The Crew 2 - Wenn Du mit einem Auto im Pool eines Kreuzfahrtschiffs landest...
...guck vorher, ob Wasser drin ist.
Keine Gangster mehr. Alles legal jetzt. Die USA sind der Spielplatz, nicht mehr für flüchtige Verbrecher, sondern für hedonistische Adrenalinjunkies. Leider mit Story-Einlagen, die sich nicht abbrechen lassen. Sicher, ein Teil davon kaschiert Ladezeiten, aber das macht das Geplapper nicht besser. Wann lernen Entwickler endlich, dass Rennspiele keine Story brauchen? Das Geld lässt sich besser investieren. Zum Beispiel in einen Pool auf einem Kreuzfahrtschiff, in dem dann auch Wasser ist. Dann wäre der beste Moment der ersten Anspielrunde noch viel besser gekommen.
Dazu muss ich vorwegschicken, dass es das Gimmick von The Crew 2 ist, dass ihr euch jederzeit - zumindest solange es kein definierts Rennen ist - wie ein Transformer von einem Auto in ein Boot in ein Flugzeug verwandeln könnt. Besser sogar als ein Transformer, denn die haben ja nur zwei Zustände. Dieser Wechsel passiert in weniger als zwei Sekunden und es geht direkt weiter. Nicht immer sinnvoll, denn wenn man sich über einen Wald fliegend ohne Wasser unter einem in ein Boot verwandelt, dann gibt es halt nach dem Aufschlag einen Platzwechsel. Aber das ist dann euer Problem, das Spiel schreibt euch da nichts vor.
Diese Wechsel sind es auch, die mich wohl über viele Stunden im Spiel halten werden. Es ist perfekt umgesetzt. Nahtlos, frei, ungezwungen. Oh, ein Fluss? Ab ins Boot! Genug vom Boot? Mit Anlauf eine Küstenstraße ansteuern, draufdonnern und im Aufprallen in ein Auto verwandeln. Kurz cruisen, in die Flugzeugform und durchstarten. Natürlich lädt das auch zu viel Blödsinn ein, was mich zu meinem bisher besten Moment zurückbringt. Vor Miami kreuzten ein paar Luxus-Liner herum und wenn das Timing passt, dann schafft ihr es, euch genau so vom Flugzeug ins Auto zu verwandeln, dass ihr nicht nur ein wenig auf dem Promenadendeck herumkreuzt, sondern direkt im Pool landet. Wenn da jetzt noch Wasser drin gewesen wäre und es ordentlich geplatscht hätte, während der Ferrari zwischen Daiquiris landete, wäre das Spiel schon fast automatisch herausragend. Aber nein, der Pool ist leer, es sind keine Leute an Deck, aber sinnloser X-Games-NPC Nummer 72 erzählt mir irgendwas, das ich nie hören wollte. Das kostete Geld, das in den Pool gehört hätte.
Trotz dieser Verwandlungsfähigkeiten gibt sich The Crew 2 aber immer noch sehr Auto-lastig und die Unterteilung verschiedener Fahrgenres in Offroad, Rennen, Drift und irgendwas dazwischen bezieht sich vor allem auf vier Räder. Die Flug- und Boots-Events sind dann immer sehr ähnlich und unterscheiden sich scheinbar in erster Linie dadurch, dass sie an den jeweiligen Heimatstädten spielen. Diese liegen an den beiden Küsten und einmal in der Mitte, wobei die gewisse Coolness von L.A. und Miami besonders gut eingefangen wurde, während New York wieder mal generisch daherkommt. Wird es ein Rennspiel mal schaffen, das Unmögliche dieses Monuments einzufangen, das sich da Manhattan nennt? Wohl nicht, aber hier steht ja auch der Rest der USA noch dahinter. Das Cruisen durch diese seit dem letzten Teil etwas gewachsene Miniatur-Ausgabe wirkt nun natürlicher und nicht ganz wie der Deluxe-Vergnügungspark des ersten Teils. Ein dezent erhöhter Detailgrad hat der Welt gutgetan. Es ist eine organischere Welt.
Diese hält sich extrem mit allem zurück, was mir persönlich den ersten Teil etwas vergällte. Gab es dort kaum einen Meter ohne eine Speed- oder sonstige Challenge, waren diese in zumindest diesem Preview-Build des Nachfolgers fast völlig von der Karte verschwunden. So konnte ich ewig und ziemlich glücklich über die Highways donnern und das Flair dieser ambitionierten Map aufsaugen, ohne ständig von allem und jedem abgelenkt zu werden, das wie ein schlechtes Werbeplakat immer im falschen Moment um Aufmerksamkeit bettelt. The Crew 2 reduziert sich und das zu seinem Guten. Einen Mangel an Rennen und Events gibt es natürlich nicht. Ihr könnt in allen vier Kategorien parallel immer neue Events freischalten und so Erfahrungspunkte sammeln. Die hier Hipster-stylisch natürlich in Form von Followern ausgedrückt werden. Was gab es an Erfahrungspunkten auszusetzen? Egal, a rose by any other name still levels me up.
Die Rennen selbst zeigen dann eine KI, die es wissen will. Da auch The Crew 2 sich immer noch als eine Art Dauer-Multiplayer-Game sieht, selbst wenn ihr es konsequent alleine spielen solltet - was überhaupt kein Problem sein wird -, gibt es keine Rückspulfunktion und das löste einen sehr klassichen Renn-Zyklus aus. Strecke noch nicht kennen, wo gegendonnern, neu starten, Strecke besser kennen, trotzdem wo gegendonnern, neu starten, anerkennen, dass die KI mit einem Gummiband, das ihr viel Leine lässt, die Kurven echt gut nimmt, neu starten. Streckenkenntnis ist das A und O und steht ganz im Gegensatz zur Entspannung im freien Fahren und Fliegen. Gut so, denn die Steuerung macht einen weit solideren Eindruck als im etwas schwammigen ersten Teil. Die Kurven lassen sich sehr gut zirkeln und der Kick, diesen einen Drift genau an der Häuserecke vorbei zu meistern, um diese Extrasekunde herauszuholen, ist hier so gut wie es einem Arcade-Racer sein muss, damit man den Renn-Neustart-Zyklus mit hoher Motivation angeht.
Andere Events wie Kunstflug sind generell einfacher, da ihr recht leicht die nötige Mindestpunktzahl erreicht, um die Runde abhaken zu können. Die Kunst ist dann das Mehr an Punkten, um die Rekorde zu brechen und richtig abzuräumen. Dazu gilt es zum Beispiel, eine ganz interessante Kombi aus Pflicht und Kür zu meistern. Die Pflicht sind Aktionen wie Loopings und Rollen, die ihr möglichst schnell hinter euch bringen solltet. Nach so einem Set dürft ihr 30 Sekunden alles tun, was ihr möchtet und Punkte bringt, bevor dann die nächste Pflicht-Runde ansetzt. Gut gemacht, ganz im Gegensatz zu den Bootsrennen. Diese waren bisher leider der Tiefpunkt. Das Geschwindigkeitsgefühl ist selbst auf schmaleren Flüssen nicht sehr hoch, es gibt wenig Spiel mit den Wellen, um mehr Tempo herauszukitzeln und so bleibt euch nur, die Strecke auswendig zu lernen, um in den Kurven ein wenig was gutzumachen. Auf einer engen Straßenpiste mit eleganter Steuerung ist das motivierend, auf dem weiten Wasser mit lahmen Untersätzen reichte es mir nach drei Runden. Wenn also noch wo gefeilt wird, dann bitte hier.
Das ist aber auch der einzige Tiefpunkt einer ansonsten ausgesprochen launigen Anspielrunde, die ein deutlich gereifteres Spiel zeigt. Mit dem manchmal wortwörtlichen fliegenden Wechsel der Fortbewegungsart fand Entwickler Ivory Tower ein sehr eigenständiges Gimmick fand. Dieses ist allein fast gut genug, um ein ganzes Spiel zu tragen, aber zum Glück verlässt sich The Crew 2 nicht darauf. Es gibt seiner Umgebung noch einmal mehr Tiefe und Charakter, schleift seine Events und Rennen, um euch angemessen zu fordern, damit es euch nicht andernorts mit zu vielen sinnlosen Ablenkungen am Rand nerven muss. Das alles wirkt ausgesprochen rund und schlüssig und vor allem macht es einfach Spaß. Sehr viel Spaß! Egal, ob mir nach chillen und Blödsinn in der freien Welt ist, wo ich gucke, was es gibt, und wie ich es am besten zusammen mit den Verwandlungen für ein wenig Sandbox-Spaß nutzen kann oder ich in einem der Rennen die Feinheiten der Handbremse erkunden will, The Crew 2 lieferte. Jetzt noch die Story raus und Wasser in den Pool, dann sehe ich da was ganz Großes kommen.
Entwickler/Publisher: Ivory Tower / Ubisoft Erscheint für: PC, PS4, Xbox One - Geplante Veröffentlichung: 29. Juni 2018 - Angespielt auf Plattform: PS4 Pro