The Crew Motorfest im Test – Der bisher beste Teil der Reihe
Auf einem guten Weg.
An Ambitionen hat es dem Entwicklerstudio Ubisoft Ivory Tower wahrlich nicht gemangelt. Mit eurem Auto durch die gesamten Vereinigten Staaten von Amerika rasen, im zweiten Teil auch mit Boot und Flugzeug. Klingt doch irgendwie verlockend, oder? Und doch konnten mich die ersten beiden Spiele der Reihe nie so richtig langfristig vor den Bildschirm fesseln. Ich bin nicht mal sicher, woran es genau lag. Vielleicht war mir der Schauplatz einfach zu groß, zu wenig außergewöhnlich. Und mit dem Fahrverhalten hatte ich zum Teil auch meine Probleme. Macht es der dritte Teil, The Crew Motorfest, nun besser?
Ja, tut er! Im Großen und Ganzen liegt das an zwei Punkten. Die machen The Crew Motorfest zwar nicht zum perfekten Rennspiel – für mich kommt es noch nicht ganz an ein Forza Horizon heran, aber es ist auf dem richtigen Weg –, sie zeigen jedoch, dass zum Beispiel größer nicht unbedingt besser bedeuten muss.
Kleiner, aber interessanter
Einerseits hat Ubisoft Ivory Tower The Crew Motorfest eine Schrumpfkur verpasst. Was nun nicht heißen soll, dass es wenig Inhalt zu bieten hätte, im Gegenteil. Vielmehr ist der verfügbare Spielraum deutlich kleiner und umfasst Hawaiis Hauptinsel. Und hier gilt ebenfalls: Das ist nicht so wenig, wie es sich vielleicht anhören mag. Auf jeden Fall ist es ein sehr schöner Schauplatz, der sich von Küstenstraßen durch dichte Wälder und Bergregionen bis hin zu den Straßen von Honolulu erstreckt. Da kommt schon ein wenig Urlaubsfeeling auf, wenn ihr bei herrlichem Wetter den Strand entlang brettert oder dem Sonnenuntergang über dem Meer entgegen rast.
Die Spielwelt ist also kompakter und dabei zugleich mit mehr interessanten Dingen gefüllt. Ihr habt im Spiel etwa unterschiedliche Playlists. Ich fing mit "Made in Japan" an und passend zum Thema waren die einzelnen Strecken etwa mit dekorativen Drachen und aufsteigenden Laternen geschmückt, die Straßen von Honolulu mit Neonlichtern versehen. Alles sehr stimmig.
Der zweite große Punkt ist das Handling der Fahrzeuge. Die fühlen sich deutlich besser an als im zweiten Teil. Von einer Simulation sind wir hier weit entfernt, es geht mehr in Richtung Arcade, aber im Großen und Ganzen stimmt die Balance. Und das gilt für so ziemlich alle Arten von Rennveranstaltungen, egal ob Straßenrennen, Off-Road oder im Formel-1-Wagen.
Wenngleich der eine letzte Schritt hin zu einem perfekten Fahrgefühl fehlt, da ist Forza Horizon noch eine Spur voraus. Besonders auf den Straßen hinterlassen die Vehikel noch einen zu rutschigen Eindruck. Man gewöhnt sich daran, keine Frage, aber es entsteht das Gefühl, als würden die Fahrzeuge gerne mal zu schnell einen Drift auslösen, obwohl ich das eigentlich gar nicht möchte. Wer mag, kann verschiedene Fahrhilfen an- oder abschalten und seine Fahrzeuge mit verdienten Upgrades in verschiedenen Seltenheitsstufen tunen. Boote und Flugzeuge sind weiterhin vorhanden, sie steuern sich aber nicht so gut wie die Autos, die hier spürbar im Vordergrund stehen. Ein sehr nettes Feature ist in jedem Fall die Möglichkeit, beim Spielstart eure Garage aus Teil zwei in Motorfest zu importieren.
Was gibt’s in The Crew Motorfest zu tun?
Im Mittelpunkt des Spiels steht das namensgebende Horizon Fest… äh, Motorfest. Eine Veranstaltung, um die Autokultur zu feiern. Mit jeder Menge pseudo-cooler Zwischensequenzen und Dialoge. Zumindest in Bezug auf das Cringe-Level ist man dahingehend auf einem Niveau mit Forza Horizon. Aber egal, das kann man getrost ignorieren und sich auf das Wichtigste konzentrieren, nämlich die bereits kurz angesprochenen Playlists.
Es sind im Grunde kleine Kampagnen, die sich auf ein spezifisches Thema konzentrieren. Im erwähnten "Made in Japan" geht es um japanische Wagen, und ihr habt eine Tour, die euch an Sehenswürdigkeiten der Insel vorbeiführt. Und eine, die den Porsche 911 feiert. 15 Stück gibt’s zum Launch und sie erstrecken sich über mehrere Rennen, bieten noch Herausforderungen und mehr. Abwechslung wird hier definitiv geboten. In F1-Wagen müsst ihr etwa im möglichst richtigen Moment die abgenutzten Reifen wechseln, woanders seid ihr in einem Wagen aus den 50ern unterwegs und habt kein GPS, sondern nur Fotos, die euch bei der Orientierung helfen. Und ihr müsst die Playlists nicht notwendigerweise absolvieren. Wenn euch der Porsche 911 nicht interessiert, zwingt euch niemand dazu, diese Playlist zu absolvieren.
Spielt ihr Events einer Playlists zum ersten Mal, seid ihr überwiegend auf das Fahren eines vorgegebenen Wagens beschränkt. Erst nach Abschluss einer Playlist könnt ihr die einzelnen Rennen noch einmal mit einem Wagen eurer Wahl absolvieren, den ihr selbst angepasst und aufgemotzt habt. Ein wenig schade, dass dies nicht von Beginn an möglich ist, aber nun gut.
Manchmal etwas überfordernd
An manchen Punkten hinterlässt The Crew Motorfest einen dezent überwältigenden Eindruck. Das liegt einerseits an vier verschiedenen Leisten mit Erfahrungspunkten, die ihr füllt. Andererseits gibt es massenhaft Upgrade-Teile für die Fahrzeuge. Die nicht nur einzelne Werte erhöhen, sondern auch noch zusätzliche Perks und Buffs umfassen und somit noch mehr Icons. Nett für alle, die sich dort hineinsteigern möchten, nervig für andere, die einfach nur fahren möchten. In dem Fall solltet ihr euch eher auf die Werte konzentrieren und die Perks nicht weiter beachten. Das spart in jedem Fall Zeit zum Nachdenken.
Langweilig wird euch auf Hawaii jedenfalls nicht, es gibt immer irgendwo etwas zu tun, seien es normale Rennen, Herausforderungen, Slalomrennen oder Blitzer, an denen ihr neue Höchstgeschwindigkeiten aufstellt. Zudem seht ihr ständig Geisterfahrzeuge anderer Spielerinnen und Spieler, denn The Crew Motorfest ist ein Always-Online-Spiel. Dementsprechend brachte mir auch die mehrere Tage vor dem Early-Access-Start schon heruntergeladene Testversion ohne aktivierte Server rein gar nichts. Wenn es Serverprobleme oder Wartungsarbeiten gibt, könnt ihr also nicht spielen.
Abseits aller Solo-Inhalte gibt es natürlich noch Multiplayer-Features. Schließt euch zu einer Crew zusammen und rast über die Insel oder stürzt euch in verschiedene kompetitive Modi. In einem davon namens Grand Race sind gleich 28 Spielerinnen und Spieler unterwegs und ihr wechselt währenddessen zwischen drei Fahrzeugklassen. Ihr habt zudem ein Destruction Derby aka Demolition Royale für 32 Leute, bei dem ihr eure Konkurrenz von der Strecke rammt, um euch durchzusetzen. Wer genug alleine gespielt hat, kann sich hier also ebenfalls noch eine ganze Weile beschäftigen.
Was die Technik anbelangt, hatte ich beim Spielen wenig Probleme. Etwas nervig ist, dass euch das Spiel vom Server wirft, wenn ihr mal ein paar Minuten untätig seid. Ansonsten lief es relativ gut, im Performancemodus strebt The Crew Motorfest 60 fps an und ich hatte nicht den Eindruck, dass es hier Probleme gäbe. Das werden die Kollegen von Digital Foundry aber sicherlich noch genauer analysieren. Wer eine höhere Auflösung mag, wechselt zum Qualitätsmodus mit 4K-Auflösung und 30 fps.
The Crew Motorfest - Fazit
Für mich ist The Crew Motorfest klar der bisher beste Teil der Reihe. Das liegt nicht nur am schönen Schauplatz, sondern am deutlich verbesserten Handling der Autos, das mich viel mehr an den Bildschirm fesselt als die beiden Vorgänger. Es ist noch nicht ganz perfektioniert, aber mit dem – im Vergleich zu den virtuellen USA – überschaubareren Schauplatz, dem verbesserten Handling und viel Abwechslung ist Ubisoft Ivory Tower auf einem sehr guten Weg. Manchmal ist es zwar etwas zu überwältigend und der ganze Cringe rund um solche Auto-Festivals ist nicht von der Hand zu weisen, aber wenn es euch ums reine Fahren geht, könnt ihr mit The Crew Motorfest viel und lange Spaß haben.
The Crew Motorfest | |
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PRO | CONTRA |
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