The Swords of Ditto - Test
Und täglich grüßt das magische Schwert ...
Nein, es ist nun wirklich nicht das erste Mal, dass ich in einem Spiel am Strand aufgewacht bin und dann ein Schwert aus einem Stein ziehen musste. Es ist auch nicht das erste Mal, dass ein Begleiter mir in einem Spiel erklärt hat, dass ich der auserwählte Held bin, der das Land von einem üblen Tyrannen befreien muss. Und The Swords of Ditto gibt sich alle Mühe, dass es auch nicht das letzte Mal ist. Denn egal, ob der namenlose Held des Spiels nun erfolgreich ist oder nicht: 100 Jahre später erwacht er reinkarniert in einem neuen Körper und muss sich mit den Konsequenzen seines Handelns im früheren Leben auseinandersetzen. Ein düsteres Szenario eigentlich, das die Entwickler aber gekonnt mit hübscher Comic-Grafik konterkarieren. Und das funktioniert ziemlich gut, denn die Spielwelt wirkt immer wie aus einem Guss - obwohl sie bei jedem Durchgang neu zufallsgeneriert wird.
The Swords of Ditto lässt sich am besten mit einem klassischen 2D-Zelda vergleichen. Ihr könnt eine Oberwelt erkunden, von der aus ihr kleinere Höhlen, aber auch größere Rätseldungeons erreicht. In denen findet ihr meist ein neues Item, das ihr zum Lösen der Rätsel des Dungeons benötigt, außerdem gibt's auch einen großen Schlüssel, der in eine ebenso große Tür passt, hinter der wiederum ein Endboss lauert - es wirkt alles sehr vertraut. Je nachdem, in welchem Durchgang ihr euch befindet, verursacht ihr damit etwas, das Mormo schadet. Mormo, das ist der Erzbösewicht des Spiels. Nach vier In-Game-Tagen folgt unweigerlich ein Kampf gegen ihn, mein erster hat so etwa zweieinhalb Stunden gedauert (Durchgang, nicht Kampf). Was dann passiert, ist abhängig vom Ausgang des Kampfes. Habt ihr es geschafft, findet ihr im Anschluss eine glücklichere Welt wieder - versagt ihr, und das ist beim ersten Durchgang mehr als wahrscheinlich, blickt die Spielwelt auf Jahre der Diktatur und des Terrors zurück. In beiden Fällen geht das Spiel aber einfach weiter.
Nun sind diese vier Tage aber nicht in Stein gemeißelt. Einerseits könnt ihr im späteren Spielverlauf spezielle Kristalle finden, mit denen ihr die Zeit zurückdrehen könnt. Andererseits könnt ihr die gleichen Kristalle auch verwenden, um Teile eurer Ausrüstung auf eure nächste Inkarnation zu übertragen. Die verschiedenen Spielwelten unterscheiden sich teils recht deutlich - konstant sind nur bestimmte Elemente wie das zentrale Dorf, in dem ihr euch neu ausrüsten könnt, euch Essen kaufen oder Aufkleber, die euch Perks verleihen. Die und ein paar komplett neue Ausrüstungsgegenstände solltet ihr schon haben, wenn ihr gegen Mormo Land sehen wollt. Was es so an verschiedenen Ausrüstungsgegenständen zu finden gibt, mochte ich übrigens recht gern. Neben Zelda-Klassikern wie dem Bogen oder den Bomben könnt ihr beispielsweise auch einen Golfschläger finden. Mit dem könnt ihr nicht nur im eigens dafür gemachten Dungeon Rätsel lösen, indem ihr - was wohl - Bälle durch die Gegend schlagt. Ihr könnt das gleiche auch mit Gegnern machen und sie so mit Wucht gegen den nächsten Stein dreschen, was sie bewusstlos am Boden liegen zurücklässt und sie damit zum idealen Opfer für euer Schwert macht. Ein ziemlich befriedigendes Gefühl, wie ich fand.
Nebenbei könnt ihr kleineren Schauplätzen wie Höhlen auch Mini-Rätsel lösen und so zusätzliche Verbesserungen freischalten. Dadurch und natürlich auch durch das klassische Gegner-umhauen gewinnt ihr außerdem Erfahrungspunkte, mit denen ihr eure Lebensenergie erhöht. Hat man zugegeben alles schon gesehen, wirkt in The Swords of Ditto aber sehr gekonnt umgesetzt. Gefallen hat mir auch die sehr direkt funktionierende Steuerung. Eure Figur steuert sich äußerst unmittelbar, Verzögerungen und Trägheit gibt es kaum. Und wo wir schon bei der Figur sind: Auch die wird bei jedem neuen Durchgang neu zufallsgeneriert. Mal spielt ihr ein seltsames Betonmännchen mit Quadratschädel, dann mal für zwei Durchgänge ein ziemlich normal aussehendes Mädchen und dann unerklärterweise jemanden mit mexikanischer Wrestling-Maske. The Swords of Ditto nimmt Abwechslungsreichtum sehr ernst.
Manchmal etwas sehr ernst, möchte ich sagen. Denn vor allem das Design der Oberwelt kann hin und wieder ein bisschen nerven. Das liegt vor allem an den violetten Schleimportalen. Normalerweise könnt ihr durch jeden auf der Karte sichtbaren Durchgang einfach durchgehen und erscheint dann im nächsten Bildschirm. Diese Schleimhaufen sind die Ausnahme. Sie sind erst durchquerbar, wenn ihr ein Auge in ihrem Zentrum attackiert und das wiederum geht nur von einer Seite aus - meist natürlich von der aus, auf der ihr euch gerade nicht befindet. So kann es passieren, dass ihr eigentlich nur in den Bildschirm links neben jenem gehen wollt, in dem ihr ich gerade befindet - dafür aber trotzdem eine halbe Weltreise machen müsst, die euch teilweise auch in die Nähe von Gegnern bringt, mit denen ihr euch auf eurem aktuellen Level noch nicht messen solltet. Hin und wieder ist es mir darüber hinaus passiert, dass mich der Weg in einen Dungeon geführt hat, den ich dann aber nicht betreten konnte, weil mein Level noch nicht hoch genug war. Grinding war also angesagt.
Aber wie das so ist, Grinding stört deutlich weniger, wenn die Spielwelt zu begeistern weiß. Deren Erkunden macht bei Swords of Ditto wirklich Spaß, hinter jedem Busch kann schließlich eine neue Höhle liegen, in der es etwas Nützliches zu finden gibt. Nur wirklich Ruhe hatte ich dabei nicht, schließlich tickt unaufhörlich die Zeit nach unten und solang ihr noch keinen Plan habt, wie ihr das diesmal aufhalten könnt, ist dieser Druck eben spürbar. Das Geheimnis ist wie so oft: Man darf das nicht so nah an sich heranlassen. Die Roguelike-Elemente sind integraler Bestandteil von The Swords of Ditto, das Spiel will gar nicht, dass ihr es auf Anhieb durchspielt.
Sehr nett: Das komplette Spiel lässt sich auch im Koop-Modus bestreiten. Schließt ihr einen zweiten Controller an PC oder PS4 an, erscheint eine farblich leicht veränderte Variante eurer Spielfigur. Das hat spielerisch einen ziemlichen Vorteil, weil hier nämlich der Tod eines Helden nicht endgültig ist - er kann vom anderen Spieler wiederbelebt werden. Wirklich praktisch, denn im Singleplayer-Modus habe ich trotz eindringlicher Warntöne den eigenen Lebensbalken schon mal aus den Augen verloren und bin so unnötig abgekratzt, obwohl ich eigentlich noch genug Nahrung dabeigehabt hätte, um mich wieder aufzupäppeln.
The Swords of Ditto hat mich fest in seinen Bann gezogen. Auf den ersten Blick durch seine äußerst gelungene Comic-Grafik, langfristig aber durch die netten Rätsel-Dungeons, die beim ersten Spielen nicht unbedingt ahnen lassen, dass sie zufallsgeneriert sind. Das wird eher an der teilweise etwas arg umständlich zu navigierenden Oberwelt deutlich. Das hat mich hier und da gestört, langfristig aber nur dazu animiert, die Spielwelt zu erkunden und mich vom Zeitlimit nicht zu sehr treiben zu lassen. Ist euch das einmal gelungen, spielt sich The Swords of Ditto eigentlich ziemlich entspannt. Wie ein Abenteuer, das ihr in Häppchen erlebt - der Held, das ist schon bald nicht mehr eure zufallsgenerierte Spielfigur, sondern das Schwert, das die Erinnerungen all der Figuren in sich vereint. Und wenn ihr dann die Spuren eurer vorherigen Durchgänge in der Spielwelt findet - dann kommen teilweise richtig nostalgische Erinnerungen hoch, obwohl das Erinnerte höchstens ein paar Stunden her ist. Wer Zelda mag und mit Zeitdruck leben kann, sollte The Swords of Ditto nicht verpassen.
Entwickler/Publisher: onebitbeyond/Devolver Digital - Erscheint für:PC, PS4 - Preis: 19,99 Euro - Erscheint am: erhältlich - Getestete Version: PC - Sprache: deutsch - Mikrotransaktionen: Nein