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The Casting of Frank Stone im Test: Langweiliges Drama, etwas Project Zero – und kein bisschen Grusel

Dead by Einschlafen.

Der Horrortrip ist routiniert inszeniert, doch platte Dialoge, ein dröges Spiel und die weitgehend uninteressante Story rauben jeden Schwung.

Selbst unter den ohnehin schon nicht als Speerspitze des interaktiven Films geltenden B-Movies von Supermassive Games (Until Dawn, The Quarry, The Dark Pictures Anthology) ist The Casting of Frank Stone eine Schlaftablette sondergleichen. So empfinde ich das jedenfalls, nachdem ich mich durch diesen Langweiler gegähnt habe.

Zumal es mir ein Rätsel ist, warum dieses Spiel im Universum von Dead by Daylight spielen muss. Gut, in dieses Universum passt per Definition so ziemlich alles, was irgendwie mit Horror zu tun hat, weil dort einfach alles in einen Topf geschmissen wird, das mal mehr, mal weniger mit dem Genre zu tun hat. Weder brachte mir The Casting of Frank Stone dieses Multiplayermetzeln allerdings in irgendeiner Form näher noch baut es dessen Welt sinnvoll aus. Von Anspielungen und Sammelkram mal abgesehen.

Tatsächlich steht dieser Sammelkram sogar sinnbildlich für die Belanglosigkeit des Ganzen, weil das Finden kleiner Figuren sowie grotesker Puppen schon zum „Spannendsten“ gehört, was man zu tun bekommt. Da rennt man nämlich alle Ecken ab, um einen Spalt zum Hindurchzwängen oder ein Mäuerchen zum Drüberklettern zu entdecken und als Belohnung einen dieser Gegenstände einzusacken, die nicht das Geringste mit der eigentlichen Handlung zu tun haben. Joa.

Ach, so: die Handlung. In gewisser Weise gibt es sogar zwei davon und sie sind eng miteinander verbunden, da sie vom Startpunkt der Geschichte vor gut 40 Jahren und ihrem vorläufigen Ende in unserer Gegenwart erzählen. Denn ein kleines Filmteam bestehend aus einer Gruppe Teenager drehte damals einen Horrorstreifen, der sich an der grausigen Vergangenheit des Serienkillers Frank Stone orientiert – und eine, die an diesem Film beteiligt war, besucht in der heutigen Zeit ein Anwesen, wo sie mit diesem Teil ihrer Vergangenheit konfrontiert wird.

Falls das nach psychologisch interessanter Charakterstudie klingt: Vergesst es! The Casting of Frank Stone kaut auf erschreckend langweilige Art durch, wie die Jugendlichen damals ihren Film gedreht haben, wie dabei die Kamera kaputtging, wie das Pärchen aus Hauptdarsteller und Regisseurin eine Beziehungskrise erlebte, wie man beim Milchkaufen den Sheriff trifft…

Es gibt in den ersten zwei Dritteln kaum etwas, das ich auch nur annähernd interessant gefunden hätte. Die Figuren sind schablonenhafte Pappaufsteller, die Geschichte wurde gefühlt schon tausendmal erzählt und keiner ihrer Teile ist für sich genommen unterhaltsam. Dass ausgerechnet das einer dermaßen elaborierten Exposition bedarf, entzieht sich meinem Verständnis.

Zugegeben: Es gibt den einen oder anderen ruhigen Moment, da unterhalten sich die Handelnden tatsächlich so, dass ich überrascht über das unaufdringliche Drehbuch war. Man kann aber in beiden Zeitlinien die Uhr danach stellen, dass bald wieder jemand mit theatralischem Händefuchteln betont nerdig, betont motivierend oder betont genervt auftritt beziehungsweise die Szene in anderer Form angestrengt überschauspielt.

Tut mir leid, aber gerade bei einem Studio, dass sich auf filmische Inszenierung spezialisiert hat, habe ich darauf in der heutigen Zeit keinen Bock mehr! Zumal die Autoren eines mit Sorgfalt geschriebenen Skripts schon aufgrund der in Deutschland herrschenden Konventionen gerne wissen können, dass es in Berlin gar keine „14. Straße“ geben kann.

Mir ist auch unklar, weshalb eine für die große Handlung völlig unwesentliche Person eine motivierende Rede braucht, um ein paar Schritte zurückzulaufen und einen Funkspruch abzusetzen. Das wirkt ganz seltsam deplatziert. Und wie kann es eigentlich sein, dass man später zwei ohnehin nicht näher benannte Ersatzteile suchen soll, obwohl der aktuelle Protagonist gar nicht weiß, welche er überhaupt benötigt? Dass man irgendwann sogar ein Zahnrad suchen soll, um ein Gerät zu reparieren, das sich mit einem Kurzschluss verabschiedet hat… na, ist ja auch egal.

Für sich genommen sind das Kleinigkeiten, darüber brauchen wir nicht reden. In seiner Gesamtheit empfinde ich The Casting of Frank Stone aber eben als sehr schablonenhaft, einfallslos und unter anderem dadurch so furchtbar flach.

Dafür ist die Kameraarbeit wenigstens gelungen. Zu oft schaut man zwar lediglich erklärenden Gesprächen zu, weshalb die Filmszenen auf lange Sicht ermüdend gleichförmig wirken – der Großteil des Ganzen ist ja nicht interaktiv. Die Choreografie der meisten Aufnahmen wirkt für mein Empfinden aber angenehm routiniert. Außerdem wirken die Kulissen und ein Großteil der Requisiten überzeugend plastisch. Über die mitunter befremdliche Mimik der Akteure kann ich da hinwegsehen.

Und klar: Irgendwann erwacht dann endlich, was früher mal Frank Stone war. Das ist nun wirklich kein Spoiler, oder? Nur nimmt das alles selbst dann kaum Fahrt auf. Selbstverständlich stirbt hier und da ein Charakter, wobei man mehrfach die Wahl hat, ob man ihm überhaupt zu Hilfe eilen will. So konnte ich wenigstens meinem Missmut gegenüber einem besonders nervigen unter den Protagonisten freien Lauf lassen. Vom wendungsreichen Schwung unvorhersehbarer Teenie-Slasher, wie man sie von Supermassive selbst kennt, ist dieser Horrortrip aber meilenweit entfernt.

Vielleicht interessiert euch ja trotzdem, dass man jede Szene zu einem beliebigen Zeitpunkt wiederholen darf, um bei allen Entscheidungen eine andere Wahl zu treffen. Dafür geht man einfach in den Schneideraum, wo der gesamte Film wie ein Gleisbett ausgebreitet ist und jede Entscheidung als Checkpunkt zur Verfügung steht. Mich reizt so was nicht. Ich will mich im jeweiligen Moment als Teilnehmer des Geschehens fühlen, nicht wie ein Weichensteller eine von zwei Filmszenen aktivieren. Mir ist aber klar, dass sich Freunde verschiedener Verläufe über diese Freiheit gut bedient werden. Als solche müsst ihr dann nur wissen, dass man einzelne Szenen nach wie vor nicht überspringen kann, obwohl man sie schon gesehen hat.

Was weniger auf Spieler zutrifft, die tatsächlich ins Geschehen eingreifen wollen. Die laufen nämlich (wenn sie denn mal dürfen, denn oft ist das nicht der Fall) durch minimal interaktive Kulissen, um kurze Zeitungsartikel zu lesen und den Durchgang zum nächsten Raum zu öffnen und sich gegebenenfalls der bereits erwähnten, inhaltlich zweckfreien Sammelleidenschaft hinzugeben.

The Casting of Frank Stone - Test

Okay, hin und wieder gilt es auch, die Schlüssel verriegelter Türen zu finden und andere Handgriffe sowie Reaktionsspiele auszuführen. Das ist natürlich ebenso in Ordnung wie die gelegentliche Aufforderung, sich in eine nebenher laufende Unterhaltung einzubringen oder sie zu ignorieren. Rein technisch ist ja alles vorhanden, um einen gewöhnlichen interaktiven Film zu inszenieren. Ja, man kann mit einer zweiten Person sogar gemeinsam auf der Couch erleben! Ich sollte nicht zuletzt erwähnen, dass Twitch-Zuschauer ihren Influencern sogar – wer’s braucht – kurze Warnhinweise geben und sogar Entscheidungen mitbestimmen können.

Spätestens beim Herumlaufen fällt aber wie schon in früheren Supermassive-Titeln auch auf, dass verschiedene Animationen der Figuren nicht wie in einem normalen Videospiel fließend ineinander übergehen, sondern man schon mal sekundenlang auf einer Treppe festhängt, falls man auf halbem Weg umkehren will.

Ach, und dann sind da noch Momente, in denen man per 40 Jahre alter Kurbelkamera das heranschleichende Böse filmen muss. Da hält man halt eine Taste gedrückt, drückt hin und wieder eine zweite und zieht gelegentlich die manchmal zur Seite rutschende Kamera wieder zurecht. Mit dem oft panischen Fotografieren agiler Gespenster in Project Zero hat diese spielerische Einbahnstraße nichts gemein. Es ist kein Schrott und funktioniert weitgehend schmerzfrei. Es ist nur einfach so wahnsinnig belanglos.

The Casting of Frank Stone im Test – Fazit

Warum orientiert sich Supermassive mit seinen interaktiven Filmen eigentlich nicht am modernen Adventure, das ähnlich verzweigte Geschichten erzählt, dabei aber auch auf Inhalt und Interaktion wert legt? Ich habe gerade das wundervolle Dustborn gespielt und The Casting of Frank Stone könnte locker einem ähnlichen Niveau spielen, wenn es nicht nur vertraute Filmklischees hintereinanderschalten, sondern seine Spieler mit einer überraschenden Handlung und gelungenen Interaktionen einbeziehen würde.

Aus technischer Sicht sind die Ansätze für einen unterhaltsamen Trip in eine dunkle Parallelwelt ja durchaus vorhanden. Alleine die anfängliche Frage, was zwischen den zwei Zeitlinien passiert ist, hält die Spannung ausreichend lange aufrecht. Umso bedauerlicher finde ich deshalb, dass dieser Horrortrip wie eine Gute-Nacht-Geschichte erzählt wird, mit auffallend wenig Sorgfalt geschrieben wurde und auch spielerisch kaum einen Anreiz bietet, sich länger darauf einzulassen. Da bringt es mir dann wenig, dass die Handlung verzweigter ist als ein verwahrloster Strauch am Straßenrand. Denn beides nehme ich nur wahr, um einen Bogen drumherum zu machen.

The Casting of Frank Stone
PROCONTRA
  • Weitgehend plastische Kulissen und ansehnliche Beleuchtung
  • Laden aller Entscheidungen als Checkpunkt vor einer Verzweigung
  • Filmszenen können auch beim wiederholten Sehen nicht abgebrochen werden
  • Langer und langweiliger Einstieg mit platten Charakteren sowie spannungsarmes Finale
  • Recht viele unlogische beziehungsweise unpassende Kleinigkeiten
  • Viel zu seltenes, spielerisch langweiliges und in Sachen Interaktion mageres Ablaufen einzelner Schauplätze
  • Nicht wirklich zur Geschichte gehörende Sammelgegenstände

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