The Walking Dead - Das Singleplayer-DayZ für jederman?
Die Hölle sind vielleicht die anderen, aber auch allein seid ihr nie sicher.
Eigentlich hatte ich keine großen Erwartungen an die Päsentation von The Walking Dead. Immerhin hat Telltale bereits eine großartige Umsetzung am laufen und wie so viele war ich nach der ersten Ankündigung nicht wirklich begeistert. Ein weiterer Zombie-Shooter aus der Ego-Ansicht? Muss das denn sein? Genau wie die meisten von euch habe ich mich auf einen obligatorischen Left-4-Dead-Klon eingestellt, der durch seinen Namen den Fans das Geld aus der Tasche locken will.
Die Ideen und Ansätze, die mir auf der gamescom jedoch präsentiert wurden, änderten diese erste Befürchtung aber in unter 15 Minuten. Sagt ihr mir, ob es nur an meinen niedrigend Erwartungen lag, aber durch die kreativen Ideen und das große Potenzial - wenn Entwickler Terminal Reality Wort hält - wurde aus The Walking Dead für mich eine der angenehmeren Überraschungen der Messe.
Das Spiel basiert auf der gleichnamigen AMC-Serie anstatt auf dem Comic. Ihr übernehmt die Rolle des Zuschauerlieblings und Rednecks Daryl Dixon, der zusammen mit seinem Bruder Merle kurz nach dem Ausbruch der Epidemie ums Überleben kämpft. Zur Handlung wollte man noch kein Wort verraten. Nur, dass die Ereignisse direkt zur ersten Staffel der Serie führen und man zeigt, wie Daryl an seine geliebte Armbrust gelangt.
Die Reise führt euch durch mehrere Städte und soll die gleiche bedrückende Atmosphäre der Vorlage bieten. Dazu übernahm man Elemente aus einigen Situationen der Show. So befinden sich die Überlebenden wie zu Beginn der zweiten Staffel auf einer Straße, die wegen harvarierter Wagen nicht befahrbar ist. Nun bieten sich euch mehrere Möglichkeiten. Sucht ihr euch ohne Fahrzeug einen ruhigen Weg abseits der Straße und umgeht den Stau oder schiebt ihr einige der Fahrzeuge zur Seite, wodurch natürlich tödliche Walker angelockt werden könnten.
Ein weiteres Szenario stellt euch mehrere Fortbewegungsmittel zur Verfügung. Nehmt ihr lieber den großen Truck mit breiter Ladefläche oder steigt ihr eher in den Viertürer, um weitere Überlebende mitnehmen zu können, die alle unterschiedliche Fähigkeiten besitzen und euch sogar in den Rücken fallen könnten? Selbst der Benzinverbrauch spielt eine gewichtige Rolle. Ein mächtiger Van bietet zwar für Personen und Proviant gleichermaßen Platz, doch erreicht ihr dann noch den nächsten Ort oder bleibt ihr inmitten einer Walker-Bande stehen?
Der Titel soll euch ständig vor die Wahl stellen und lässt sich vom Ablauf eher mit DayZ vergleichen. Sucht ungesehen in den Gebäuden nach Waffen, Munition, Proviant oder Verbandszeug. Doch Vorsicht! Betretet ihr beispielsweise einen Laden mit nur einem Ausgang, könnte euch ein nahe gelegener Walker riechen und zusammen mit seinen Kollegen den einzigen Ausgang blockieren. In solch einer Situation bleibt euch nur noch der Kampf, der immer die schlechteste Möglichkeit darstellt.
Genau wie in DayZ wirken Schusswaffen im ersten Moment wie eine gute Wahl. Schließlich kennt ihr es aus den meisten Spielen und Filmen nicht anders. Ein kräftiger Schuss aus der Schrotflinte und schon sind eure Probleme vermeintlich beseitigt. In The Walking Dead beginnen sie dann allerdings erst richtig, da andere Zombies durch das Geräusch auf eure Position aufmerksam werden und sich um euch scharen. Alleine stellt ein Walker keine große Gefahr dar, doch bereits zwei zusätzliche Artgenossen können euren Tod bedeuten.
Kleinere Wunden überlebt Daryl, die ihr wieder flicken dürft. Greift euch eines der Biester allerdings mit seinen Zähnen und schafft es, sich in eurem Fleisch zu vergraben, bedeutet dies eine Infektion und damit den Tod. Da Daryl in der Serie unbeschadet auf Hauptcharakter Rick trifft, soll es im Spiel nicht anders sein.
Zur Verteidigung solltet ihr daher lieber auf spitze Gegenstände zurückgreifen, die ihr den Walkern in brutalen Animationen in den Schädel rammt. Denn nur wer das Hirn beschädigt, kann einen der Zombies erledigen. Ansonsten fallen ihm zwar ein paar Körperteile ab, was den Untoten aber nicht von seinem Hunger auf Menschenfleisch abbringt.
Damit ihr wie bei der Konkurrenz nicht immer die gleichen Charaktermodelle erledigt, erstellen die Designer von Terminal Reality verschiedene Gliedmaßen und Körpereigenschaften, die dann beliebig zusammengesetzt werden können. Auf einem der Screenshots waren gut zwei Dutzend Walker zu sehen, unter denen sich kein Zwillingspärchen fand, obwohl es nur einen Körpertyp und keine Frauen gab. Jedes Körperteil soll nach Zustand und Größe sogar unterschiedliche Animationen erhalten, sodass ihr in einer Menge von Untoten auch unterschiedliche Bewegungen erkennt.
Lediglich die Technik machte noch keinen so guten Eindruck. Bei dem gezeigten Material handelte es sich ausschließlich um Screenshots. Zwar sind die Gesichter der Untoten wirklich schön eklig anzusehen und abwechslungsreich gestaltet, doch der Rest versinkt auf der aktuellen Generation irgendwo im Mittelmaß. Aber da es sich bei den Bildern um frühes Material handelt, kann sich hier noch viel ändern.
Ein wenig gruselig ist es schon. Andere Lizenzen können froh sein, wenn sie eine mittelmäßige bis gute Umsetzung erhalten. Nach dem grandiosen Finale der zweiten Staffel und den bisher veröffentlichten Telltale-Episoden könnte sich hier vielleicht die dritte Umsetzung anzubahnen, die dem Comic mehr als nur gerecht wird. Ob Terminal Reality alle Ideen und Ansätze letztendlich im fertigen Spiel unterbringen und eine spannende Geschichte erzählen kann, bleibt abzuwarten. Die richtige Einstellungen besitzen sie auf jeden Fall.