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The Crew: Wild Run - Test

Das bessere Spiel. Wenn ihr es jetzt kauft.

Als Gesamtpaket das bessere Spiel. Als Add-On gerade noch okay. Als Update ein echtes Problem für Spieler, die keinen Wild Run wollen.

Inzwischen kann man es echt ein Problem nennen. Stellt euch vor ihr hättet vor einem Jahr ein Spiel gekauft, sagen wir The Crew. Das fällt einigen sicher nicht so schwer, das Spiel war ja relativ erfolgreich. Sie haben dafür um die 60 Euro bezahlt oder 45, wenn sie einen PC nutzen. Alles war okay, das Spiel war nicht schlecht, man hatte seinen Spaß. Jetzt, ein Jahr später kommt es noch mal auf den Markt. Es kostet nicht nur 20 bis 30 Prozent weniger, es bietet mehr Inhalt, bessere Technik und weniger Bugs. Was also wäre eurer Meinung nach der richtige Zeitpunkt das Spiel zu kaufen?

Die neuen Specs beinhalten Monster-Trucks (hier in der eigenen Punkte-Sammel-Arena unterwegs)...

Das ist nicht das einzige Beispiel, Destiny oder Drive Club wären zwei andere und in unterschiedlicher Abstufung fielen einem noch zig weitere ein. Sammel-Ausgaben, Game-of-the-Year-Editionen und so weiter gab es immer. Aber normalerweise nicht ein Jahr später in wirklich relevant verbesserter Form zu einem deutlich günstigeren Preis. Sicher, es ist gut und wichtig, dass Spiele sich auch Post-Release weiterentwickeln. Sie sind zu groß, zu teuer und oft für den Entwickler zu wichtig, als dass man sie einmal raushaut und dann einen Haken dahintersetzt. Und wie im Falle von Destiny und The Crew gibt es weite Teile der Upgrades auch kostenlos nachgereicht, immerhin. Trotzdem, wenn ich meine The Crew oder Destiny Packung in der Hand habe und dann im Laden für weniger Geld die Wild Run oder Taken King Packungen sehe, dann fühle ich mich, was meinen initialen Kauf angeht, nicht gut. Vor allem, wenn ich dann als Nicht-Käufer des Add-ons plötzlich deutliche Nachteile in dem normalen Spiel in Kauf nehmen muss, weil der neue Zusatz die Balance verändert.

Was uns direkt zu Wild Run und The Crew bringt. Viele mochten oder mögen immer noch das Spiel und aus gutem Grund. Wenn es darum geht, viele Autos durch hübsche Landschaften zu scheuchen, Koop- und Vs-Rennen in mehr oder weniger festen Kleingruppen zu fahren, dann hat The Crew viel zu bieten. So viel, dass es euch ständig auf die eine oder andere Weise daran erinnern möchte. Es ist okay, dass die Story nach einem Neustart aufpoppt und euch sagt, dass es sie noch gibt und wo es weitergeht. Dass sie das nach praktisch jedem Rennen und Event tut und dann auch noch euren gerade erst aktiv gesetzten und bestätigten Wegmarker verändert... nicht ganz so okay. Hey, du blödes Spiel, es ist mir egal, dass es tolle Teile in St. Louis gibt, ich will nach Miami fahren, lass mich in Ruhe! Und ja, sofern ihr nicht alles im Optionsmenü einzeln abschaltet, lässt euch das Spiel nie in Ruhe. Und das ist nach wie vor nicht praktikabel, denn manchmal möchte man ja ein Rennen fahren oder Stunt-Events mitnehmen. Eine simple Optionstaste für das freie Cruisen wäre nach wie vor nett.

...Dragster-Rennen (das Dragster-Rennen selbst ist wenig mehr als eine Art Quick Time Minispiel)...

Daran hat sich wenig geändert und auch andere Macken blieben erhalten. Das Gummiband der willkürlichen KI ist nach wie vor vorhanden und nervig wie in kaum einem anderen Spiel. Das Fahrverhalten wurde zwar verbessert und ist nun nicht mehr ganz so rutschig, aber es fühlt sich nach wie vor nicht so solide sim-arcadig an wie zum Beispiel ein Forza Horizon oder selbst das alte Test Drive: Unlimited 2. Trotzdem, ist okay bis gut und zwar in Abstufungen der Specs. Diese definieren, für was ein Auto was taugt und zu den bisher vorhandenen kommen nun - nur mit Wild Run, nicht mit dem normalen Update - drei neue dazu: Monster Truck, Dragster und Drift. Sofern ein Auto diese Modifikationen unterstützt, könnt ihr ein solches Paket kaufen und das Auto entsprechend ummodeln. Alle drei fallen vom Fahrverhalten in die „Gut"-Kategorie, wobei ein Dragster natürlich nur als Rakete performen soll. Aber gerade das Drift-Verhalten ist unkompliziert auszulösen und lässt sich mit ein wenig Übung wunderbar lange aufrechterhalten, ganze Berg-Serpentinen hinunter, wenn es sein muss.

Und es muss sein, denn scheinbar hat The Crew das Interesse an seinen normalen Events weitestgehend verloren. Mit dem Wild-Run-Add-on - nicht mit dem generellen Update - kommt das Summit-Event dazu, eine längerfristige Veranstaltung, bei der ihr in unterschiedlichsten Disziplinen teilnehmt. Diese werden vom Entwickler definiert und das ist ein großes Problem. Hattet ihr zuvor die Möglichkeit, gezielt Upgrade-Teile in bestimmten Events zu erfahren, bekommt ihr dort nun oft zufällig irgendwas, sei es eine neue Farbe, ein Decal oder vielleicht sogar das, was ihr braucht. Gezielte Belohnungen scheinen sich auf das Summit zu konzentrieren, aber hier wird euch nun mal gesagt, was es heute gibt und oft genug auch ein Auto gestellt, das ihr benutzen müsst, aber nicht eures ist. All das macht es für Upgrade-süchtige High-Level-Gamer extrem schwer, ihren Fuhrpark gezielt aufzurüsten. Entwicklerseitig heißt es wohl, dass man sich das mal anguckt und das wird wohl auch so sein, bis dahin halte ich es eher für die ungünstige Lösung eines Problems, das keiner hatte.

... und Drift-Rennen. Die Drifts steuern sich mit ein wenig Übung ausgesprochen gut und unterhaltsam.

Ein noch größeres Problem aktuell und ohne weiteren Eingriff der Entwickler unumgängliches ist es allerdings für die Nicht-Käufer des Upgrades, weil ihnen die gezielten Gewinn- und damit Upgrade-Möglichkeiten des Summit natürlich nun plötzlich fehlen. Für sie ist das in einem Online-Spiel wie diesem nun mal zum Spielen auf jeden Fall nötige Update eine echte Verschlechterung, zumindest, wenn sie eben dieses High-Level-Tuning betreiben möchten. Und das ist nicht gut. Vorsichtig gesagt. Dass das eigentliche Spiel nun für neue Käufer billiger und besser ist, sollte ihnen schon genug zu denken geben, Erstkäufer ohne Interesse am Update zu benachteiligen, lässt einen auf jeden Fall grübeln, ob man sich überhaupt noch ein Spiel mit starker Online-Komponente zum Start kaufen sollte. Schnell an Destiny denken und daran, dass man es auch besser machen kann.

Das soll aber nicht heißen, dass das Summit generell schlecht wäre. Es ist ein recht komplexes, langfristiges Turniersystem mit einer guten Mischung aus Spaß-Events wie Capture the Flag mit Monstertrucks, auf der Straße schwer möglichen Disziplinen wie Drag-Rennen und normalen Rennen aller Art. Eine gute Mischung, immer was dabei, es ist praktisch ein eigenständiger und fast vollwertiger Spielmodus, definitiv eine Bereicherung und das ist gut so. Schließlich ist es aktuell die beste Möglichkeit an Credits, Autos und Teile zu kommen. An diesem Punkt hätte das Spiel übrigens ein wenig Großzügigkeit zeigen dürfen. Die neuen Specs kosten ein Vermögen, ein Monstertruck oder ein Dragster fast eine halbe Million und es gilt zwar die alte Pusher-Regel „first one's for free", aber danach sind es eine halbe Million Ingame oder das Äquivalent von 10 Euro pro (!) neuem Spec für eines (!) eurer Autos. In den Summit-Events bekommt ihr deshalb immer wieder mal Fahrzeuge gestellt. Doch dass ich nach der Installation nicht direkt mit einem Motorrad auf der Route 66 durchstarten konnte, nur, weil ich grad nicht genug Geld für eines hatte, ist zwar realistisch, aber wer Realismus will, soll ins Finanzamt gehen. Ich habe 30 Euro für ein Add-on mit Motorrädern hingelegt, ich will jetzt ein Motorrad fahren!

Das Freischalten neuer Tuning-Teile wurde ohne Not umgebaut. Obwohl, wenn man Böses unterstellen möchte... Mit dem Add-On ist es halt einfacher als ohne, also... 'kauft gefälligst das Add-On!'?

Nachdem ich dann endlich eines hatte, muss ich sagen, dass wie bei Drive Club zuvor Motorräder alles noch besser machen. Sie spielen sich letztlich nicht wie Motorräder, noch weit arcadiger als besagtem Sony-Spiel. Aber als wenige Beschleunigungskönige fahren sie sich trotz aller Entkopplung von der Realität ungemein spaßig und die meisten meiner Cruising-Touren durch die Weite mache ich mittlerweile auf zwei Rädern. Definitiv eine Bereicherung.

Das Summit ist ein bequem strukturiertes Menü, aus dem heraus ihr die Rennen direkt ansteuert und immer die eigene Ranking-Position im Blick habt.

Technisch hat sich mit dem Update - auch ohne Wild-Run-Add-on - einiges getan. Die Grafik wurde ordentlich poliert, die Framerate ist auf den Konsolen nun stabiler, das Flimmern fast verschwunden, die Sichtweite erhöht, eine Art HDR-Filter inszeniert alles etwas poppiger und lässt vor allem die Tageszeitwechsel zum Sonnenuntergang hinreißend aussehen. Das Wettersystem ist dagegen noch nicht ganz auf dem Level der Konkurrenz, um es vorsichtig zu sagen. Regen an einem sonnigen Tag kann schon mal sein, hier scheint es fast die Regel. Der Effekt selbst wirkt etwas billig und mit den Pfützen auf den Straßen, die das Fahrverhalten nur absolut minimal beeinflussen, hat man es schwer übertrieben. Selbst Stunden, nachdem der Regen endete, sind Hunderte von Straßenkilometern mit glänzenden Regen-Resten überzogen. Sieht jetzt nicht schlimm, aber etwas seltsam aus. Der Sound wurde auch verändert, aber im Gegensatz zur Grafik ging es hier nach unten. Vorher gehörte The Crew zu den angenehmen Rennspielen, die einen relativ satten, brummigen Sound hatten, es war zu wenig Volumen, ging aber in Ordnung. Jetzt klingt jedes Auto in Abstufungen wie ein getunter Rasenmäher oder eine zu hochtourig gefahrene Vespa und die Abmischung mit der Musik ist endgültig im Eimer, egal wie man and er Reglern dreht. Definitiv Patch-würdig.

Bis ich dieses Motorrad - eine BMW 1000 RR bezahlen kann, wird noch einiges an Zeit vergehen. Die kleinen Bikes fangen bei 70.000 Ingame an, die großen wie dieses kosten auch die halbe Million. Oder eben 10 Euro...

Ist Wild Run das bessere The Crew? Ja, es gibt mehr Abwechslung mit den neuen Specs, die Motorräder machen wirklich Spaß und auch das Summit-Event hat viel zu bieten, um das Spiel auch solide für das zweite Jahr spannend genug zu halten. Noch dazu kostet es als Gesamtpaket weniger, womit wohl jetzt der Zeitpunkt gekommen ist, zu starten und The Crew zu spielen. Wenn man denn mit all den Dingen leben kann, die es immer noch zurückhalten. Aufdringliches Metagame, Gummiband-KI in aller Glorie, nettes, aber nicht mitreißendes Fahrverhalten, langwieriges Grinden für Auto-Sammler und nun auch noch sehr mäßiger Sound. Auf der Habenseite steht aber eine der am schönsten entworfenen Fahrwelten die ihr besuchen werdet, viel Abwechslung bei Rennen und Events und eine Menge Fahrspaß trotz der nicht ganz idealen Mechaniken. The Crew: Wild Run ist das bessere Spiel im Vergleich zu dem, das vor einem Jahr an den Start ging.

Was die Besitzer des alten Spiels angeht, müssen sie ganz schön was schlucken. Erst einmal sind 30 Euro für die neuen Specs, Motorräder und das Summit hart an der Grenze dessen, was ich noch als „lohnend" bezeichnen würde. Viel schlimmer ist jedoch, dass sie ohne das Add-on und durch das Zwangsupdate Nachteile in Kauf nehmen müssen. Das ist ein echtes No-Go und man kann nur hoffen, dass die Entwickler zügig eine Lösung finden. Ansonsten treten sie nämlich genau den Leuten ans Schienbein, die vor einem Jahr an sie und ihr Projekt glaubten - oder zumindest ein nettes Rennspiel wollten. Und das darf nicht das Ergebnis eines eigentlich sonst netten Updates und Add-ons sein.

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Martin Woger Avatar
Martin Woger: Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

Informationen zu unserer Test-Philosophie findest du unter "So testen wir".

In diesem artikel

The Crew

PS4, Xbox One, Xbox 360, PC

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