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The Witcher

Vorort in Warschau: Hexerei und nackte Brüste

Die reife Herangehensweise spiegelt sich auch in der Möglichkeit wieder, ganz wie die Buchvorlage, jedes beliebige Mädchen anzusprechen und zu verführen. Allein im Beispiel-Dorf warten ein halbes Dutzend blutjunge Schönheiten auf eine Liebesnacht mit Euch. Ganz so einfach hüpfen die jungen Dinger aber nicht mit Euch in die Federn. Je nach gesellschaftlichem Stand braucht Ihr ein entsprechend aufwändiges Geschenk, um mit einem der 20 unterschiedlichen Akt-Porträts belohnt zu werden. Diese sehen im Gegensatz zum noch recht unförmigen 3D-Modell auch recht appetitlich aus und dürften vor allem die männlichen Rollenspieler in Verzückung bringen. Leider war bei der Vorabversion die Busenanimation noch etwas aus der Kontrolle geraten. Statt wogender Rundungen gab es zuckende Fleischberge. Hoffentlich legen die Entwickler hier nochmal Hand an, schließlich isst ja bekanntlich auch das Auge mit und beim momentanen Stand verdirbt man sich eher den Appetit.

Diese drei etwas erschöpft wirkenden Herren sind die kreativen Köpfe hinter The Witcher

Nach diesem inhaltlichen Höhepunkt gab es im Dorf noch ein paar Höllenhunde zu vermöbeln und Zutaten für Tränke zu sammeln. Leider wurde dabei auch deutlich, wie wenig sich momentan noch die Umgebung manipulieren lässt. Zwar warten an jedem Busch ein paar Früchte und Kräuter auf Abholung, doch sonst gibt es wenig zu entdecken und zu sammeln. Da Ihr zu Beginn Eure Lieblings-Schwerter schon im Gepäck wisst, könnt Ihr die Schneiden lediglich etwas aufmotzen und an Euren 250 Fähigkeiten herum schrauben. Keine neuen Waffen, keine neuen Rüstungen und auch kein anderer Krimskrams, Rollenspielfans müssen ihre Sammelleidenschaft also woanders ausleben.

Mag der letztere Umstand konzeptionell noch Sinn machen, sollten sich die Entwickler aber dringend einmal das Level-Design vornehmen. Geralt muss ja nicht unbedingt springen können, eine unüberwindliche Mauer aus Kieselsteinen ist hingegen schlicht und ergreifend lächerlich. Schließlich passt es nicht ganz zu dem Ego des mächtigen Monster-Killers, wenn er vor einer fünf Zentimeter hohen Barriere kapitulieren muss. Beim sonst so tadellosen Kampf-System wartet ebenfalls noch ein wenig Arbeit auf die Programmier-Abteilung. Bisher erfordern die hirnlosen Gegner nämlich keinerlei Taktiken. Einfach nur mit dem schnellen Angriff so lange zuschlagen, bis das Getier klein bei gibt. Außerdem trifft man mit dem eingebauten Rundumschlag keine Gegner die im Rücken stehen. Da aber die Angreifer fast immer vor und hinter einem stehen, ist es einfacher, erst die Vorderseite leer zu räumen und sich dann umzudrehen, als den Gruppenkampf zu aktivieren. Damit wird das Kampfsystem zumindest teilweise ad absurdum geführt.

Das gleiche Bild bei der Steuerung: Während die Kämpfe recht flüssig von der Hand gehen, vermisst man eigentlich kontinuierlich eine direkte Steuerungsmöglichkeit. Das ewige Geklicke auf den Boden macht bei einem einzelnen Charakter einfach keinen Sinn.

Prächtige Zwischensequenzen, erstklassige Stunt-Men

Wieder ein Beispiel für den hervorragenden Geschmack der Art-Direktion.

Doch den Entwickler bleibt ja noch etwas Zeit und auch Atari hat bestätigt, dass die meisten Fehler schon auf ihrer Liste stehen. Aus diesem Grund wurde auf dem Event ein großer Feedback-Bogen herumgereicht, um die Chance zu nutzen, direkt von den späteren Spieletestern Anmerkungen zum Spiel zu erhalten. Hinsichtlich der fehlenden Elementen muss man abwarten, wie es CD-Projekt gelingt, zum Beispiel die Flashbacks sinnvoll einzubauen und wie weit die Entscheidungsfreiheit am Ende wirklich reicht. Da das Spiel im Gegensatz zu einigen Konkurrenten sehr Story-getrieben ist, wird auch viel von deren Qualität abhängen. Leider gibt es die dazu passenden Bücher von Andrzey Sapkowski momentan noch nicht auf deutsch, die gezeigten Schnipsel und die erwachsene Herangehensweise machen aber schon mal Lust auf mehr. Zumal die Präsentation über jeden Zweifel erhaben ist.

Dank der wirklich beeindruckenden Zwischensequenzen des polnischen Animationskünstlers Pawel Kincel (Platige Image), der auch schon eine Oscar-Nominierung in seinem Portfolio verbuchen kann, wirkt die Produktion wirklich erstklassig und muss sich auch vor großen amerikanischen Projekten nicht verstecken. Ein ähnliches Bild zeigt sich beim Motion-Capturing: Dem Stunt-Team merkt man an, dass sie allein für diesen Titel wochenlang Schwertkampf geübt haben. Den Beweis dafür legte die Truppe am Ende der Veranstaltung auf einem Kampfplatz hin. Komplett gerüstet, hauten die Showkämpfer wie Beserker aufeinander ein und versetzten die Couchpotatoes von der internationalen Presse ins Staunen.

Nebenbei erwähnt: Bei der Titelwahl scheint CD-Projekt ohne Muttersprachler gearbeitet zu haben. Das Kunstwort Witcher gibt es im Englischen nicht, was dieser wirklich lustige Cartoon von Penny Arcade beweist.

Nach dem Besuch bei CD-Projekt warte ich nicht nur gespannt auf das Spiel, sondern fiebere auch der Übersetzung von Andrzey Sapkowskis Büchern entgegen. Zusammen mit dem hervorragenden Art-Design ist seine erwachsene Fantasy-Welt eine der wichtigsten Features von The Witcher. Auch wenn schon wieder Elfen, Zwerge, Ghoule und andere Herr-der-Ringe-Monster herumspringen, vermittelt der Titel schon jetzt eine Authentizität, die Fantasy-Fans in ihren Bann ziehen wird. Wenn es Atari und CD-Projekt wirklich gelingen sollte, einen Großteil der Fehler ausmerzen und die fehlenden Elemente zu integrieren, erwartet uns ein innovatives Rollenspiel, das selbst die amerikanische Konkurrenz nicht zu fürchten braucht. Aber keine Sorge, Atari und CD-Projekt sind sich dieser Chance bewusst und werden alles dran setzen, um diesen Titel zu einem perfekten Spielerlebnis zu machen. Als bester Beweis wurde gerade der Veröffentlichungstermin um ein Quartal nach hinten gezogen.

The Witcher soll im 3. Quartal 2007 erscheinen.

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