The Elder Scrolls Online - Vorschau
Das MMO spielt 1000 Jahre vor Skyrim. Doch stammt nur die Story aus dem vorherigen Millennium oder auch die Grafikengine?
Unter den Fans der Elder-Scrolls-Reihe wird eine interessante Frage häufiger gestellt, wenn das geplante MMO The Elder Scrolls Online zur Sprache kommt: Ist es noch zu früh?
Grund für solche Bedenken ist eine Klarstellung von Entwickler ZeniMax Online bezüglich der Engine des Spiels. Deren Tenor: Nein, man kann nicht einfach die Grafik von Skyrim in einem MMO umsetzen. Ist derzeit technisch nicht machbar. Schließlich sollen sich in Massenschlachten locker 200 Charaktere gleichzeitig eins auf die Rübe geben. Da stößt man in Sachen Polygonen und Texturen schnell an Grenzen. Somit müssen sich die Fans auf hübsche aber stilisierte Modelle und Landschaften statt auf düsteren Fotorealismus einstellen. Liebevoll gestaltet bis zum letzten Grashalm, aber eben optisch weit von der Qualität eines Skyrim entfernt. Da denkt man unwillkürlich an Star Wars: The Old Republic, in dem BioWare auch relativ früh in Richtung Cartoon-Stil driftete. Mal abwarten, wohin sich "TESO" entwickelt.
In der Community zweifeln jedenfalls viele, ob eine MMO-Umsetzung der Elder-Scrolls-Reihe derzeit wirklich so eine gute Idee ist. Sollte man nicht lieber warten, bis die Technologieschraube ein paar Umdrehungen weiter ist? Schließlich herrscht derzeit auch nicht gerade ein Mangel an MMOs. Auf der anderen Seite werden solche Grundsatzdiskussionen vermutlich von euphorischen Powerpoint-Präsentationen überstrahlt, in denen Marketing-Profis die möglichen Profite dank der zugstarken Lizenz durchkalkulieren.
Alle Unkenrufe zur Grafik beiseite, klingen die bisherigen Infohappen von der E3 2012 recht appetitlich. In Sachen Spielwelt kann Elder Scrolls Online aus dem Vollen schöpfen. Ganz Tamriel soll enthalten sein. Sofern das keine leeren Versprechungen bleiben, dürfte allein die beeindruckende Größe der Welt so manche Kritik im Keim ersticken. Die Aussicht auf ein Wiedersehen mit Morrowind, Streifzüge durch die Ruinen der Dwemer oder ausgedehnte Shoppingtouren in Daggerfall, versetzt Nostalgiker wie mich schon jetzt in Verzückung. Gebirge zu überqueren - wie in den Einzelspieler-Titeln durchaus üblich - soll dabei allerdings nicht nötig werden. Wie genau sich das die Entwickler vorstellen, bleibt vorerst noch im Dunklen (ich spekuliere mal wild, dass stattdessen teleportiert und geflogen wird). ZeniMax Online verspricht außerdem ein hohes Maß an Interaktivität, wie man es auch aus den Einzelspieler-Teilen kennt. Äpfel vom Tisch zu klauen mag vielleicht keine epische Heldentat sein, lässt die Spielwelt aber wesentlich authentischer wirken.
"In der Community zweifeln jedenfalls viele, ob eine MMO-Umsetzung der Elder-Scrolls-Reihe derzeit wirklich so eine gute Idee ist."
Chronologisch ist der Titel in der zweiten Ära angesiedelt, kurz nach dem Ende des zweiten und vor dem Beginn des dritten Kaiserreichs, also rund 1000 Jahre vor dem aktuellen Aushängeschild Skyrim. Das merkt man auch den drei Fraktionen an, die in diesem Zeitalter am Drücker sind. Da kämpfen Völker Seite an Seite, die ein paar Jahrhunderte später Todfeinde sein werden. Im Ebenherz-Pakt haben sich die Dunmer (Dunkelelfen), Nord und Argonier zusammengeschlossen, im Aldmeri-Bund die Altmer (Hochelfen), Khajiit und Bosmer (Waldelfen) und im Daggerfall-Bund die Orsimer (Orks), Bretonen und Rothwardonen.
Die Hintergrundgeschichte und all ihre historischen Verflechtungen dürften vermutlich nur wenige Elder-Scrolls-Enthusiasten komplett erfassen. Heruntergebrochen für Nicht-Eingeweihte geht es um die Rettung der Welt vor dem finsteren daedrischen Fürsten Molag Bal, der über die höllische Ebene Kalthafen herrscht und diese mit Tamriel verschmelzen will. Alle Fraktionen (und somit die Spieler) kämpfen nebenbei um die Vorherrschaft in Cyrodiil, der Kaiserprovinz von Tamriel. Was man so über die PvP-Kämpfe hört, klingt übrigens hervorragend. Neben Hundertschaften von Mitspielern ist sogar die Rede von Belagerungsmaschinen. Am Ende soll die Herrschaft über Ländereien vom Ausgang der PvP-Schlachten abhängen.
Bezüglich Klassen ist nicht viel zu erfahren, außer dass die Waffenwahl wohl relativ offen sein soll und die Helden dadurch verschiedene Wege einschlagen können. Bei Fragen zur Perspektive sind die Aussagen der Entwickler ebenfalls nicht eindeutig. Die MMO-typische Rückenansicht ist zwar so gut wie sicher, möglicherweise kann man aber auch auf Wunsch in die Ich-Perspektive wechseln. Crafting, Gilden und Reittiere bleiben ebenfalls ein Mysterium nach dem Motto: Wird es geben. Mehr dazu irgendwann. Das gleiche gilt für Fragen nach dem Geschäftsmodell. Die Lizenz würde sicher viele Spieler zu einem Abo verführen, aber genaueres weiß man derzeit nicht.
Das zugrunde liegende Kampfsystem soll eine actionlastigere (aber nach wie vor indirekte) Variante des klassischen MMO-Schemas werden und einige Aspekte der Singleplayer-Spiele enthalten. Zum Beispiel das aktive Blocken mit eurem Schild in Echtzeit, Konter-Attacken, Schleichen oder aufgeladene Angriffe. Timing soll dabei sehr wichtig werden, das Kampfsystem aber trotzdem nicht so direkt daherkommen wie bei den Kollegen von TERA. Wie das in der Praxis genau aussieht, ist allerdings nicht ganz klar. Die Kampfressourcen Gesundheit, Magicka und Ausdauer sind jedenfalls wieder mit von der Partie und Cooldowns soll es nicht geben. Synergien sind möglich. Wenn ein Magier zum Beispiel einen Flammenwirbel erzeugt, könnte ein anderer Spieler diesen aufwerten, indem er hineinrennt und durch eine eigene Fähigkeit Flammenbälle nach draußen schleudert. Oder ihr legt eine Falle und lasst sie von einem anderen Spieler mit Elementarschaden verzaubern. Solche Manöver sollen über ein "Finesse-System" besonders lukrative Beute bescheren.
Auch Feinde kombinieren ihre Attacken. So könnte ein Bandit euch mit Öl übergießen, was eure Bewegung einschränkt, während sein befreundeter Magier die brennbare Flüssigkeit per Feuerzauber entzündet. Das Interface soll nicht überladen wirken, weshalb solche Effekte auf euren Charakter direkt in der Umwelt dargestellt werden, anstatt als Statusmeldungen aufzuploppen. Das Ziel ist eindeutig, euch so viel von der Spielwelt wie möglich zu zeigen - ohne störende Bildschirm-Elemente. Eine Actionbar wird es trotzdem geben, sodass ihr eure Fähigkeiten wie gewohnt auf Zahlentasten legen könnt. Diese wird aber ausgeblendet, wenn sie nicht gebraucht wird.
Die Hauptquests und Nebenmissionen sollen Einfluss auf die individuelle Geschichte haben. Rettet ihr eine holde Maid oder lasst ihr sie während eines Angriffs sterben? Die Auswirkungen sollt ihr später zu spüren bekommen. Denksport darf ebenfalls nicht fehlen und diverse Puzzle oder Schalter-Rätsel würzen eure Abenteuer. Dungeons für Fünfer-Partys und Raid-Instanzen sind bereits bestätigt. Zusätzlich soll es Public Dungeons geben, die jederzeit für alle Spieler offen stehen und sich wunderbar als Treffpunkt eignen sollen. Trotzdem soll man dort nicht zu Kurz kommen, wenn es um Beute geht.
Viele Aspekte von The Elder Scrolls Online bleiben noch höchst nebulös, auch wenn die bisherige Faktenlage für ein solides MMO spricht, inklusive riesiger Spielwelt, viel Freiraum für Erkundungen, umfangreicher Geschichte und interessanter Kniffe beim Kampfsystem. Das Rad werden ZeniMax Online und Bethesda damit vermutlich trotzdem nicht neu erfinden und optisch sollte niemand ein zweites Skyrim erwarten. Aber das kann man ja verschmerzen, wenn der Titel spielerisch überzeugt. Insgesamt ist es freilich noch viel zu früh, um irgendwas ernsthaft zu bewerten oder gar zu kritisieren. Bis zur voraussichtlichen Veröffentlichung 2013 (PC und Mac) ist aber noch genug Zeit, das nachzuholen und ich bin schon sehr auf die Beta gespannt, die auf jeden Fall stattfinden soll. In der Zwischenzeit könnte man ja auch nochmal die Einzelspieler-Teile durcharbeiten, um wenigstens ein paar der zahllosen Anspielungen und Story-Verflechtungen zu kapieren.