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The Sinking City hat seine Atmosphäre bestens im Griff

Jetzt muss sich zeigen, wie sich Action und Ermittlungsarbeit vertragen.

Man musste schon sehr Horror-müde sein, wenn man nach dem Kurzfilm-artigen Trailer zu The Sinking City nicht unmenschliche Lust auf dieses Spiel bekam: Eine langsam im Schlick aus Fischresten und Meerwasser krepierende Stadt, betont langsames Tempo und (Alb-)Traumlogik-Spielereien versprachen, jeden Moment könne alles passieren - Frogwares schien ein wenig höher greifen zu wollen als die meisten anderen an HP Lovecrafts Werke angelehnten Spiele.

Ok, so wie der Trailer endete, hatte ich den vorübergehenden, irrtümlichen Eindruck gewonnen, bei dem eigentlichen Gameplay könne es sich um einen Rogue-artigen Ablauf handeln. Aber unterm Strich repräsentiert der Film das Spiel doch ziemlich gut. Werft hier drunter vielleicht einen kurzen Blick drauf. Sehr unterhaltsam.

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Mittlerweile konnte ich gut zwei Stunden aus den ersten beiden Story Missionen von The Sinking City anspielen und muss sagen, dass man bei diesen Ambitionen nur anerkennend nicken kann. Frogwares vereint das Adventure-artige Ermitteln an loser Leine, das man aus seiner alles andere als schlechten Sherlock-Holmes-Reihe kennt, mit einer frei begehbaren Stadt, die es sich offenkundig zur Mission gemacht hat, das Gegenteil von "in Schönheit sterben" zu definieren. Wagenladungen an Fischinnereien, Teile von Krustentieren und angeknabberte Meeresjäger dominieren das von Seepocken und Rost überzogene Straßenbild mit seinen Reihen nicht wind-, sondern seeschiefer Wohnhäuser.

Durch die Straßen ziehen ziellos Leute, tun so, als würde hier nicht längst alles nach tot und Verwesung riechen, wie als Warnung, was mit denen passiert, die bleiben. Die Atmosphäre ist so dicht, fast meint man selbst, es rieche ein bisschen nach Fisch. Gerade in Anbetracht der Tatsache, dass Frogwares viel von seinem genussvoll eingeweichten Städtchen Oakmont prozeduralen Generierungsroutinen überließ und nur dort händisch eingriff, wo künstlerische Kniffe nötig schienen, sieht das hier bisher wirklich ausgezeichnet aus. Ich will nicht behaupten, hier schon besonders viele Ecken mit großem Wiedererkennungswert gesehen zu haben. Aber es wirkt organisch und wirklich wie eine unaufgeregte amerikanische Stadt in den 1920ern, die dem buchstäblichen Untergang gewidmet ist.

Stimmung wird in Oakmont groß geschrieben.

Wie sollte es anders sein, verschlägt es einen von Visionen geplagten Privatdetektiv namens Reed nach Oakmont, mit nichts als einem Koffer voller eigener Dämonen. Schon bald nach seiner Ankunft soll er einem lokalen Unternehmer dabei helfen, seinen Sohn ausfindig zu machen. Der war angeblich besinnungslos von einer Expedition zurückgekehrt, die als verschollen galt. Und weil diese Expedition dem Ursprung der Visionen und des seltsamen Verhaltens der Bewohner und Besucher Oakmonts gewidmet war, hilft Reed natürlich gern.

Folglich ist auch Sinking Citys Brot und Butter die Detektivarbeit nach Sherlock-Muster. Ihr untersucht Tatorte nach Hinweisen, dreht und wendet Indizien vor eurer Nase und sprecht mit Menschen - und ... nun ja ... Leuten, die mal Menschen waren. Weitere Anhaltspunkte erhaltet ihr durch Reeds übersinnliche Fähigkeit, vergangene Ereignisse an einem Tatort zu sehen. Ihr lauft geisterhafte Symbole in der Umgebung ab, seht die Schatten einer Erinnerung und puzzelt sie dann simpel in die richtige Reihenfolge, was wiederum neue Anhaltspunkte aufwirft.

Details wie diese Wesen füllen die Stadt mit ... na ja, 'Leben' ist das falsche Wort. Streicheln erlaubt, übrigens!

Die kombiniert ihr in eurem "Mind Palace" - danke erneut, Sherlock - miteinander, als wären es Gegenstände in einem Point and Click. Wenn beide Anhaltspunkte zusammenpassen, ergibt das eine Schlussfolgerung, die euch wieder auf die nächste Fährte durch die Stadt schickt. Spannend daran ist besonders, dass Sinking City zwar nicht schwierig ist - zumindest bisher - aber viel euch überlässt und deshalb euren Blick auf die Stadt nicht mit einem Dickicht an Kartensymbolen und Kompasspfeilen verhängt.


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Ihr müsst häufig selbst auf die Karte gucken, aus den Hinweisen schlussfolgern, welcher Ort gemeint ist, und dürft dann selbst eine Zielmarkierung setzen. Mir gefällt das ausgezeichnet, weil es meinen Blick für die Welt schärft und ich mich eingehender mit ihrer Geographie auseinandersetzen muss, anstatt nur blind einem Symbol hinterherzurennen. Ich erkunde wirklich, anstatt erkunden zu lassen. Breath of the Wild hat vor zwei Jahren gezeigt, wie viel beziehungsweise wenig Spielerführung es eigentlich braucht - und wie Spiele Kapital daraus schlagen können, dem User ein wenig Vertrauen vorzuschießen.

Die Animationen halten nicht mit 'den Großen' mit. Trotzdem sind die Gesichter wunderbar plastisch gelungen.

Zwiespältig stehe ich jedoch dem Kampfsystem gegenüber. Ich wünschte, Frogwares hätte der Versuchung widerstanden, die Schießereien zu integrieren, denn damit die in diesem Spiel funktionieren, musste wiederum ein Crafting- und Sammelsystem her, mit dem man sich neue Munition bastelt. So wirklich trägt das bisher nicht zum Spiel bei, auch weil sich die Kämpfe exakt so gut steuern, wie man es von einem Spezialisten für redselige Adventures erwarten würde - ok, vielleicht eine Idee besser, aber nicht wirklich gut. Mir haben die Kämpfe mit den periodisch in Erscheinung tretenden semiaquatischen Mutanten jedenfalls weniger Spaß bereitet, als ich sonst in diesem Spiel hatte. Zweckmäßig, sicher. Aber "Benutze Waffe mit undefinierbares Seebiest" wäre mir lieber gewesen.

Zudem mal wieder eine alte Regel voll durchschlägt: Was ich über den Haufen schießen kann, macht mir keine Angst, egal, wie eklig es designt wurde (und einige Viecher schlagen sich hier deutlich besser als andere). Und dann kommt auch noch Frust über verschossene Munition dazu, eben weil die so knapp ist. Ich hoffe, entweder werde ich besser oder die Kämpfe. Die "befallenen" Zonen der Stadt, die man optional mit Waffengewalt säubern kann, übten auf mich ergo bisher keinerlei Anziehungskraft aus und bei meinen Ermittlungen ohne großartige Sound-Clues hinterrücks von einem Fischmann angeschossen zu werden, hatte etwas extrem Willkürliches, zumal Reed sich auch nicht zu einem Kommentar hinreißen ließ, der die Attacke in den Kontext der Ermittlungen gesetzt hätte. Das muss man schon mit sich selbst ausmachen.

Viele Orte erreicht man nur per Motorboot.

Nein, wenn Grusel einsetzt, dann weil Frogwares ein gutes Szenenbild auffährt, die Wahnsinn-Effekte, wann immer Reed den Halt in der Realität verliert, gut inszeniert sind und die Zwischensequenzen wie schon der eingangs besprochene Teaser-Film vor Atmophäre nur so triefen. Auch habe ich durchaus Lust, mich auf seinem Skilltree ein wenig auszutoben, obwohl viele der Fertigkeiten natürlich vor allem den Kampf betreffen. Vielleicht wird es auf diesem Wege auf lange Sicht ja doch ein wenig griffiger oder zumindest nicht so spielerisch belanglos. Und selbst wenn, ich bin schon für schwächere Szenarien und weniger gekonnt-schummrig aufgezogene Geschichten durch Spiele gegangen.

The Sinking City macht das Wichtigste richtig: Es rollt vor einen spannenden Hintergrund ein interessant-entschleunigtes Netz fesselnder Ermittlungen aus. Dass es mir dabei freie Hand lässt, mich nie durch die Gegend schubst wie einen Laufburschen und mir trotzdem die Werkzeuge auf den Tisch legt, damit es zügig und zielgerichtet vorangehen kann, ist keine kleine Leistung. Hoffentlich bleibt die Action bis zum Schluss nebensächlich - und wenn nicht, kann ich immer noch den Schwierigkeitsgrad der Kämpfe separat von dem der Ermittlungen justieren. Entweder rauf bis ins Unfaire (damit es doch wieder kribbeliger wird, wenn's krabbelig wird) oder runter ins Beiläufige (damit ich mich komplett auf die Handlung konzentrieren kann). Nicht meine Idealvorstellung, zugegeben, aber lobenswert allemal.


Entwickler/Publisher: Frogwares/Bigben Interactive Erscheint für: PC, PS4, Xbox One - Geplante Veröffentlichung: 27. Juni - Angespielt auf Plattform: PC

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