Thimbleweed Park: Wie Ron Gilbert und Gary Winnick ihre Kickstarter-Erfahrung beschreiben
Wie das Retro-Adventure ankam und was man für die Zukunft plant.
Seit den 80er Jahren beschäftigt sich Ron Gilbert mit der Entwicklung von Spielen. Bis heute sind viele Jahre ins Land gezogen, unzählige Codezeilen wurden geschrieben und schon lange haben Gilbert und seine Spiele Kultstatus erreicht. Mit Thimbleweed Park, das 2014 erfolgreich via Kickstarter finanziert wurde, sollte ein Adventure entstehen, das an die von vielen sehr geschätzten LucasArts-Adventures der früheren Jahre erinnert. Und das ist den Entwicklern rund um Gilbert auf jeden Fall gelungen, wie ihr in unserem Test zu Thimbleweed Park nachlesen könnt.
Für das Spiel holte er sich mit Gary Winnick Verstärkung aus den alten LucasArts-Tagen mit ins Boot. Gemeinsam entwickelten beide einst das Konzept für Maniac Mansion und schufen die legendäre SCUMM-Engine (Script Creation Utility for Maniac Mansion), auf der viele LucasArts-Adventures basieren. Ebenso arbeiteten sie an Titeln wie Monkey Island 1 und 2, Zak McKracken and the Alien Mindbenders oder Day of the Tentacle, Winnick war außerdem als Art Director bei Spectrum Holobyte an Star Trek: The Next Generation - A Final Unity beteiligt.
In all den Jahren lernt man verständlicherweise sehr viel, aber im Leben hört man eigentlich niemals auf zu lernen. Die Frage, was er denn von Thimbleweed Park gelernt hat, beantwortet Gilbert im Gespräch mit Eurogamer.de wie folgt: "Wir haben eine Menge darüber gelernt, wie moderne Adventure-Spieler solche Spiele in Angriff nehmen. Bei vielen der spielerischen wie erzählerischen Klischees, die damals notwendig waren, stießen wir heute auf etwas Widerstand, selbst von der Hardcore-Zielgruppe."
Alles in allem ist man aber zufrieden mit dem, was aus Thimbleweed Park am Ende geworden ist und wie die Reaktionen darauf ausfielen. Winnick dazu: "Wir sind insgesamt ziemlich glücklich mit den Reaktionen der Kritiker und vor allem mit denen der Hardcore-Adventure-Spieler. Wir hoffen aber auch, mehr zur Casual-Zielgruppe durchdringen zu können, weswegen wir zwei Gameplay-Modi haben und kürzlich einige Upgrades wie das Hilfesystem hinzufügten. Sobald wir es auf ein paar anderen Plattformen veröffentlichen, werden wir sehen, wie gut wir bei dieser Zielgruppe ankommen."
Gilbert hätte gerne noch mehr individuelle Antworten für alle die spielbaren Charaktere im Spiel gehabt, aber die Aufnahmezeiten und das Budget setzten dem ein Limit. Wenn er alles noch mal machen könnte, würde er darauf mehr Wert legen, sagt er. Apropos Charaktere. Manchmal erschienen mir all die spielbaren Charaktere als etwas zu viel zur gleichen Zeit. Für die Entwickler war es einerseits ein Verweis auf ihre Vergangenheit, aber andererseits ebenso etwas, was man hätte einschränken können, wenn man denn gewollt hätte.
"Einer der Hauptgründe dafür, warum wir auf fünf spielbare Charaktere setzten, war, dass wir bei der Ideenfindung für die Kickstarter-Kampagne an die verschiedenen Charaktere in Maniac Mansion dachten. Daraus wurde eine Menge Arbeit, exponentiell vervielfacht durch die Zahl an Charakteren. Rückblickend denke ich, dass zwei oder drei vielleicht genügt hätten, aber wir wollten diese originäre Mechanik wirklich weiterverfolgen und sehen, wie es sich anfühlt und entwickelt", erklärt Winnick.
Und dadurch wurde wiederum die gesamte Geschichte immer komplexer, ergänzt er. Ausschlaggebend dafür waren die verschiedenen Motivationen, Dialoge und Rätsel, die man für die einzelnen Protagonisten entwerfen musste - alles in allem ganz sicher nicht wenig Arbeit.
Die gesamte Kickstarter-Erfahrung hat Winnick zufolge positive und negative Seiten gezeigt, aber auf jeden Fall habe sich der Entwicklungsprozess deutlich von früheren Projekten unterschieden: "Von Anfang bis Ende an einem solch öffentlichen Projekt mit einer engagierten Fanbasis zu arbeiten, ist definitiv etwas anderes, als alleine für sich daran zu werkeln. Es gibt positive und negative Seiten. Für mich war es eine sehr lohnende Erfahrung, mit den Unterstützern zu interagieren und sofortiges Feedback zu erhalten, wann immer wir es brauchten. Außerdem half der durch die Backer ermöglichte Content dabei, dass sich die Welt deutlich offener und detailverliebter anfühlte. Ein Nachteil ist, dass die Leute eine ziemlich konkretere Vorstellung davon haben, was man entwickelt, daher kann man sich nicht allzu sehr vom versprochenen Spiel entfernen."
"Es sind einfach zwei Seiten derselben Medaille", fügt Gilbert im Hinblick auf die Unterschiede zwischen Kickstarter und einer eher traditionelleren Entwicklung mit Unterstützung eines Publishers hinzu. "Publisher üben mehr Kontrolle aus, denn sie haben das Geld, aber das können die Backer auch, da sie einen daran erinnern, was man während des Crowdfundings versprochen hatte. Spiele bewegen und verändern sich während der Entwicklung und es ist schwierig, das den Unterstützern zu vermitteln. Aber wenn ich zwischen den beiden Modellen wählen müsste, würde ich mich eher für das Crowdfunding entscheiden als mit einem Publisher zu arbeiten."
Nach und nach erschien Thimbleweed Park für weitere Plattformen, vor kurzem etwa für die PlayStation 4. Auf dem Programm stehen außerdem noch Umsetzungen für die Switch (in diesem Monat) und kurz darauf für Android sowie iOS. Dass es mitunter so lange gedauert hat, neue Plattformen anzukündigen, liegt Gilbert zufolge daran, dass man Dinge erst bestätigen wolle, wenn sie wirkich in trockenen Tüchern sind. Das sei zwar für die Spieler frustrierend, aber noch frustrierender wäre es seiner Ansicht nach, wenn man einen Termin nennt und diesen dann nicht einhalten kann.
Weiterhin unterstützt hat man das Spiel bereits durch das erwähnte Hilfesystem und andere Ergänzungen. Mit dem Release der PS4-Version wurde die Spielhalle in der Stadt zugänglich gemacht, die ebenfalls Usern der PC-Ausgabe offen steht, allerdings nur im Hard Mode des Spiels. Dort erwartet euch zugleich ein neues Rätsel, mit dem ihr euch Token zum Spielen verdienen könnt. Darüber hinaus folgt noch der Unbeeped-DLC für Ransome the Clown und Winnick zufolge will man Thimbleweed Park so lange unterstützen, wie daran ein Interesse von neuen und vorhandenen Spielern besteht. Was man noch machen könnte, werde man daher erst in nächster Zeit prüfen.
Und wo wir gerade von der Zukunft reden: Was kommt eigentlich nach Thimbleweed Park? Ein weiteres Adventure? Eine erneute Kickstarter-Kampagne? "Das ist schwierig zu sagen. Wir arbeiten noch immer an all den Portierungen und hatten nicht mal wirklich Urlaub", erklärt Gilbert. Winnick merkt an, dass man sicherlich gerne ein weiteres Spiel machen würde, wenn die geschäftliche Seite das erlaubt. In Deutschland läuft es dabei ziemlich gut. Gilbert zufolge macht Europa fast 70 Prozent der Verkäufe auf Steam und GOG aus, der Großteil davon entfalle auf Deutschland. Wir sind also nach wie vor ein Adventure-Land.
An ein Thimbleweed Park 2 denkt Gilbert jedoch nicht: "Ich würde lieber etwas Neues machen. Nichts gegen Thimbleweed Park, aber ich liebe neue Herausforderungen. Und die Geschichte von Thimbleweed Park wäre auch schwer fortzusetzen", erklärt er.
Wie wäre es stattdessen mit einem neuen Monkey Island oder Maniac Mansion, schließlich hatte Gilbert vor einem Jahr auf Twitter sein Interesse daran bekundet, die Markenrechte von Disney zu kaufen? Mit seiner Antwort auf die Frage sagt Gilbert leider nichts Konkretes - aber zugleich betont er nicht, dass es unmöglich sei -, vielmehr verweist er auf Fight Club.
"Die erste Regel des 'Buying-Your-IP-Back'-Clubs ist, dass man nicht über den 'Buying-Your-IP-Back'-Club redet", sagt er. Interpretiert ihr das, wie ihr mögt. Es wäre aber eine tolle Sache, wenn beide nochmals die Gelegenheit bekommen würden, an einem Monkey Island zu arbeiten. Vielleicht geht der Wunsch ja irgendwann noch in Erfüllung.