The Inquisitor im Test - Selbst ein Fall für die Inquisition
Gutes Potenzial macht noch kein gutes Spiel.
Ein gutes Mystery-Spiel kann spannend sein, euch an den Bildschirm fesseln und euch ein Belohnungsgefühl verschaffen, wenn ihr den Fall am Ende knackt, all die Fäden zusammenführt. Nehmt noch eine fesselnd erzählte Geschichte dazu und ihr verbringt ein paar schöne Stunden damit. All das möchte sich The Inquisitor auch gerne auf die Fahne schreiben und das Potenzial dafür ist zweifellos da. Allerdings resultiert vorhandenes Potenzial ja nicht immer in einem guten Spiel.
Wie es der Name des Spiels schon verrät, spielt ihr hier einen Inquisitor. Sein Name ist Mordimer Madderdin und ihn verschlägt es im Jahr 1533 in die Stadt Königstein. Hier soll sich ein Vampir aufhalten und ihr macht euch in den vier Bereichen der Stadt auf die Suche nach dem vermeintlichen Blutsauger. Das Dark-Fantasy-Setting, das auf polnischen Büchern basiert, weckt in den ersten Momenten in puncto Look ein klein wenig Erinnerungen an The Witcher. Aber auch nur ein klein wenig. Und von dessen spielerischen Qualitäten ist The Inquisitor weit entfernt.
Direkt zum Start ein Quick-Time-Event, nur eines von vielen
Und ich weiß ja nicht, wie es euch geht, aber für mich stellt es nicht gerade den besten Start in ein Spiel dar, wenn man in den ersten Minuten schon eine kleine Verfolgungsjagd durch die Gassen inklusive Quick-Time-Events vor die Nase gesetzt bekommt. Wie gesagt, dabei ist die Ausgangslage eigentlich keine schlechte. Erst recht, weil man sich hier nicht an der Realität orientiert. Vielmehr haben wir es hier mit einer Welt zu tun, in der sich Jesus vom Kreuz befreit, die Ungläubigen um die Ecke gebracht und sich selbst zum König ernannt hat. Ist auf jeden Fall mal was anderes.
Aber zurück zum Quick-Time-Event. Hier zeigen sich schon die ersten Probleme, die The Inquisitor plagen. Nämlich einerseits, dass ihr überhaupt keine Chance habt, das Kind, das euch zuvor beklaut hat, einzuholen. Warum dann überhaupt eine interaktive Sequenz daraus machen? Und selbst wenn ihr sehr schnell die richtigen Tasten drückt, läuft Mordimer teils immer noch in die Baumstämme und was auch immer hinein, das ihm vor die Füße fällt. Ganz abgesehen von den teils merkwürdigen Animationen beim Laufen.
Die Technik ist es größtenteils, die euch davon abhält, vollends tiefer in diese interessante, düstere Welt einzutauchen. Hier ein paar merkwürdige Animationen, dort ein paar Bugs, all das reißt einen immer wieder raus. Von den hässlichen Gesichtern der Charaktere will ich gar nicht erst anfangen. Ich erwarte ja keine Wunder oder ein Qualitätsniveau wie bei modernen Triple-A-Blockbustern, aber hier möchte man je nach Figur am liebsten ein Kreuz vor den Bildschirm halten und "weiche, Dämon!" brüllen.
Anders gesagt: Technisch fühlt sich The Inquisitor im Spielverlauf alles andere als rund an. Es kann sogar vorkommen, dass plötzlich Teile der Welt verschwinden, nachdem ihr ein Gebäude verlasst. Und Speicherpunkte könnten zuweilen gerne regelmäßiger vorkommen, da ihr nicht manuell speichern könnt. Wenigstens zeigt euch das Spiel bei der Rückkehr zum Hauptmenü an, wie viel Zeit seit dem letzten Speichern vergangen ist. Was euch aber leider nicht hilft, wenn ihr gerade weg müsst und nicht wisst, wann der nächste Checkpoint kommt. In einem Fall waren das bei mir einmal zehn Minuten seit dem letzten Speichern und als ich später zurückkehrte, musste ich leider einige Dinge noch einmal machen.
Eine schöne Welt und weitere Probleme
Die Welt mag zwar hier und da aufgrund von Bugs verschwinden, grundsätzlich ist sie aber schön gestaltet. Es sieht zumindest besser aus als die Charaktere und die einzelnen Bereiche bringen euch visuelle Abwechslung. Ihr seht zum Beispiel schön die Kontraste zwischen dem Stadtviertel der ärmeren Leute und dem Bereich, in dem die reicheren Bevölkerungsschichten sich aufhalten. Wenn es nun wenigstens noch viele Details zu entdecken gäbe. Ihr findet zwar viele Sammelgegenstände in Form von Briefen, kleiner Nebenaufgaben und dergleichen, doch alles bleibt recht oberflächlich.
Auch in puncto Gameplay reißt The Inquisitor keine Bäume aus. Grundsätzlich haben wir es hier mit einer Mischung aus Kampf, Rätseln, Dialogen und der Unwelt zu tun. In den Kämpfen müsst ihr nicht viel mehr tun, als leichte Angriffe zu spammen und gelegentlich mal ausweichen, wirklich anspruchsvoll wird es hier nicht. Das fühlt sich dadurch dann leider nicht wirklich befriedigend, sondern eher wie eine langweilige Pflichtaufgabe an. Und selbst in manchen Kämpfen wirft das Spiel mit Quick-Time-Events um sich. Ich dachte eigentlich, wir hätten diese QTE-Zeiten weitestgehend hinter uns gelassen.
Ähnlich unterwältigend verhält es sich mit einem anderen großen Teil des Spiels, den Rätseln. Die meisten davon beschränken sich darauf, Hinweise in der Nähe zur Lösung von Problemen zu nutzen. Wirklich spannende oder gar anspruchsvolle Rätsel, bei denen ihr zum Beispiel auf gewisse Gegebenheiten in vorherigen Szenen und Dialogen achten müsst, sind leider die Ausnahme. Apropos Dialoge. Es kommt des Öfteren vor, dass ihr verschiedene Gesprächsoptionen wählen könnt, wenngleich sie nicht immer selbsterklärend sind. Ihr solltet nicht überrascht sein, wenn Mordimer plötzlich jemanden ins Jenseits befördert, mit einem Messer bedroht oder ordentlich verprügelt, obwohl ihr bei der gewählten Gesprächsoption nicht den Eindruck hattet, als würde es derart eskalieren. Dahingehend mangelt es an Klarheit, wodurch die Auswahl der Dialogoptionen mitunter zum Glücksspiel verkommt. Einfach Augen zu und schauen, was dabei herauskommt. Hinweise oder euer Ziel seht ihr übrigens, indem ihr betet und damit eine Art Assassin's-Creed-ähnliches Adlerauge aktiviert. Dadurch verdunkelt sich die Umgebung und wichtige Dinge werden leuchtend hervorgehoben.
Blickt auf die Schattenseite
Interessanter – zumindest im Ansatz – ist die Unwelt. Auf diese Welt greift ihr zurück, wenn euch die Hinweise in der echten Welt nicht mehr ausreichen. Die Unwelt ist quasi ein Spiegelbild der Menschheit, wird von ihren Gedanken und Emotionen genährt. Und die sind nicht unbedingt schön. Jedenfalls begebt ihr euch dort hin, wenn sonst nichts mehr hilft, lauft zu verschiedenen Stellen und nehmt dort die entscheidenden Informationen auf. Womit man es sich im Grunde schon relativ einfach macht, denn ihr findet dadurch ja letzten Endes immer die passenden und entscheidenden Hinweise. Sie werden euch dort auf dem Servierteller präsentiert, ihr müsst sie lediglich einsammeln.
Mit der Zeit kommen hier einzelne Hindernisse und auch merkwürdige Kreaturen hinzu, denen ihr dabei aus dem Weg gehen müsst. Und ihr solltet darauf achten, dass euch nicht das Licht ausgeht, denn dann gehen Mordimer die Lichter aus. Zum Glück gibt’s unterwegs immer wieder Lichtquellen, die zugleich als Speicherpunkte dienen. Ihr braucht sie jedoch im Endeffekt nur selten, denn für die Unwelt gilt im Endeffekt das Gleiche wie für den Rest des Spiels: Es ist schlicht keine Herausforderung.
The Inquisitor - Fazit
Es ist ein Problem, das sich durchs ganze Spiel zieht. Man kann hier eigentlich nicht nur einen einzelnen Bereich herauspicken und sagen, er hätte noch mehr Zeit gebraucht. Das ganze Spiel hätte noch mehr Zeit benötigt. Wie gesagt, die guten Ansätze stecken drin und es gibt Momente, in denen The Inquisitor zeigt, was es sein könnte. Wenn es mehr Zeit gehabt hätte. Und mehr Budget. Beides ist nicht der Fall und so fällt es mir schwer, das Spiel in irgendeiner Form zu empfehlen. Nicht, wenn man die Masse an Spielen bedenkt, die heutzutage auf uns einprasselt. Darin versinkt The Inquisitor völlig. Es hätte verdient, dass die Entwickler noch eine Weile daran arbeiten, es verbessern. Wenn das geschieht, vielleicht ist es dann einen Blick wert. Bis dahin lasst ihr die Inquisition lieber an euch vorbeiziehen.
The Inquisitor | |
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PRO | CONTRA |
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Ihr könnt The Inquisitor auf Steam, im PlayStation Store sowie im Xbox Store kaufen.