The Walking Dead - Episode 5: No Time Left - Test
Telltales mutiges Staffelfinale ist sich für ein definitives Ende nicht zu schade.
Als hätte sich Telltale mit der Redaktion der längst überfälligen ARD-Themenwoche "Sie werden sterben - Lasst uns darüber reden" abgesprochen, ist die letzte Episode von The Walking Dead vor allem eine übers Sterben. Loslassen oder Festhalten? Aufgeben oder Weitermachen? Die Chance nutzen, das Ende selbst zu gestalten? Vor allem geht es darum, dass jeder von uns seine eigenen Antworten auf diese Fragen geben muss.
Damit wir uns nicht falsch verstehen. Episode fünf entlarvt doch sehr, dass dies hier in erster Linie wegen seiner Geschichte interessiert und nicht wegen des großen Gestaltungsspielraumes, den man hier hätte. Mit ganz großen Wahlmöglichkeiten hält sich das Finale nämlich erstaunlicherweise zurück und die, mit denen es euch konfrontiert, sind eher Fragen, die das Spiel über die Hauptfigur direkt an den Spieler weitergibt. Sie formen die Handlung nicht großartig, sondern sind eher Reflexionstool für einen selbst. Es geht weniger darum, zum Co-Autor der Geschichte zu werden, sondern darum, ein Stück von sich selbst in die Figur Lees fließen zu lassen. Und das klappt ausgezeichnet, denn das Schicksal der Gruppe, derer man Teil wurde, berührte mich wie nur wenige andere Spiele diese Generation.
Wirklich geschickt ist allerdings, wie Episode fünf auf viele der Entscheidungen in der Vergangenheit Bezug nimmt und eure Reise nach dem Ende der Vorgänger-Folge noch einmal in dramaturgisch interessanter Form rekapituliert. Auch wenn hier alle Fäden ein bisschen bequem an einer Stelle zusammenlaufen und die Wirkung wohl auch davon abhängt, welche Entscheidungen ihr in der Vergangenheit traft - eine ganz bestimmte ist hier besonders wichtig, soll aber aus verständlichen Gründen nicht genannt werden -, erzielt die finale Konfrontation dieser Geschichte eine interessante Wirkung.
Weiche Knie inklusive
Hier ist es auch, dass Telltale ein weiteres Mal sein großes Fingerspitzengefühl demonstriert, wenn es darum geht, auch mit leisen Tönen und fast allein über die Dialogführung Anspannung zu schaffen. Ihr wisst schon, die Sorte stiller Nervosität, die euren Nebenmann / eure Nebenfrau auf der Couch verrückt macht, weil ihr ständig mit dem Bein wippt. Überhaupt ist es ein einziger emotionaler Spießrutenlauf, ein Rennen gegen die Zeit und ein Kampf gegen das Unabwendbare, in denen vollkommen menschliche Dinge wie Hoffnung, Zuneigung und Reue wirklich gemeine Dinge mit einem anstellen. Selten sah man künstliche und noch dazu frei erfundene Figuren sich so lebensnah austauschen und gerade deshalb bricht einem The Walking Dead in seinen letzten Momenten wirklich das Herz.
Und das ist es, was ich befürchtet, irgendwie aber auch leise gehofft hatte. Seit über einem halben Jahr begleitet uns diese Serie nun und nach all dem Leid und all den Momenten, in denen man sich fragte, ob man überhaupt noch hier sein wollte, ging es bisher doch immer irgendwie weiter. Bisher. Natürlich frage man sich zwischendrin ob all des Leids und der gerechten, aber immer fürchterlich dreckigen Tode, Tötungen und Stehlereien, warum man sich dem hier überhaupt noch aussetzt? Aber die Antwort war immer eine der besten, die den Spielen in dieser Generation eingefallen ist: Clementine. Selbst in Abwesenheit über weite Teile dieser zweieinhalb Stunden ist sie euer glühendes Leuchtfeuer, das euch selbst durch größte Torturen zieht und am Ende ist es das tatsächlich alles Wert gewesen.
Sie ist wirklich Herz und Seele dieses bemerkenswerten kleinen Spiels, das auszog, uns die Sprache zu verschlagen. Als für Episode 5 so langsam die Lichter ausgehen, hat Lee daher für Clementine die treffendsten aller Worte übrig - sofern ihr diesen Satz denn über die Lippen bringt. Welcher das ist, findet ihr am besten selbst heraus.