TheoTown zeigt, warum mobile Endgeräte für junge Entwickler attraktiver sein können als Konsole oder PC
Keine Werbung nötig - unter Umständen.
Es kann schon ein bisschen überwältigend sein, TheoTown zum ersten Mal zu starten. Das liegt einerseits daran, dass der Städtebausimulator weniger von aktuellen Vertretern des Genres wie Cities Skylines hat, sondern vielmehr anmutet, wie eine spielgewordene Erinnerung an das gute alte SimCity 2000. Andererseits hat es aber auch damit zu tun, dass TheoTown ein recht komplexes Aufbauspiel ist. Klar, die ersten Straßen sind schnell gezogen, die ersten Stromleitungen fix verlegt und wenn die ersten Leute einziehen, dann steht euer kleines Dorf auch schon auf der Map.
Welche tiefgreifenden Mechaniken sich hinter TheoTown verstecken, lernt ihr aber erst, wenn ihr viele Stunden in den Titel investiert. Umso überraschender ist es, dass es sich hier originär nicht um ein PC-Spiel handelt, obwohl es da vor Kurzem auch erschienen ist. Nein, TheoTown wurde schon im Jahr 2015 erstmals für Android-Geräte veröffentlicht. Ich sprach mit Fabian Miltenberger, Geschäftsführer von TheoTown-Entwickler blueflower, über die Entwicklung des Spiels, die Hürden dabei, aber auch über mögliche Zukunftspläne.
"TheoTown hat sich eigentlich aus einem Projekt während der Studienzeit herausentwickelt. Ich hatte damals ein Android-Handy und es gab keinen guten Städtebau-Simulator dafür. Also wollte ich selbst einen machen", sagt Miltenberger, der während seines Informatikstudios vordergründig noch keine kommerzielle Motivation hatte, das Spiel zu entwickeln. Die Entwicklungszeit schätzt er etwa auf zwei Jahre: "Wobei sich das nicht so genau sagen lässt, weil viel so nebenherlief." Heute besteht blueflower neben Miltenberger selbst noch aus einem weiteren Geschäftsführer, der nach wie vor studiert und ansonsten eher für die Verwaltungsarbeit in der Firma zuständig ist. Den Hauptteil der Arbeit an TheoTown, das nach wie vor weiterentwickelt wird, erledigt Miltenberger selbst. "Und das fühlt sich auch wirklich wie Arbeit an. Nur wenn ich mich wirklich bewusst aufs Spielen einlasse, kann es passieren, dass ich stundenlang meine Stadt aufbaue. Aber das ist selten und wirklich nicht der Normalfall."
Bei der Vermarktung setzen die beiden insbesondere auf die organische Reichweite, die sie in den verschiedenen Stores erreichen. "Wir haben auch schon Werbung auf verschiedenen Plattformen geschaltet. Aber da kann man sich ausrechen, wie viel man reinsteckt und wie viel man später wieder rausbekommt. Damit haben wir einfach keinen Gewinn gemacht", sagt Miltenberger. Eine solche Vorgehensweise hat aber natürlich auch Nachteile, sie macht den Entwickler abhängig von den Algorithmen der Stores. Google, Apple und Valve allein entscheiden, wer in den jeweiligen Stores im virtuellen Schaufenster steht. "Vor etwas über einem Jahr hat Google sich dazu entschieden, im Play Store das Verfahren für die automatische Platzierung der Spiele zu ändern." Für ein junges Entwicklerstudio, das aktuell vor allem von einem erfolgreichen Titel lebt, kann so etwas ein herber Einschnitt sein. "Unter Entwicklern ist das als Playmageddon bekannt, der Weltuntergang im Store. Viele Developer hatten mit Download-Drops von 90 Prozent zu kämpfen. Bei uns war es zwar nicht ganz so schlimm, aber es waren immerhin noch 70 Prozent."
Ein starker Einschnitt also, dem blueflower nun unter anderem damit begegnet, das Spiel auch auf anderen Plattformen zu veröffentlichen - und so zumindest nicht allein abhängig vom Gutdünken eines einzigen Store-Betreibers ist. Einfach war aber auch das nicht, vor allem die unterschiedliche Form der Monetarisierung stieß in der Fan-Gemeinde auf teils negative Resonanz. "Die Leute wollen die App kaufen und dann kein Geld mehr ausgeben. Dass wir nun auf anderen Plattformen Geld dafür verlangen, haben viele nicht verstanden", so Miltenberger. Und das, obwohl sie über den Play Store unter Umständen schon mehr ausgegeben haben als das vollständige Spiel bei iOS oder Steam kostet. "Bei Besitzern von Apple-Geräten heißt es ja immer, die seien eher bereit, auch mal einen festen Preis für eine App zu bezahlen. Aber das muss sich noch bewahrheiten. Monetarisierung ist echt ein schwieriges Thema."
Rückwirkend betrachtet, hätte die Entwicklung von TheoTown natürlich auch anders laufen können. Das betrifft etwa die technische Seite: "Wir haben kein Framework benutzt, dass es uns erlaubt hätte, das Spiel auf andere Plattformen zu bringen. Wir haben so nah an der Hardware gearbeitet. Ich hatte ein Android-Handy und wollte das Spiel darauf zum laufen bringen und das wars." Die Portierung des Titels auf iOS und Steam habe sich deshalb als anspruchsvoll erwiesen, noch immer arbeitet Miltenberger tagtäglich am Bugfixing. Überhaupt, die Technik: So manches in TheoTown wäre technisch einfach umsetzbar, kostet aber einfach zu viel Geld. "Die Stadtdateien sind kompatibel", sagt Miltenberger. "Du kannst dein Handy an den Computer anschließen, sie runterziehen und dann auf dem PC damit weiterspielen, wenn du sie in den richtigen Ordner kopierst. Nur: Einen eigenen Cloud-Server zur Verfügung zu stellen, das würde sich schlichtweg nicht lohnen."
Und wo wir schon bei aus leidigen Gründen ungenutztem Potenzial sind: Eigentlich wäre TheoTown auch ein toller Konsolentitel, insbesondere für das ohnehin schon eindrucksvolle Indie-Lineup der Switch, die noch dazu einen Touchscreen bietet. Trotzdem: Pläne, den Titel auf die Konsole zu bringen, gibt es aktuell nicht. "Die Umstellung auf die Konsole würde uns schon wieder vor neue technische Schwierigkeiten stellen. Unser Hauptziel liegt jetzt erstmal darin, neue Dinge auszuprobieren." Was das ist, das weiß Miltenberger noch nicht ganz genau, aber: "Das mobile Ökosystem fühlt sich grundsätzlich so an, als könnte man da neue Sachen machen, die auffallen. Du kannst da auch mit einem Freemium-Spiel viele Leute dazu bringen, es zu spielen, ohne dafür groß Werbung machen zu müssen. Das hast du auf dem PC oder auf der Konsole einfach nicht." Und die Fans? Was wollen die? "Die größte Kritik gibt es seltsamerweise an der Grafik. 'Warum macht ihr das nicht einfach in 3D', schreiben sie meistens. Das würden wir künftig vielleicht auch einfach so machen."
Woher der Name TheoTown eigentlich kommt, wollte ich von Miltenberger abschließend noch wissen - und wie man ihn ausspricht, ob deutsch oder englisch. "Zu Beginn haben wir den alle deutsch ausgesprochen, einfach weil wir das Spiel ja aus Deutschland heraus entwickelt haben", erklärt er. "Als wir dann aber eine größere Community hatten, die hauptsächlich englisch sprach, sind auch wir dazu übergegangen, den Spieltitel englisch auszusprechen. Im Übrigen kommt der Name auch daher, weil die ursprüngliche Idee dafür von jemandem kam, der sich Theo nennt. Der wurde damit allerdings nie fertig, so dass ich seine Arbeit als Basis benutzen konnte." Na dann - schöne Grüße an Theo!
Entwickler/Publisher: blueflower/blueflower - Erscheint für: PC, iOS, Android - Preis: Android: Free-to-play, PC und iOS: 7,39 Eruo - Erscheint am: erhältlich - Gespielte Version: PC - Sprache: deutsch - Mikrotransaktionen: Android: Ja, PC und iOS: nein