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They Are Billions: Zombies vor dem Stadttor

Echtzeitstrategie in einer zombifizierten Steampunk-Welt

Menschen: ein paar Hundert. Zombies: mehrere Milliarden. Was sich liest wie die Grundlage für den nächsten beliebigen Endzeit-Zombie-Shooter ist in Wahrheit die Prämisse eines Early-Access-Überraschungshits auf Steam. Der Name: They Are Billions. Ihr verkörpert den Herrscher über eine der wenigen verbliebenen Kolonien, die sich den Zombiehorden entgegenstellen - wobei entgegenstellen eigentlich der falsche Ausdruck ist. Ihr kämpft nämlich nicht wirklich offensiv gegen die Untoten, ihr ringt um euer nacktes Überleben. Das macht ihr, indem ihr eine Basis aufbaut, Ressourcen erwirtschaftet und sie in ein gesundes Gleichgewicht bringt und, am wichtigsten, indem ihr auf die Abwehranlagen eurer Basis Acht gebt. Denn ein unbemerkter Zombie kann das Ende der gesamten Kolonie bedeuten.

So umfangreich können die Zombiemassen werden.

In der aktuellen Early-Access-Fassung steht nur der Survival-Modus zur Verfügung. Das Interface kommt mit einem gewissen Retro-Chic daher und erinnert angenehm an StarCraft. So wenig They Are Billions spielerisch damit zu tun haben mag - die Steuerung hat jeder, der schon einmal den Blizzard-Klassiker gespielt hat, schnell begriffen. Entschlackend wirkt die Tatsache, dass ihr bei They Are Billions nicht auch noch die Arbeiter manuell steuern müsst. Ihr beschließt schlichtweg, wo ein Gebäude erscheinen soll und da baut es sich dann von selbst auf. Zu Beginn habt ihr nur ein Haupthaus, nach und nach kommt dann der Rest. Ihr kennt das aus zahllosen anderen Spielen: Holzfäller, Jäger, Fischer. Ressourcen sind auf der Map grundsätzlich unbegrenzt vorhanden - ein Wald wird nie abgeholzt, ein See nie leergefischt. Aber eure wachsende Kolonie verlangt nach ständig neuen Ressourcen und allein deshalb seid ihr gezwungen zu expandieren. Ihr könnt nicht einfach am nächstgelegenen See zwanzig Fischerhütten aneinanderbauen und euch nie wieder Gedanken um eure Nahrung machen. Stattdessen bewirtschaftet jede Hütte ein gewisses Gebiet und in eben diesem Gebiet kann keine zweite Hütte der gleichen Art gebaut werden.

Mauern: Ohne sie bleibt in They Are Billions keine Basis lange stehen.

Also müsst ihr eure Basis erweitern, was ihr wiederum mit dem sogenannten Tesla-Turm macht. Denn They Are Billions ist in einer fantasievollen, viktorianischen Steampunk-Welt angesiedelt. Alles wirkt ein wenig fremd, aber dennoch nicht unrealistisch. Und während ihr so schön nach und nach eure Basis aufbaut, ganz verloren in akribischer Stadtarchitektur, bemerkt ihr nicht, dass an irgendeiner Stelle ein Zombie angefangen hat, eure Basis zu verseuchen. Vielleicht hat er mit einem einfachen Wohnzelt angefangen, unter Umständen war es auch die Holzfällerhütte. Und dort tauchen jetzt immer neue Zombies auf und es dauert keine dreißig Sekunden bis auch der Rest eurer Basis befallen ist und ihr von vorn beginnen müsst.

Das ist der Zeitpunkt, an dem ihr feststellt: In They Are Billions ist nichts wichtiger als die Verteidigung eurer Basis. Nichts. Anders als in anderen Echtzeitstrategiespielen genügt es auch nicht, einfach eine Reihe von Verteidigungseinheiten in der Hinterhand zu behalten, die im Zweifel eingreifen können. Denn sobald irgendwo ein Zombie ein Gebäude befallen hat, ist eure Kolonie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dem Tode geweiht. Also baut ihr Mauern, erst aus Holz, später erforscht ihr auch solche aus Stein. Es ist wichtig, dass eure Basis nach außen hin absolut hermetisch abgeriegelt ist, sodass ihr die Untoten pflücken könnt, wenn sie gegen eure Palisaden hämmern. Zombies laufen in der Spielwelt zwar auch ziellos und vereinzelt herum - manchmal kommen sie aber auch in Wellen und das ist umso gefährlicher, zumal ihr beim Basenbau noch nicht wissen könnt, aus welcher Richtung die Welle schließlich kommen wird. Das simple Geheimnis: Jederzeit für alles gewappnet sein.

Hinter den Palisaden sollten immer ein paar bewaffnete Einheiten abgestellt sein, die heranstürmende Zombies schnell ausschalten können.

Dumm nur, dass das so wahnsinnig schwer ist. Wirklich wahnsinnig. Selbst auf dem einfachsten aller Schwierigkeitsgrade wird es eine ganze Weile dauern, bis ihr es fertigbringt, die nötige Rundenzahl zu überstehen, um eine Partie zu gewinnen. Und immer wenn ihr scheitert, müsst ihr von vorn beginnen, den gesamten Basenaufbau also wiederholen. Denn das Spiel kennt nur einen Speicherplatz pro Partie und den legt es an, wenn ihr aufhört zu spielen. Theoretisch könntet ihr zwar ein bisschen im Dateisystem rumpfuschen und das Savegame manuell sichern - gedacht ist das aber so nicht. Diese ständige Wiederholung der immer gleichen Aufbaumechanismen kann auf Dauer etwas repetitiv werden, auf der anderen Seite sieht aber jede Basis anders aus. Denn die Karten werden beim Start immer wieder neu zufallsgeneriert.

Das wiederum hat auch Auswirkungen auf den Bau der Verteidigungsanlagen, denn Wälder, Felsen und Seen stellen natürliche Barrieren dar, auf die ihr euch verlassen könnt. Platziert ihr eure Mauern und Wachtürme geschickt und lässt die Karte das zu, müsst ihr nur wenige Engstellen verteidigen. Eine Lösung auf Dauer ist aber auch das nicht, denn wenn ihr es euch leichter machen wollt, braucht ihr stärkere Verteidigungseinheiten, also mehr und andere Ressourcen. Und irgendwann wird der Platz knapp, also müsst ihr über eure Mauern hinaus expandieren und neue Mauern bauen. Eure Siedlung entwickelt sich so mit der Zeit mehr und mehr zu einer Art gefüllter Zwiebel, die Schicht für Schicht, von innen nach außen, ihre eigene Entwicklung widerspiegelt. Hübsch sieht sie aus, diese Zwiebel, alle Gebäude werden als 2D-Modelle dargestellt und sind stimmungsvoll beleuchtet, bei näherem Heranzoomen zeigt sich, dass die Einheiten eine hübsche Cel-Shading-Optik haben, die Zombiemassen ihrerseits wirken aus der Ferne passenderweise wie ein grauer, toter, seelenloser Brei.

Erst schießen, dann denken!

They Are Billions hat mich kalt erwischt. Wo selbst ich als großer Freund des Zombie-Genres im Hinblick auf die Untotenthematik so langsam erste Ermüdungserscheinungen zeige, ist das Spiel ein ganz neuer Dreh. Das zugegeben bockschwere Spielprinzip fasziniert mich und ich kann es kaum erwarten, bis die Entwickler auch die Kampagne veröffentlichen. In der werde ich dann vielleicht auch etwas sanfter an das Spiel herangeführt als mit dem brachialen Holzhammer des Survival-Modus. So oder so: Dieses Spiel ist nicht umsonst der Überraschungshit, der es ist - es hat wirklich Potenzial.

Entwickler/Publisher: Numantian Games/Numantian Games - Erscheint für: PC - Erscheint am: Im Early Access erhältlich - Getestete Version: PC - Sprache: englisch - Mikrotransaktionen: Nein

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Markus Grundmann Avatar
Markus Grundmann: Seine ersten Videospiele konsumierte Markus auf dem Game Boy. Heute spielt er so ziemlich alles, bei dem er auf Knöpfe drücken kann – mit besonderer Vorliebe für Nintendo und extravagante Indie-Titel.
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