The Cave - Mit Charme und Witz in den Untergrund
Ron Gilberts neues Projekt schickt euch in eine Höhle voller Entdeckungen.
Was genau ist The Cave eigentlich? Also, mal ganz abgesehen davon, dass es das neue Projekt von Entwicklerlegende Ron Gilbert (Monkey Island, Maniac Mansion, etc.) ist. Also ein Adventure? Ja. Das sagt Gilbert jedenfalls und beharrt auch darauf. Gleichermaßen muss man aber auch anerkennen, dass es kein Adventure im klassischen Point-and-Click-Sinne ist und auch ein bisschen wie ein Platformer anmutet. Aber wenn ihr mich fragt, ist es im Endeffekt auch egal, solange das Spiel gut wird. Und danach sieht es derzeit aus.
Letzte Woche hatten wir in München die Gelegenheit, The Cave selbst ein wenig anzuspielen. Aber erst kurz zum Hintergrund: Wie der Name The Cave schon andeutet, dreht sich das Spiel um eine riesige Höhle, die insgesamt sieben verschiedene Charaktere erkunden wollen. Warum genau? Gute Frage, aber jeder von ihnen wird seine eigenen Beweggründe haben, um einen Abstecher in die finsteren Tiefen zu machen. Interessant dabei: Keine der Figuren wird auch nur ein Wort sagen, stattdessen übernimmt die Höhle selbst die Rolle des Sprechers, gibt immer wieder Kommentare zum aktuellen Geschehen von sich und erzählt so gewissermaßen die Geschichte.
Die glorreichen Sieben
Unterschiedlicher könnten die Charaktere jedenfalls nicht sein. Vom Hinterwäldler bis hin zum Mönch, einem Ritter, Zwillingen und einer Zeitreisenden ist so ziemlich alles dabei, was in einem recht bunt zusammengewürfelten Haufen resultiert. Von diesen sieben Charakteren wählt ihr drei Stück aus, die ihr dann mit auf eure Reise in die Höhle nehmt und dort Rätsel löst. Dabei stoßt ihr auf ... sagen wir verschiedene Themenwelten, zum Beispiel einen Vergnügungspark, der sich über mehrere Ebenen erstreckt und voller Rätsel ist.
Vieles davon baut aufeinander auf und ihr braucht die Fähigkeiten der einzelnen Charaktere, um die vielen Probleme lösen zu können. Im Vergnügungspark will der Hinterwäldler beispielsweise seine Angebetete - wie alle Nicht-Spieler-Charaktere hier übrigens mit einem Pappaufsteller dargestellt - mit einem großen Plüsch-Teddy beeindrucken, aber dieser muss erst mal durch das Sammeln von mehreren Wertmarken verdient werden. Diese findet ihr dementsprechend in anderen Bereichen des Vergnügungsparks und dessen Attraktionen. Nehmen wir etwa das Drehrad mit den Farben Rot, Grün und Blau. Ihr werdet hier nicht gewinnen können, sofern ihr nicht wisst, welche Farbe als nächstes an der Reihe ist.
Also müsst ihr zum Wahrsager, der euch genau das verrät. Aber damit dieser Wahrsager-Automat erst einmal funktioniert, braucht ihr wiederum eine Sicherung, um sie mit Strom zu versorgen, die ihr an einer gänzlich anderen Stelle des Vergnügungsparks findet. Ein weiteres Beispiel dafür wäre der Veranstalter, der stets eurer Gewicht richtig errät. Die Lösung? Schnappt euch eines der Gewichte vom Gewichtheber, bringt es zum Zauberer, der das gute Stück unsichtbar macht und schon seid ihr schwerer als vermutet und gewinnt die entsprechende Wertmarke.
Wie gesagt, vieles ist untereinander verknüpft und erfordert durchaus auch den Einsatz eurer grauen Zellen. Mit ein bisschen Logik erkennt ihr aber auf jeden Fall, was hier und da zu tun ist, um die jeweiligen Rätsel entsprechend lösen zu können. Gleichzeitig bemerkte ich auch, wie sehr mein Hirn schon ein wenig eingerostet ist, da die üblichen Verdächtigen auf dem Markt die eigenen grauen Zellen gar nicht mehr so sehr beanspruchen, einem praktisch alles fertig vor die Nase gesetzt wird. Wenn ich daran zurückdenke, wie schnell und problemlos ich ein Monkey Island 1 beziehungsweise 2 früher lösen konnte, ist das schon ein bisschen erschreckend. Aber wie auch immer ...
Die Qual der Wahl
Während eures Abenteuers ist auch die Nutzung der verschiedenen Fähigkeiten der Charaktere wichtig. Nur der Hinterwäldler kann beispielsweise besonders lange unter Wasser die Luft anhalten und so bestimmte Areale erreichen. Die Wissenschaftlerin hat unterdessen die Möglichkeit, Sicherungen aus den jeweiligen Stromkästen zu entfernen, während diese noch unter Strom stehen. Außerdem kann sie bestimmte Maschinen auch einfach hacken. Spielen könnt ihr The Cave dabei entweder alleine oder mit bis zu zwei menschlichen Mitspielern.
Mit einem einfachen Druck auf eine der Richtungstasten auf dem D-Pad wählt ihr aus, welchen Charakter der drei von euch Auserwählten ihr gerade spielen wollt. Die anderen laufen euch währenddessen übrigens nicht hinterher, was wiederum bei verschiedenen Rätseln auch entsprechend eingesetzt wird, wenn ihr etwa an einer Stelle den Strom abschaltet und dann zum anderen Charakter wechselt (oder einen Mitspieler das tun lasst), euch daraufhin einen somit frei gewordenen Vorschlaghammer schnappt, um damit das „Hau-den-Lukas“-Spielchen lösen und eine weitere Wertmarke erhalten zu können. Die weitere Zusammenarbeit umfasst dann unter anderem relativ simple und vertraute Dinge, etwa sich gemeinsam auf eine Plattform zu stellen, um eine Tür zu öffnen. Andernorts hüpft ihr mit einem Charakter an ein Seil, um ein Hindernis nach oben zu ziehen, damit der nächste Charakter über einen Abgrund auf die andere Seite springen kann und von dort nach unten kommt. Auf dem Boden zieht ihr eine Kiste ein wenig nach hinten, damit nun auch eure Mitstreiter sicher von oben hinunter in den Abgrund springen können.
Wirklich sterben könnt ihr in The Cave nicht. Zumindest heißt es dann nicht „Game Over“. Stattdessen setzt Double Fine hier auf ein System, das wohl am besten mit dem 2008er Prince of Persia vergleichbar ist. Springt ihr den eben erwähnten Abgrund hinunter, während die Kiste noch nicht in Position steht, „sterbt“ ihr und werdet nach oben zurückversetzt, also gewissermaßen ein paar Sekunden in die Vergangenheit - ohne Ladepause oder sonstige Strafe. Gut so, denn dadurch entsteht keinerlei Frust.
Ladepausen gibt es übrigens auch sonst nicht, denn die gesamten Areale der Höhle gehen nahtlos ineinander über. Optisch gesehen zaubert Double Fine hier ein äußerst schickes und stilvolles Spiel auf den Bildschirm, das zumindest mich in puncto Charakter- und Umgebungsgestaltung immer wieder ein wenig an Monkey Island erinnerte. Es ist gleichermaßen charmant wie liebe- und detailvoll. Man merkt eben, wer hinter diesem Projekt steckt. Für Wiederspielwert soll alleine schon die Tatsache sorgen, dass ihr das Spiel mit allen Charakteren durchspielen müsst, um wirklich die gesamte Story auszureizen, jedes kleine Detail und jeden versteckten Schatz beziehungsweise Sammelgegenstand zu entdecken.
Es ist mir ganz ehrlich herzlich egal, welchem Genre man The Cave nun genau zuordnen will und welchem nicht. Am Ende kommt allem Anschein nach so oder so ein Spiel dabei heraus, das aktuell einen sehr guten und charmanten Eindruck hinterlässt, ebenso sehr die grauen Zellen anstrengt, wie es euch zum Lachen bringt. Halt einfach so, wie man es von Ron Gilberts Adventure-Klassikern kennt. Und das alleine hinterlässt bei mir schon ein sehr gutes Gefühl. Abgerundet wird das durch die gute Spielbarkeit und die detaillierte, schöne Grafik, wodurch man letztlich ein Download-Paket schnürt, das man sich unbedingt vormerken sollte - und das nicht nur als Spiele-Veteran.