The Lord of the Rings: Gollum ist, wenn selbst Gandalf nicht dein Freund ist
Schatzsuche à la Tolkien.
Nun war The Lord of the Rings: Gollum also zum ersten Mal spielbar – im Rahmen der Daedalic Days, bei denen die Entwickler ihr Spiel nicht nur präsentierten, sondern mir und anderen Besuchern auch zum ersten Mal das Gamepad in die Hand gaben. Durch zwei Abschnitte habe ich Smeagol dabei gesteuert: in finsteren Höhlen sowie im ähnlich felsigen, aber mit kunstvollen Statuen und Türen verzierten Reich der Waldelben. Eigentlich sollten sich diese Zeilen deshalb hauptsächlich darum drehen, was euch bei Gollums Suche nach seinem Ring spielerisch erwartet…
… auch wenn das Abenteuer vor allem mit seiner Erzählung punkten will. Daedalic lag es nämlich besonders am Herzen, Tolkiens Büchern und Notizen gerecht zu werden, sprich sein Werk im Sinne des Autors zu erweitern, um gleichzeitig einen Einblick in Geschehnisse zu bieten, die bislang im Verborgenen lagen. So viel über Gollum auch bekannt ist, so wenig weiß man schließlich im Detail, was genau ihm widerfahren ist, nachdem er den Ring an Bilbo verlor. Um die Suche nach seinem „Schatz“, einige Jahre bevor sich die Gefährten auf den Weg machen, geht es deshalb in diesem Abenteuer.
Was genau er dabei erlebt, das kann ich euch nach dem relativ kurzen Anspielen noch gar nicht sagen. Einige Filmszenen vermitteln zwar einen ersten Einblick, aber das waren relativ kurze Momente aus sehr verschiedenen Abschnitten, die ich auch deshalb nicht präzise einordnen kann, weil ich die Bücher zuletzt lange vor Jacksons Filmen gelesen habe.
Doch ein was macht mich trotzdem neugierig auf die Erzählung: Wenn man sieht, wie Gollum nicht nur von den Nazgul gefoltert, sondern auch von Gandalf zumindest harsch verhört wird, wohingegen ihm ein Bewohner Mordors, wo er die erste Hälfte des Spiels verbringt, wie ein strenger, aber auch milder Mentor behandelt, dann existieren Licht und Dunkelheit nicht nur in der Seele von Gollum, sondern immer auch in der Welt um ihn herum. Darin könnte die große Stärke dieser Geschichte liegen.
Umso interessanter ist es daher, dass man gelegentlich wählt, ob Gollums ursprüngliche Persönlichkeit Smeagol eher entschuldigend und sanftmütig antwortet oder ob man Gollums fiese Seite herauskehren will. Inwiefern das den Verlauf einer grundsätzlich vorbestimmten Geschichte beeinflussen kann, bleibt natürlich abzuwarten.
Und wie ist es nun, das eigentliche Spiel? Um ganz ehrlich zu sein, bin ich in dieser Hinsicht zumindest noch nicht begeistert. Was nichts damit zu tun hat, dass Gollum aus technischer Sicht wohl keine Bäume ausreißt. Im Gegenzug sind die Kulissen nämlich sehr sorgfältig Tolkiens Ideen nachempfunden. Außerdem sprechen die Elben zum großen Teil zwar Englisch beziehungsweise Deutsch, sodass man sie leicht versteht. Manche Dialoge hört man aber in ihrer tatsächlichen Landessprache.
Meine fehlende Begeisterung rührt eher daher, dass ich das Klettern und Schleichen sowohl von der Herausforderung als auch der Spieltiefe her nicht besonders unterhaltsam fand. Grundsätzlich finde ich es dabei sehr sinnvoll, dass der schmächtige Gollum meist ungesehen an Elben, Orks und anderen Wesen vorbeikommen muss, wenn er etwa zu fliehen versucht und Wachen aber nicht bekämpfen kann.
Anstatt zu kämpfen wirft man deshalb Steine oder andere Gegenstände, die Gollum aufliest, und huscht an den Wachen vorbei, wenn sie gerade woanders hin schauen. Er versteckt sich außerdem unter Tischen oder im hohen Gras, um nicht gesehen zu werden. Das ist allerdings ein relativ starres Umlaufen sehr vorhersehbarer Patrouille-Routen – Stealth-Action Light, wenn man so will. Auch wenn man hier keine „Action“ sieht. Die einzelnen Pfade sind zudem recht schmal und das Verhalten der Wachen nicht allzu clever, weshalb man ihnen selbst dann schnell entkommt, wenn sie den Eindringling entdecken.
Immerhin kann Gollum hin und wieder verschiedene Wege gehen, wobei die Pfade mitunter durch Gewässer führen, in denen er ungesehen tauchen kann, oder über Passagen, an denen er an Felsen entlang klettert. Dieses Klettern macht auch beim Schleichen einen wichtigen Teil des Spiels aus. Zumindest musste ich mindestens einmal lange über Ranken kraxeln, an Spalten entlang hangeln und in großer Höhe von einem Felsen zum nächsten springen. Wer Tomb Raider oder Uncharted kennt, weiß ziemlich genau, was Smeagol dort erwartet.
Gefallen hat mir, dass mögliche Routen, Abzweigungen und andere Elemente stets so gut erkennbar waren, dass ich die optionale Hilfe – eine Art „Röntgenblick“, mit dem Gollum Wachen und Wege angezeigt werden – nicht nutzen musste. Ich bin kein Freund davon, anstatt in der Umgebung zu versinken ein HUD zu lesen. Umso schöner, dass das hier zwar vorhanden, aber nicht nötig ist.
Wie gesagt: Spielerisch erwarte ich mit Lord of the Rings: Gollum kein großes Abenteuer. Dazu ist das Vorbeilaufen an den Wachen zu überschaubar und das Klettern im Grunde nur unterhaltsames Sightseeing – zumindest in den Passagen, die bei Daedalic spielbar waren. Gespannt bin ich allerdings auf die Geschichte, denn von der verspreche ich mir einen interessanten Einblick nicht nur in Gollums Gefühlswelt, sondern auch in bisher unbekannte Tiefen und Höhen scheinbar bekannter sowie gänzlich neuer Charaktere und Wesen. Und immerhin soll die Suche nach dem Ring am 25. Mai nun auch endlich starten.