Skip to main content

The Incredible Adventures of Van Helsing - Test

Er weiß, was er sein möchte und stolpert nicht über zu hoch gesetzte Ambitionen.

Falls ihr von einem Action-RPG im Stil von Diablo stets eine ähnliche Spielzeit erwartet, wie von Blizzards Dauerbrenner, erlebt ihr nach dem Abspann von The Incredible Adventures of Van Helsing eine kleine Enttäuschung. Kein New Game Plus, keine Rückkehr in alte Gebiete und sämtliche Monster, die ihr bereits erledigt habt, tauchen nie wieder auf. Einen Grind nach den besten Gegenständen braucht ihr also gar nicht erst zu erwarten. Nach knapp 15 Stunden - ohne Erkundung von Nebenquests ein wenig früher - gehen die Lichter aus und ihr sitzt erneut vor dem Startbildschirm. Zwar könnt ihr mit eurer Figur anderen Spielern beitreten, doch den höchsten Level habt ihr wahrscheinlich im ersten Durchlauf schon erreicht. Eine neue Herausforderung wartet nur in Form von höheren Schwierigkeitsgraden sowie dem Hardcore-Modus, in dem ihr eure Figur beim ersten Tod für immer verliert.

Kurz und knackig

Veteranen, die von einem Spiel in diesem Genre mindestens 100 Stunden und mehr erwarten, rümpfen angesichts dieser Tatsache wahrscheinlich die Nase. Ich sehe dagegen eine frische Alternative, die ihre Spielzeit perfekt einschätzt und mit genügend interessanten Ideen füttert, damit keine Langeweile einsetzt. Es handelt sich eher um eine normale Spielerfahrung, bei der es weniger um den Grind geht, und die sich bequem über ein Wochenende verteilt durchspielen lässt.

Ein weiteres Konzept, mit dem viele ein Problem haben könnten, ist die Auswahl an Klassen. Es gibt nämlich keine. Da es sich hier um die Geschichte von Van Helsing - oder besser gesagt dessen Sohn - handelt, bietet sich euch zu Beginn nur die Auswahl zwischen unterschiedlichen Farbmustern. Ansonsten startet jeder Spieler mit dem gleichen Charakter, was allerdings unterschiedliche Entwicklungen im späteren Verlauf nicht ausschließt.

Ihr zielt sehr schnell den Aggro mehrerer Mobs auf euch. 30 Feinde sind dabei keine Seltenheit.

Eure Punkte verteilt ihr nach jedem Levelaufstieg auf zwei Fertigkeitsbäume, die jeweils für Nah- sowie Fernkampf stehen. Beide bieten euch sowohl aktive als auch passive Fähigkeiten, bei denen ihr euch am besten genau festlegen solltet. Leider erschwert euch das Spiel besonders in der frühen Phase die Auswahl und zwingt euch zum Nahkampf. Die großen Mobs aus meist über 15 Feinden lassen sich nämlich nicht mit den schäbigen Pistolen erledigen und überrennen euch schnell. Im späteren Verlauf ändert sich dieser Umstand zum Glück und ihr dürft eure Fertigkeitspunkte zu jeder Zeit in eurem Lager neu verteilen.

Von jedem Fertigkeitsbaum legt ihr zwei auf beide Maustasten und wechselt zwischen den Kampfarten per Tastendruck. Dazu gehört auch euer normaler Angriff, der als einziger kein Mana verbraucht. Falls ihr also nicht die gesamte Zeit Tränke einwerfen wollt, bindet ihr nur eine magische Attacke an die Maustaste. Damit ihr in den Gefechten trotzdem auf mehrere Fertigkeiten zugreifen könnt, setzt ihr zusätzlich zwei weitere Tricks auf eure Hotkeys, die ihr ebenfalls mit euren Skillpunkten füttert. Ich weiß nicht, ob die Mechanik so gewählt wurde, um das Gameplay simpler zu gestalten oder weil es sich so besser mit einem Controller spielt, wenn der Titel auf der Xbox 360 erscheint.

Zum Ausrasten

Für ein wenig mehr Taktik im Kampfgeschehen sorgt eure Rage-Anzeige, die sich nach jedem getöteten Feind mit ein wenig Energie füllt. Jede Attacke besitzt drei zusätzliche Boni, die ihr beliebig freischaltet und mit Rage aktiviert. So versetzen die nächsten Schüsse eure Feinde in eine kurze Zeitlupe oder Eiszauber frieren nun mehrere Gegner gleichzeitig am Boden fest. Dadurch erhält jeder Angriff nicht nur eine zusätzliche Ebene, über die ihr euch Gedanken machen müsst. Auch die Auseinandersetzungen gestalten sich intensiver und balancieren die geringe Auswahl an gleichzeitig einsetzbaren Fertigkeiten wieder aus. Ihr dürft sogar festlegen, wie viel Energie in jeden Bonus einer spezifischen Attacke fließt.

Leider gibt es keine Informationen zum Level eurer Gegner.

Van Helsing läuft aber nicht alleine durch die mit Monstern überfluteten Gebiete. Als sinnvolle Weiterentwicklung des Haustieres aus Torchlight begleitet euch Lady Katarina, deren Geist für immer an eure Familie gebunden ist und daher neben euch herschwebt. Beladet sie mit unnötigen Gegenständen und schickt sie zum Verkauf zurück ins Lager. Dabei legt ihr auch die Anzahl von Tränken fest, die sie euch bei der Rückkehr mitbringen soll. Im Gegensatz zum stummen Haustier spielt sie eine zentrale Rolle als Gesprächspartner und hält die Dialoge überraschend frisch. Auch wenn ich mir besonders während der Kämpfe ein wenig mehr Kommentare gewünscht hätte, sorgt sie dennoch dafür, dass Van Helsing mehr als nur eine leere Körperhülse ist. Wirklich lachen musste ich bei den eingestreuten Witzen nicht. Ein Schmunzeln hier und da erzielte der verbale Austausch bei Anspielungen auf Fallout, Indiana Jones oder Hintergründen zum Verhältnis zwischen Van Helsing und seinem Vater trotzdem. Das Wichtigste ist jedoch: Die Dialoge fühlen sich nie deplatziert an und schonen eure Nerven.

Im Kampf selbst beauftragt ihr Katarina mit einer bestimmten Rolle. Obwohl ihr viele Einstellungen vornehmt und sie auch als Tank einsetzen dürft, gehört sie definitiv in den Fernkampf, falls ihr nicht nach wenigen Sekunden auf ihren Respawn warten möchtet. Ihre Fertigkeiten, die ihr genau wie bei Van Helsing ausbaut, sorgen meist für Statusverbesserungen eures Charakters. Ein netter Zusatz, der den Bund zwischen beiden Charakteren auch im Spiel durch das Gameplay zeigt und Katarina deutlich über den Status eines Packesels erhebt.

Passt Katarinas Verhalten euren Wünschen an.

Was The Incredible Adventures of Van Helsing von der Konkurrenz absetzt, ist ein festes Verständnis für die Spielzeit. In seinem starken Fokus auf das Wesentliche sorgt es unentwegt für Abwechslung. Trotz einer geringen Anzahl an Nebenmissionen erfüllt ihr in jeder einen unterschiedlichen Auftrag. Auf eine kurze Eskortmission folgt die Suche nach Bomben auf dem Spielfeld, die ihr richtig aufheben müsst. Anschließend sucht ihr nach einem Bossgegner, der sich einfacher besiegen lässt, wenn ihr während des Kampfes kleine Generatoren startet, um ihn durch einen Stromschlag kurzzeitig außer Gefecht zu setzen. Noch interessanter fand ich die versteckten Aufträge oder Situationen in den Arealen. Ihr findet beispielsweise eine alte Münze, die ihr an einem anderen Teil der Karte in einen Brunnen werft, woraufhin euch eine Armee von Flugbestien attackiert. Oder ihr untersucht eine seltsame Vogelscheuche, die sich plötzlich als optionaler Boss herausstellt und euch in eine alternative Welt verfrachtet.

Unerwarteter Genre-Wechsel

Im zweiten Akt, in dem ihr das alte Versteck eures Vaters besucht, verwandelt sich das Spiel schlagartig in einen Tower-Defense-Titel und erinnert stark an Orcs Must Die. Ihr sammelt während der Aufträge Teile für eure Fallen und baut diese dann auf den Pfaden um das Lager herum auf. Anschließend aktiviert ihr das gefährliche Spielzeug und werft euch mitten ins Getümmel. Damit hätte ich nun wirklich nicht gerechnet. Und obwohl die Szene im Vergleich mit anderen Tower-Defense-Spielen ein wenig mau wirkt, sorgt sie dennoch für eine überraschende Abwechslung.

Selbst optisch ändert sich einiges im Wechsel zwischen den Akten. Ihr beginnt in normalen Wäldern, steigt durch einen Sumpf sowie eine Mine und landet schließlich in einer Untergrund-Stadt, die sich als Mischung aus Gotik und Steampunk herausstellt. Gleiches gilt für die Monster. Hakt der Titel im ersten Akt Werwölfe, Soldaten oder Harpyien ab, wirft er euch danach seltsame Konstrukte aus Tier und Maschine vor die Füße. Kein Gebiet besucht ihr dabei wirklich lange und da kein Monster nach seinem Tod wieder auftaucht, reist ihr nach kompletter Erkundung der Karte weiter. Es entsteht dadurch zwar keine gigantische Welt, in der ihr euch für Wochen verliert, aber eben auch keine Copy-and-Paste-Landschaft.

Der zweite Akt unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht vom ersten.

Wesentlich schlechter sieht es da bei Technik aus. Nicht aufseiten der Optik, die sich deutlich über die Konkurrenz stellt und deren düsterer Ton perfekt zu Vorlage passt. Probleme bereitet der Titel eher beim Spielen selbst. Gut drei Mal ist mir das Spiel komplett abgeschmiert und mehrmals eingefroren. Wollt ihr zusammen mit drei Freunden in den Multiplayer einsteigen, kapituliert der Titel meist sofort und wirft euch wieder zurück in Menü. Aktuell arbeitet das Team aber fieberhaft an Patches und auch kostenloser DLC soll in Zukunft folgen.

The Incredible Adventures of Van Helsing scheint genau auf meinen Geschmack ausgerichtet zu sein. Sowohl bei Diablo 3 als auch in Torchlight war nach ein paar kurzen Anspielrunden schnell die Luft raus, da ich mich einfach vom Inhalt erschlagen fühlte. Van Helsing bietet genau die kompaktere Lösung, nach der ich gesucht hatte. Das Kampfsystem ist nicht sonderlich komplex, bietet dafür durch den Einsatz eurer Rage-Anzeige sowie die Einbindung von Katarina eine frische Alternative. Die Welt nimmt keine unüberschaubare Größe an, findet aber eine nette Balance zwischen Erkundung und Linearität. Zudem finden sich in jedem Areal versteckte Kleinigkeiten, die eure Suche lohnenswert machen.

Bei den Missionen und zusätzlichen Spielelementen könnte man natürlich ankreiden, dass kein Teil vollkommen realisiert wurde. Doch wegen des schnellen Wechsels fällt es wenig auf, da ihr kurz darauf im nächsten Kampf hockt oder bereits einer weiteren Aufgabe folgt. Einzig und allein für die technischen Probleme und den aktuell unspielbaren Multiplayer gibt es einen Schlag hinter die Ohren. Falls ihr in diesem Genre nicht unbedingt den nächsten Messias sucht, der eure Tage in Monate verwandelt und mit dem simpleren Ansatz auskommt, habt ihr nichts zu verlieren: Trotz kleinerer Probleme solltet ihr euch The Incredible Adventures of Van Helsing ansehen.

7 / 10

Schon gelesen?