The Secret of Monkey Island: Special Edition
Benutze hübsche Grafik auf Klassiker
Liebe auf den ersten Blick geht anders: Irgendetwas stimmte nicht, an den ersten Bildern der Monkey Island: Special Edition und ich war mir ziemlich sicher, dass es Guybrush selbst war. Der vielleicht beliebteste Hauptcharakter eines gesamten Genres sah in der Neuauflage des vielleicht wichtigsten Mitgliedes der Spiele-Familie der Adventures irgendwie nicht "richtig" aus (was er in meinen Augen übrigens auch in Telltales Monkey Island nicht tut). Mittlerweile hab ich MI SE durch. Und ich kann nicht sagen, dass ich im weiteren Verlauf des Spiels noch allzu viel darüber nachgedacht hätte.
Während andere Protagonisten mit ähnlich schwerem anfänglichem Stand sich im Laufe mehrerer Spielstunden in einem Zerrspiel um meine Akzeptanz aufreiben, ließ mich in Monkey Island: Special Edition schon der zweite Bildschirm jede Skepsis vergessen. "Tief in der Karibik. Die Insel Melee" liegen die Lettern im 4:3-Format über dem pixeligen 256-farbigen Panorama des nächtlichen karibischen Eilands, auf dem man fast 50 Prozent der Spielzeit verbringt. Dann die Transformation. Fast wie von Zauberhand weitet sich das Bild, schärft sich die Auflösung und explodieren Farben und Musik ins neue Jahrtausend, während der Titel des Spiels über der Insel erscheint.
Die Veränderung ist so nahtlos, unmerklich und doch durch und durch beachtlich. Das vorher noch blauschwarz gepunktete Wasser umspielt nun sanft die Insel wie lebendige Pinselstriche. Seine Herkunft aus der Effekte-Kiste verrät es nur durch sein körperloses Fließen, ohne unangenehm aus der handgezeichneten Kulisse herauszustechen. Und dann die Details. In einem vormals leeren Hafen treiben nun Schiffe vor sich hin, die Wolken schlagen Lucas-Arts-typische Kringel und die Flecken der Insel, die damals die Fantasie ausmalen musste, nehmen nun wie von selbst Form an. Anders als bei Verfilmungen von Büchern schaden diese Eingriffe in die Vorstellungskraft des Spielers nicht, sie bereichern die Geschichte.
Fängt man dann einmal zu spielen an, wundert man sich, wie sehr die handgemalten Orte, NPCs und Items des bis zu 1080i auflösenden Abenteuers den beinahe 20 Jahre alten Bildern ähneln, die sich so im Kopf jener eingebrannt haben, die alt genug sind, dabei gewesen zu sein - beziehungsweise die noch nicht die Demenz ereilt hat. Fast alles sieht noch so aus, wie man es in Erinnerung hat, auf eine treue, fast ergebene Art. Ich weiß es, weil ich in jedem der Bildschirme, die bei horizontalen Bewegungen nun endlich nicht mehr ruckeln wie ein Roboter mit einem epileptischen Anfall, die Back-Taste gedrückt habe.
Mit der morpht man das Bild nämlich genauso stufenlos wie im Eingangsbildschirm zwischen Heute und Gestern hin und her, wodurch die Liebe der Zeichner zur Vorlage nur noch deutlicher wird. Jeden Ort erkennt man auf Anhieb wieder, alles ist in Sachen Farbgebung und Raumaufteilung absolut identisch und fast jeder Stein an seinem Platz. Besser noch: Die Änderungen, die das Team dann doch vorgenommen hat, sind in sich so schlüssig, dass man sich beim Wechsel von der neuen zur alten Illustration wundert, dass einige Details im Original noch gar nicht da waren.
Etwa der traurige Baum vor der Scumm-Bar, von dem vereinzelte Blätter ihrem kompostierenden Ende entgegen segeln. Die Schiffe dahinter, in deren Kajüten noch Licht brennt. Oder die Wolken, die die Dächer des Dorfes streicheln. Diese Dinge rütteln nicht an der Welt, die man kennt, füllen sie aber mit einer Portion Leben, die dem Spiel nur gut tut.