The Finals – Battlefield, Fortnite und Overwatch 2 können sich ab sofort warm anziehen
Das finale Wort ist aber noch nicht gesprochen
Gerade erst habe ich meiner Begeisterung darüber Ausdruck verliehen, wie gut The Finals sich schon in der Beta anfühlt – und nur wenig später wird es bereits als fertiges Spiel veröffentlicht. Um es kurz zu machen: Ihr habt Bock auf einen hervorragend spielbaren Team-Shooter? Dann holt euch The Finals, das gerade ohne vorherige Ankündigung überraschend veröffentlicht wurde, und als Free-to-play-Titel zudem grundsätzlich kostenlos spielbar ist!
Nun kann ich meinem gerade mal einen Monat alten Text an dieser Stelle freilich wenig Neues hinzufügen. Allerdings konnte ich gemeinsam mit einigen Kollegen im Vorfeld schon eine nahezu vollständige Version von The Finals einschließlich der neuen Karte Las Vegas spielen und mich zudem mit Design Director Matt Lowe sowie Animation Director Mikael Högström darüber unterhalten, wie das Erstlingswerk von Embark Studios entstanden ist und welche Pläne die Entwickler für seine Zukunft haben.
Wobei gerade darin das Salz in der Suppe liegen könnte: Genaue Pläne in Form einer fein strukturierten Roadmap hat Embark überhaupt nicht. Faulheit? Mitnichten. Die Entwickler stellen allerdings das Feedback der Spieler in den Vordergrund und wollen ihr Hauptaugenmerk darauf richten, dass The Finals stets optimal läuft, bevor sie es mit neuen Inhalten versehen.
Die sind natürlich trotzdem geplant und in jedem Fall soll man sich in den kommenden Monaten auf interessante „Überraschungen“ freuen können. Im Vordergrund stehe aber, dass The Finals funktioniert, dass die Balance immer ausgewogen ist und dass eventuelle Fehler sofort behoben werden. Vor allem auf Discord hört das Studio nicht nur hin, sondern nimmt auch aktiv an den Diskussionen teil. Falls ihr etwas zu sagen habt, bringt das also am besten dort an.
Wobei Matt übrigens betont, dass sein Team lieber zum Beispiel schwache Waffen stärker macht, anstatt solche zu schwächen, die vielleicht ein wenig übermächtig erscheinen, an denen etliche Spieler aber viel Spaß haben. Um solche Dissonanzen in der Balance zu erkennen, verwendet Embark, genau wie andere Studios, selbstverständlich auch Analyse-Werkzeuge, hat während der verschiedenen Betas „eine verstörend große Anzahl an YouTube-Videos geschaut“ und wird das sicherlich auch in Zukunft tun.
Und nur für den Fall, dass ihr hier eine Art Entschuldigung für ein unfertig veröffentlichtes Spiel herauslest: Das Gegenteil ist der Fall! The Finals machte schon in der letzten Beta sowie beim Anspielen mit den Kollegen einen angenehm ausgereiften Eindruck. Ich war von dem flüssigen Movement jedenfalls ebenso begeistert wie vom Waffen-Handling und besonders dem zentralen Spielfluss.
Das Einsacken und Zum-Tresor-Bringen kleiner Geldkisten hat einen exzellenten Flow, wird von prägnanten Klassen flankiert, deren Besonderheiten man stark individualisieren darf, und wem das nicht reicht, der bringt ganze Gebäude zum Einsturz, während gegnerische Teams gerade ihre Tresore verteidigen. Wenn der dritte Stock plötzlich das Erdgeschoss ist, wird der Spaß ja oft am größten – zumindest für das Team, das nach Ablauf des Timers den Tresors als sein Eigentum deklariert hat und damit die Kohle einstreicht.
Vom Start weg überzeugend
Wie kann es denn bitte sein, dass ein Erstlingsspiel nicht nur ein sehr anständiger Shooter mit einer guten Idee ist, sondern gleich so souverän bei den Großen mitspielt, dass sich Overwatch, Battlefield, Fortnite & Co. warm anziehen dürfen? Das frage ich Matt und Mikael einfach mal, woraufhin der Design Director trocken konstatiert: „Das Geheimnis ist wohl, dass wir alt sind.“
Immerhin besteht ein Großteil der Belegschaft aus erfahrenen Entwicklern, die zuvor bei DICE und anderen Studios tätig waren. So viel Erfahrung macht sich bezahlt. Wobei Embark auch ein Klima erzeugen wollte, bei dem sich Alle in die Entwicklung einbringen können, anstatt nur Zuarbeiter in einer riesigen Maschine zu sein. Sicherlich sind gut hundert Frau und Mann eine Größe, von der andere Studios nur träumen. Allerdings sei das noch klein genug, damit alle Beteiligte das Gefühl haben etwas Wertvolles beizutragen.
Abgesehen davon betont Embark (nicht nur in „meinem“ Interview), dass das Team schon während des Entstehens von The Finals großen Spaß an seinem eigenen Spiel hatte. Denn das war wohl ein weiter wichtiger Pfeiler für das Gelingen des Projekts: Man begann schon früh mit relativ vielen Tests, um das Konzept auf Herz und Nieren zu prüfen. „Drei, vier, fünf Mal pro Woche“ hätte man sich mehrere Stunden lang dafür zusammengefunden – nicht nur aus Freude an der Sache, sondern weil man stets sicherstellen wollte, dass das ursprüngliche Konzept so aufgeht, wie es die ursprüngliche Vision vorsah.
Damit Spieler keine Beta-Tester sind
Und das ist auch der Grund, aus dem sich so viele Kleinigkeiten einfach richtig anfühlen und weshalb es eine Reihe Ideen gibt, die mir so gut gefallen, darunter die Statuen gefallener Mitstreiter. Die kann man ja nicht nur wiederbeleben, sondern auch aufheben und in eine sichere Ecke tragen, um sie erst dort in Ruhe zurückzuholen. Darauf sind die Entwickler erst gekommen, nachdem sie schon früh gemerkt haben, wie einige Spieler die damals noch unbeweglichen Gräber fremder Teams so hartnäckig belagerten, dass denen der Spaß verlorenging.
Animation Director Mikael hat hingegen so lange und so wild mit der Goo Gun experimentiert, dass seine Kollegen zwar die Hände über dem Kopf zusammenschlugen – daran können sich die beiden noch lebhaft erinnern –, was aber wohl mit dazu beitrug, dass der schnellklebende Leim jetzt ein so praktisches Werkzeug ist, das man in Brand setzen und ebenso als unüberwindbares Hindernis wie als provisorische Brücke oder auf ganz andere Art verwenden kann.
Und apropos Experimente: Tatsächlich aus dem Nichts wurde The Finals freilich nicht das, was es ab heute ist. Vielmehr hat Embark in den ersten Monaten viel Zeit investiert, um alleine die aufwändige Zerstörung zum Laufen zu bringen. Im späteren Verlauf hat man dann viel Zeit unter anderem darauf verwendet, dass man sich auch auf prozedural eingefallenen Kulissen so geschmeidig bewegen kann wie man sich über reguläre Hindernisse hinweg schwingt, an Seilzügen empor zieht oder durch niedrige Löcher hinweg rutscht.
Dieses Movement, die ebenso flotte wie taktisch geprägte Action, der coole Stil und alles, was The Finals sonst noch richtig macht: Ich bin auf jeden Fall am Start, da der Startschuss für diese starke Game Show jetzt gefallen ist. Wir sehen uns in der Arena!
Auch wenn ich es über weite Strecken wohl mit einer der Entwicklerinnen halten werde, die beim Anspielen vor einigen Tagen der Frage nach ihrem bevorzugten Spielstil noch mit der sträflich unterschätzten Antwort begegnete, dass sie am liebsten als Statue unterwegs sei.