The Rogue Prince of Persia: Zu Dead Cells oder Hades 2 fehlt ein Stück - aber der Start ist vielversprechend
Ein Hunnenelend!
Dieser Prinz bringt mich noch ins Grab! Gut… oder vielmehr: ich ihn. Und zwar wieder und wieder und wieder. Logisch – das gehört ja zum Prinzip. Immerhin macht The Rogue Prince of Persia seinem Namen alle Ehre und ist genau wie Dead Cells ein Roguelike, bei dem man häufig scheitern “soll”, bis man den Dreh irgendwann raus hat und mit immer besserer Ausrüstung immer weiter durchs Spiel kommt.
Dead Cells… Ich hätte zum Vergleich auch das genauso veranlagte und ebenfalls gerade in den Early Access gestartete Hades 2 erwähnen können. Allerdings ist Dead Cells quasi der Blutsverwandte von The Rogue Prince of Persia, weil es von dem Team kommt, das den geistigen Vorgänger zwar nicht entwickelt hat, sich seit einiger Zeit aber um die Pflege sowie Erweiterungen davon kümmert.
Dessen Idee war es nun, Prince of Persia (das Original, nicht die späteren 3D-Fortsetzungen) mit jener Formel neues Leben einzuhauchen, die Dead Cells zu einem der besten Roguelikes überhaupt gemacht hat. Denn wie der Prinz in seinem allerersten Abenteuer über Hindernisse sprang und sich auf Plattformen hoch zog, war das damals für viele Plattformer wegweisend.
Und so spielt die Akrobatik auch in The Rogue Prince of Persia eine große Rolle – eine viel größere als in den erwähnten Dead Cells oder Hades 2. Immerhin kann der Prinz nicht nur klettern, ausweichen und über Gegner hinweg turnen, sondern auch an Wänden entlang laufen. Wie das funktioniert? Ganz einfach: Hält man vor Wand die entsprechende Taste gedrückt, kann man sich in eine der vier Richtungen bewegen.
Dass das auch mitten im Sprung funktioniert und man dadurch ferne Plattformen erreicht, versteht sich von selbst. Dass man damit außerdem großen Angriffen aus dem Weg geht, vermutlich ebenso. Und ihr habt natürlich Recht: Diesen Kniff haben sich die Entwickler nicht vom Original, sondern von den Serienteilen ab The Sands of Time abgeschaut…
… wie in gewisser Weise auch den Soundtrack, der im Menü schon wie ein exotisch angehauchter Popsong klingt, um orientalische Klänge mit modernen Tönen und dem Knistern einer Schallplatte zu vereinen. Ich bin kein allzu großer Fan der zuletzt meist als jugendliches Abenteuer inszenierten Serie. Rein musikalisch gefällt mir das hier aber ausgesprochen gut. Hören kann man das übrigens auf so ziemlich allen großen Streaming-Plattformen.
Gesprochen wird hingegen nicht und an der Stelle merkt man, dass The Rogue Prince of Persia eine Klasse unter der von Hades 2 liegt: Seine Geschichte und Charaktere sind zumindest in den ersten Stunden bei weitem nicht so interessant wie sie es bei Supergiant von Beginn an sind. Es hat natürlich etwas für sich, dass die Hunnen nur deshalb erfolgreich in Persien einfallen, weil der Prinz einen Fehler gemacht hat.
Wenn er danach Kontakt zu den verstreuten Vertrauten seiner Familie und anderen Bekannten wiederherstellt, erschöpft sich das aber meist in recht oberflächlichen Erklärungen. Einer stimmungsvollen Erzählung folgt man da nicht und ich will zudem anmerken, dass mir sowohl die edle Grafik in Hades 2 als auch die schicke Pixelkunst in Dead Cells besser gefällt als die in einzelnen Bildern sehr schicken, gleichzeitig aber gefühlt überschaubaren Animationen des Prinzen.
Ich will das nicht zu stark kritisieren, denn zum einen ist das Geschmackssache und zum anderen befindet sich zum momentanen Zeitpunkt nur etwa die Hälfte aller Inhalte in Ubisofts Early-Access-Titel. Da kommt also noch einiges hinzu. Auch die Abwechslung in den prozedural erstellten Levels nimmt dann hoffentlich noch zu. Und das Wichtigste ist ohnehin, dass mir sowohl das Klettern als auch der Kampf gegen die Hunnen schon jetzt viel Spaß machen.
Im Gegensatz zu Dead Cells setzt The Rogue Prince of Persia dabei auf etwas taktischer geprägte Action, da man nicht nur angreifen und ausweichen kann, sondern auch über Gegner hinwegspringen und natürlich an der Wand entlang kraxeln. Zusätzlich ist der Einsatz der zweiten Waffe nicht „kostenlos“, sondern benötigt Energie, die man durch erfolgreiche Angriffe zunächst aufladen muss. Ach, und meine Lieblingsaktion: Hunnen mit einem beherzten Kick in zermalmende Zahnräder, tödliche Spieße oder tiefe Abgründe treten.
Kleiner Haken: So cool das ist, so richtig rund fühlt es sich noch nicht an. Was hauptsächlich daran liegt, dass man die Ausholbewegung mancher Feinde im Getümmel gar nicht sieht, der Prinz aber recht schnell Lebensenergie verliert. Abgesehen davon empfinde ich es durchaus als Herausforderung, die in gewisser Weise ähnlichen Bewegungsoptionen Sprung, Ausweichschritt und Wandlauf so unter einen Hut zu bekommen, dass die Action immer flüssig von der Hand geht. Vielleicht stelle ich mich auch schlicht zu doof an. Tatsächlich hat es aber eine ganze Weile gedauert, bis ich nicht nur irgendwie ausweichen konnte, sondern im anspruchsvollen Bosskampf (zwei sind bisher im Spiel) auch stets die richtige Aktion ausgeführt habe.
Etwas besser gefallen mir dafür schon jetzt spezielle Räume, in denen am Ende komplexer Hüpf-Kletter-Sprung-Passagen fette Beutekisten warten. Die sind nämlich nicht von ohne, verlangen mitunter gute Reflexe und bieten dafür auch anständige Belohnungen. Gerade das vertikale Kraxeln spielt dort selbstverständlich eine große Rolle und es ist klasse, wenn man fehlerfrei große Höhen erreicht oder den Prinzen an engen Zacken vorbei steuert.
Den Aufbau übernimmt Evil Empire ja fast originalgetreu von Dead Cells, denn während der Weg zu einem oder mehreren Ausgängen (man wird auch hier meist die Wahl zwischen verschiedenen Wegen haben), führen zahlreiche Türen zu versteckten Schatztruhen, Händlern oder solchen Herausforderungen.
Was man dort so findet oder kauft? Bessere Waffen natürlich sowie… ach, ja: Die Fallen aus Dead Space gibt es nicht. An ihrer Stelle stehen vier Slots, in die man in beliebiger Ordnung passive Fähigkeiten steckt, mit denen der Prinz nach bestimmten Aktionen Gesundheit wiederherstellt, Giftwolken auslöst oder nach dem ersten Tod nicht gleich von vorn beginnen muss.
Und in denen steckt sogar ein besonderer Kniff. Viele heben nämlich einige der neben ihnen liegenden Slots ein Level an, wodurch die dort eingesetzten Fähigkeiten noch stärker werden. Man muss diese Upgrades also möglichst clever verteilen, zumal man sie nach dem Einsetzen nicht mehr verschieben kann.
Ich mag solche vertrackten Systeme zur Charakterentwicklung und The Rogue Prince of Persia bedient das ganz hervorragend. Vielleicht gelingt es den Entwicklern noch, das System etwas intuitiver darzustellen, denn ich musste mich recht lange hineindenken, bevor ich den Dreh wirklich raushatte. Das ist allerdings eher ein Wunsch am Rande, denn grundsätzlich gefällt mir dieses kleine Knobeln wie gesagt sehr gut.
Ob ich euch The Rogue Prince of Persia im Early Access also schon empfehlen kann? Ich würde es mit leichter Vorsicht tun. Denn da die Hälfte aller Inhalte erst noch dazukommt, wirkt das Abenteuer aus den vielen tausend Nächten noch nicht ganz ausgereift. Wer sich gerne durch Roguelikes schnetzelt und dem akrobatischen Ansatz (wo gibt es schon einen Wandlauf in zwei Dimensionen?) etwas abgewinnen kann, der darf den Trip ruhig wagen. Ja, Hades 2 hatte vom Start weg mehr drauf. Die Action dort ist satter, die Grafik schöner und die Geschichte um viele interessante Charaktere reicher. Nicht zuletzt lässt die Performance auf dem Steam Deck derzeit noch zu wünschen übrig. Gleichzeitig bin ich in diesem Persien aber ähnlich motiviert unterwegs, um das Land von ebenso fiesen wie magisch versierten Hunnen zu befreien und bin gespannt, wohin die Reise des Prinzen geht.