The Legend of Zelda: Spirit Tracks
Reise der Entdeckungen
Da stand er auf einmal. Nur wenige Pixel groß, seine Lebensenergie in drei Herzen abgebildet, nicht mal ein Schwert in der Hand, völlig schutzlos der feindlich gesinnten Fauna und Flora ausgeliefert. Das Jahr war 1986 und der Name des Helden war Link, das wusste man aus der Anleitung. Seine Aufgabe war es, eine Prinzessin namens Zelda vor einem angeblichen Prinzen der Dunkelheit namens Gannon (ja, damals schrieb sich der alte Fiesling noch mit zwei „n“) zu retten. Soviel war dem auf krudes Englisch übersetzten Vorspann-Text zu entnehmen. Und dann standen die meisten Spieler erst einmal da wie der sprichwörtliche Ochs vorm Berg.
Bei Kollege Mario war klar, was Sache ist. Es galt, die 32 Levels von Super Mario Bros. der Reihe nach zu meistern, um das Spiel zu beenden. Aber bei The Legend of Zelda? Bereits der erste Bildschirm bot drei Ausgänge und eine Höhle! Wo soll man denn da nur anfangen? Doch die Spieler nahmen die Herausforderung an und begannen, Links Welt Hyrule akribisch zu durchforsten, eine detaillierte Karte anzufertigen und langsam, aber sicher fanden sie sich besser und besser im verwinkelten Zelda-Universum zurecht. Sie lernten, die Freiheit, die ihnen die Designer des protzig-goldenen Moduls zugestanden, zu schätzen und fanden alle mit der Zeit ihren eigenen Weg zum großen Finale gegen Gannon.
Ein cleverer Spieler konnte noch vor dem Betreten des ersten Labyrinths sein Schwert und seine Rüstung verbessern und zwei zusätzliche Herzcontainer finden. Eine solche Freiheit hatte man auf Konsole bis dato noch nicht erlebt und schnell war eben diese Freiheit, eine große Welt voller Geheimnisse zu erforschen, ohne dabei permanent an der Hand gehalten zu werden, das Markenzeichen der Zelda-Reihe.
Ein Markenzeichen, das Nintendo über die Jahre mehr und mehr beschnitt, um den Spieler letztendlich beim ansonsten eigentlich exzellenten Twilight Princess fast an die Hand zu nehmen. Tatsächlich wurde Link erst nach guten fünf Stunden Einführung und Tutorials auf einen kleinen, abgesperrten Teil der eigentlich Welt losgelassen. Jede Extrawaffe und jedes neue Gameplay-Element wurde langwierig erklärt, anstatt dem Spieler einfach zu sagen, „Probiers aus, hab Spaß“. Und dadurch fühlte sich das Mammut-Abenteuer letzten Endes trotz aller ohne jeden Zweifel vorhandenen Qualitäten doch etwas behäbig an.
Um es vorweg zu nehmen: Auch das neue The Legend of Zelda: Spirit Tracks ist nicht die glorreiche Rückkehr zur alten Freiheit ohne Handreichungen und spielerischer Stützräder, es ist aber ein vorsichtiger und doch gelungener Schritt zurück zu etwas mehr spielerischer Freiheit im Vergleich zu den letzten direkten Vorgängern. Eigentlich ironisch, dass ausgerechnet die Zelda-Episode mit dem bislang restriktivsten Reisesystem diesen leichten Vorstoß in Richtung spielerischer Freiheit wagt. Ja, auch in Spirit Tracks dauert es eine Weile, bis Link erstmals ein Schwert in Händen hält und auch in Spirit Tracks ist die Progression von Dungeon zu Dungeon, von Ereignis zu Ereignis äußerst linear.
Aber dann sind da immer wieder die Momente, in denen Nintendos alte Gameplay-Philosophie aufblitzt: Im Verlauf des Spiels findet ihr so manchen Nebeneffekt klassischer Ausrüstungsteile eher nebenbei heraus, ohne dass euch das Spiel die exakte Verwendung explizit erklärt. Beispielsweise, dass der allseits bekannte Bumerang nun auch durch Eis- und Feuerfackeln geworfen werden kann, um Oberflächen zu vereisen beziehungsweise gefrorene zu schmelzen. Und auf einmal kommt da wieder echte Entdeckerfreude auf, die sich meist direkt in einem kräftigen Motivationsschub niederschlägt. Überhaupt wird Entdeckern hier einiges geboten, ist Spirit Tracks in Sachen Umfang sehr, sehr üppig ausgestattet.