber nicht darüber hinweg, dass man ein bisschen zu oft nur durch Ausprobieren auf die abstrakte Lösung kommt oder nach dem mehrfachen (!) Ansprechen bestimmter Figuren an ein benötigtes Item.
Häufig wandert man daher ziellos eine Weile durch die drei bis fünf Lokalitäten pro Kapitel. Herauszufinden, was man machen muss, ohne das Warum zu kennen, hat in meinen Augen den Namen "Rätsel" nicht verdient. Ich weiß, das haben Adventures schon immer so gemacht - mal mehr, mal weniger auffällig - und King Arts' Spiel hat auch so noch genügend gute Denkaufgaben zu bieten, aber es ist so langsam an der Zeit, sich etwas anderes einfallen zu lassen, um Anspruch und Spieldauer hoch zu halten, als über die Maßen verklausulierte Kombiniermarathons. So wie es hier an den weniger guten Stellen gelöst ist, komme ich mir bei der Lösung nicht clever vor.
Wer damit auch weiterhin gut leben kann, ja, vielleicht sogar findet, diese Elemente gehören nun einmal zum Genre dazu, erhält aber einen Titel im zeitgemäßen Look, der dank seiner liebevollen Welt und den teilweise sehr rührenden Charakterinteraktionen durchaus einige Herzen gewinnt. Als muttersprachlich deutsches Spiel verliert auch der Humor in der Übersetzung nicht an Geist oder "Punch". Figuren wie der schizophrene Yeti bleiben lange im Gedächtnis hängen und das Vieh ist die wohl schamloseste und zugleich beste Kopie der Yip Yips, die es gibt - was mich daran erinnert, dass diese beiden ebenfalls mal ein eigenes Spiel verdient hätten. Die Vieh Chroniken ist kein besonders herausragendes, aber letzten Endes noch ein solides und daher empfehlenswertes Point-and-Click-Adventure, das für mich zudem recht gut zur Jahreszeit passt.
The Book of Unwritten Tales: Die Vieh Chroniken ist für den PC erhältlich.