The Last Guardian

Das konnte man in den neu gezeigten Videos auch deutlich sehen: Wo bisher Team-Ico-typisch eher nachdenkliche, dramatische und düster-dräuend wirkende Szenen präsentiert wurden, erwecken die neuen Szenen einen warmen, freundlichen und verspielten Eindruck. Wir sehen, wie der namenlose Junge zu aufgeweckter, fröhlicher Musik mit der Vogelkatze spielt, sich leise anschleicht, um das Tier aufzuwecken und es vorsichtig füttert. Die Interaktion und das langsam wachsende Vertrauen zwischen den beiden Protagonisten sind neben den üblichen Videospiel-Tätigkeiten wie Schleichen, Kämpfen oder Balancieren das Herzstück von The Last Guardian.

Die besondere Lebendigkeit von The Last Guardian kommt vor allem von den wundervollen Animationen des Jungen und seines Begleiters. Von den extrem niedlichen, oft an ein junges Kätzchen erinnernden Bewegungen der Vogelkatze haben wir euch schon in unserer ersten Vorschau vor einiger Zeit erzählt, dieses Mal haben vor allem die Animationen des Jungen beeindruckt. Es sind die kleinen, scheinbar unnötigen Details, die das Spiel mit Leben füllen.

Steht ihr beispielsweise in der Nähe einer Wand, dann wird sich der Junge einfach an diese Wand lehnen, ohne dass ihr etwas dafür tun müsst. Ein wenig erinnert dieser Ansatz an WayForward Entertainments wunderschönes Wii-Spiel A Boy and his Blob – auch hier wurde eine komplette Taste nur dafür verwendet, den Blob zu umarmen. Direkten spielerischen Nutzen hatte das nicht, machte das Spiel aber gleich nochmal 100% sympathischer.

Aber trotzdem wird The Last Guardian natürlich jede Menge dramatische und actionreiche Sequenzen bieten. Im Trailer sehen wir, wie der Junge in schwindelerregender Höhe über bedrohlich schwankende Holzbalken balanciert und wie das Vogelkätzchen gegen bewaffnete Wächter kämpft, die ihm mit ihren langen Lanzen ordentlich zusetzen.

Das liest sich jetzt alles schon ganz schön spannend und interessant. Es gibt aber leider doch einen Wermutstropfen: Es wird noch ein gutes Jahr ins Land ziehen, bis wir endlich Hand an The Last Guardian anlegen können. Auch wenn Ueda-san bekräftigt, das Team sei mittlerweile in den vollen Crunch-Modus gegangen, um die Entwicklung jetzt zügig zum Ende zu bringen, so liegt dennoch einiges an Arbeit vor den Machern und eine lange Wartezeit vor uns.

Aber Fans von Team Ico müssen bis dahin nicht darben, sondern können demnächst in herrlich aufbereiteten Erinnerungen schwelgen: Die auf der Tokyo Game Show endlich angekündigten HD-Versionen der Kultspiele Ico und Shadow of the Colossus eignen sich perfekt, um die lange Wartezeit bis zum Release von The Last Guardian zu überbrücken, und dank ihres tollen Artdesigns, hoher Auflösung und Grafiken im 16:9-Format werden die Klassiker auch auf der PS3 richtig gut aussehen. Ein Release im Doppelpack á la God of War ist für das Frühjahr 2011 anvisiert.

In den letzten Tagen wurden wieder einmal Unkenrufe laut, die japanische Spieleindustrie sei am Ende, wie jedes Jahr ging auch 2010 wieder Mega-Man-Erfinder Keiji Inafune mit seinen Landsleuten hart ins Gericht. Dabei reicht nur ein Blick auf The Last Guardian, um zu erkennen, dass man auch im Jahre 2011 darauf zählen kann, dass Japans Topentwickler die Spieler ebenso mit spannenden wie mit wunderschönen und anspruchsvollen Titeln zu versorgen wissen.

Im Prinzip kann bei The Last Guardian eigentlich nichts mehr schief gehen. Bereits mit seinen letzten beiden Titeln hat Team Ico eindrucksvoll bewiesen, zu was Fumita Ueda und sein Team in der Lage sind. Bis heute werden bei (müßigen) Diskussionen, ob Videospiele denn nun Kunst sind, zuallererst Ico und Shadow of the Colossus angeführt. Und mit The Last Guardian werden nicht nur die Befürworter der Kunst-These eine schlagkräftiges, neues Argument kriegen, vor allem wird The Last Guardian im nächsten Winter die Spieler weltweit verzaubern und sie alle gemeinsam vor die Konsole fesseln. Und jetzt drückt bitte gemeinsam mit mir die Daumen, dass Ueda-san und seine Mitstreiter dem Jungen und seinem Begleiter tatsächlich einmal ein Happy End gönnen. Dieses Tier darf nicht sterben.