The Elder Scrolls IV: Oblivion Jubiläumsausgabe - Test
Es gab einmal Spiel, das schöner als Skyrim war. Leider existierte es nur in meiner Erinnerung
Als ich Skyrim das erste Mal sah, war ich ein wenig enttäuscht. Böhh, Oblivion sah aber damals auch nicht viel schlechter aus... Da war es natürlich schon endlos her, dass ich es spielte. Jetzt, ganz frisch die Jubiläumsausgabe Oblivions eingeworfen, liegen nüchtern betrachtet Welten zwischen den beiden Games, gerade auf der Xbox 360 oder der PS3. Die ehemals endlosen Weiten der Wälder Oblivions wirken plötzlich ganz schön ausgedünnt, sobald sie auch nur wenige Meter weiter stehen. Der Boden verschwimmt zu einer niedertexturierten Masse in der Ferne. Auf der Konsole wohlgemerkt, auf dem PC sieht es weit besser aus. Nicht ganz von der Erstinstallation aus, nie ganz Skyrim, aber dank einer nach wie vor sehr aktiven Community werden schnell ein paar Mods für die Optik nachgeladen und schon wirkt das Ganze gleich anders. Richtig zeitgemäß. Wow, gut gehalten. Dank an euch, ihr Bastler da draußen.
Ein paar Stunden nach meiner Rückkehr gab es aber ein ganz anderes Problem, dass sich damals angesichts der seinerzeit atemberaubenden Spielwelt für eine ganze Weile gut verdrängen ließ. Das automatische Mitleveln von alles und jedem in der Umgebung. Ratten bleiben immer die hartnäckigen kleinen Biester, simple Räuber mutieren zu Level-30-Schlägern, Dämonen bleiben fast unbesiegbar, als hätte der Held keine Erfahrung sammeln können. Mann, erst jetzt wird einem so richtig bewusst, wie gut Skyrim das hinbekommen hat. Dreht man den Schwierigkeitsgrad in Oblivion zu hoch, wartet nur Frust, wählt man ihn zu niedrig, nur Kampf-Langeweile. Pest und Cholera sollten nicht die Optionen in einen Kampfsystem sein.
Auf der Seite funktioniert das Schwertschwingen an sich nicht schlechter als mehr als ein halbes Jahrzehnt später. Schild hoch und rein den Kampf, die Third-Person-Perspektive als missratenes Element ignoriert und schon hackt es sich ordentlich. Das Menü, damals ein echter Kritikpunkt, findet sich gut in das Gehirn des Spielers und stößt nach kurzer Zeit nur noch vage nervig auf, sowie auch die inzwischen gepatchte Übersetzung sich nur noch gelegentlich zum Gespött der Leute macht. Wäre das hier unter anderem Namen und niederer Herkunft erscheinen, es würde heute noch alles so durchgehen können und keineswegs nur Missfallen ernten.
Schließlich gehört die Spielwelt, wie immer zu den wahren Schätzen des ganzen Genres. Weit abwechslungsreicher als der Nachfolger offeriert sie euch Eiswüsten im Norden, grüne Wiesen im Süden oder Sümpfe im Osten. Dazwischen findet sich praktisch jede Terrainabstufung und jede der Städte hat einen ganz unverkennbaren Charme und Anstrich. Warum Skyrim hier an einigen Stellen schwächelte, weiß ich nicht, aber wahrscheinlich war es die richtige Wahl und nur ich sehe das so. Oblivion wurde häufig als zu generisch eingestuft, selbst für Fantasy. Nicht zu Unrecht, aber alle paar Jahre hab ich nichts gegen generisch, insbesondere wenn so viel Liebe in das Design einfloss.
In weiten Zügen erfuhren auch die Quests diese Liebe und einige davon werden bis heute als Vorbilder hoch gehalten, wenn es um das geht, was man in so einer Open World an Überraschungen bieten kann. Sei es die Welt des Malers, die mörderische Agatha-Christie-Party der Diebesgilde oder die Vampirquest, Oblivion belohnt den fleißigen Quest-Arbeiter immer wieder mit netten Figuren und Geschichten. Um ihn natürlich genauso oft in einen schnellgenerierten Dungeon zu locken.
Wiederum ein Punkt, in dem Skyrim nicht alles richtig macht, aber doch weit vor seinem Vorgänger liegt. Oblivion war hoffentlich das letzte Elder Scrolls, in dem man die einzelnen Versatzstücke eines Dungeons so gut auseinanderhalten kann, dass ihr genau wisst, wie es hinter der Kurve weitergeht. Spannung, die sich in den ersten Stunden aufbaute, wird nicht gefördert und beginnt der Routine zu weichen. Nichtsdestotrotz, wer diese Welt noch nie erkundete, der wird lange von der Neugier nach weiteren Vegetationszonen, kleinen gelungenen Episoden und irgendwie ursprünglicher Abenteuerlust weitergetrieben.
Die Jubiläumsausgabe an sich stellt dabei leider keine große Politur dar. Ihr erhaltet das Spiel, das sich auch gleich erst mal ein Update ziehen möchte - welches ihr ihm dringend gönnen solltet -, dazu eine unspektakuläre Papierkarte und zwei weitere DVDs. Auf der ersten befinden sich die Add-Ons "Knights of the Nine" und "Shivering Isles", auf der zweiten leider nicht der großartige Soundtrack von Jeremy Soule, sondern ein Making-Of, das allerdings ganz ordentlich und halbwegs interessant gemacht ist. Das Highlight sind also die Add-Ons und da dann Shivering Isles. Während Knights of the Nine eine im Grunde banale Sammelquest durchexerziert, locken euch die Isles in eine ganz eigene, bipolare Welt von Chaos und Ordnung, die von einem einzelnen, komplett schizophrenen Tyrannen regiert wird. Gute Geschichten, eigene Achievements und außerordentliche Waffen - deren Sinn natürlich von dem Auto-Leveling der Monster durchkreuzt wird - lohnen dieses Extra in jedem Fall.
Das ist alles sehr funktional, aber - vielleicht auch deshalb - ich bin enttäuscht. Man kann bei so einer Jubiläumsausgabe natürlich immer zwei Wege gehen. Entweder wie hier für kleines Geld eine vollständige Edition liefern oder noch einmal die Register ziehen und in Kleinserie eine Luxus-Ausgabe für Freaks bieten. Ich hätte letzteres bevorzugt, auch wenn ich natürlich den gewählten Weg als den wirtschaftlich sinnvolleren anerkennen muss. Aber auch dann stoßen die Updates ganz, ganz böse auf. Nicht einmal nach so vielen Jahren kann ich das Ding ins Regal stellen und sagen "Haken hinter, habe ich"? Diese Patches hätten einfach auf die Discs mit draufgehört, ohne Wenn und Aber. So ist selbst der Abstand zur günstigeren "Game of the Year"-Edition einfach zu klein. Nicht mal Sammler werden wirklich von der wohl nur zeitlich begrenzt erhältlichen "Jubiläums"-Ausgabe angesprochen.
Und ehrlich gesagt war das Wiedersehen mit dem, was ich vielleicht nie als das Beste, aber irgendwann mal mit Sicherheit schönste Rollenspiel überhaupt bezeichnete, von sehr gemischten Gefühlen geprägt. Die Schönheit hat speziell auf den Konsolen ordentlich gelitten - auf dem PC gibt es hier dank der Community-Mods weit weniger Abzüge - und die ständig mitlevelnden Monster führen gerade harte Kämpfe und Dungeons ad absurdum. Man muss schon ein wenig kompromissbereit sein, wenn man sich an der immer noch riesigen, abwechslungsreichen und liebevoll entworfenen Welt erfreuen will. Seid ihr bereit, euch darauf einzulassen, diese nicht gerade geringfügigen Schwächen, die Skyrim deutlich besser handhabt, auszuhalten, dann sieht es nicht schlecht aus. Man kann sich in der vielseitigen Welt und den nach wie vor reizvollen Questen verlieren. Ich würde immer noch sagen, dass es bis heute, insbesondere auf dem PC, eine sehr lohnende Erfahrung ist, falls man sie noch nicht hatte. Aber auch eine, deren Relevanz durch Skyrim weit gesunken ist.