Tom Clancy's EndWar
Fixer Feierabend
Im Jahr 2020 steht der Erde ein dritter Weltkrieg bevor. Drei Supermächte bestimmen die labile Weltordnung, fossile Brennstoffe werden knapp und ausgedehnte Raketenabwehrsysteme machen die Macht der Atombomben nichtig. Stattdessen sind es Lasersatelliten, die in dieser Zeit ganze Landstriche verwüsten und Armeen auslöschen. Aber eines können sich auch die Mächtigsten der Mächtigen und die Reichsten der Reichen in dieser fiktiven Zukunft anscheinend nicht leisten: Vernünftige Überwachungssatelliten.
Ohne Kommandofahrzeug seid Ihr als Befehlshaber in Tom Clancy's EndWar nämlich allein auf die Sichtfelder Eurer Einheiten beschränkt. Nur in Ihrer Umgebung dürft Ihr mit Eurer Kamera kleine Runden drehen und seid auch in der Kontrolle des Kampfgeschehens somit ziemlich eingeschränkt. Irgendwie fühlt Ihr Euch eher wie ein Beobachter, der den Truppen ein paar nützliche Hinweise gibt, statt als beherrschender Kommandant. Ein Glück nur, dass die Kommandofahrzeuge, die so genannten Sitreps, in vielen Missionen zum Standard gehören.
Doch was ist das? Aufklärungstechnik aus dem Kalten Krieg? Statt vogelfrei das Schlachtfeld begutachten und die regen Kampfhandlungen beobachten zu können, haut Euch das Sitrep auf Wunsch lediglich eine stark simplifizierte Taktikkarte vor die Nase. Klar, die Befehle kann man dort maschinengewehrartig, schnell und unkompliziert rausfeuern. Davon, wie die eigenen Truppen im Kreuzfeuer Deckung suchen und von der sonstigen Atmosphäre auf den oft hübsch gestalteten Schlachtfeldern bekommt Ihr dort aber rein gar nichts mit.
Vielmehr taktiert man in EndWar recht kühl und gezielt nach fast simpelsten Prinzipien. Hubschrauber werden auf Panzer gehetzt, Transporter gegen Hubschrauber eingesetzt und Panzern zum Angriff auf die Transporter abkommandiert. Eine handvoll zusätzlicher Einheiten erweitert das Konzept zwar ein wenig, die recht strikten Kraftverhältnisse bleiben aber dennoch bestehen. Das ist in diesem dritten Weltkrieg allerdings durchaus positiv zu sehen.
Die Gefechte rund um die Kontrolle von Uplinks und das Zerstören kritischer Gebäude geraten somit nämlich angenehm straff und aktionsreich. Langweilig wird der globale Konflikt jedenfalls zu keiner Zeit. Ständig müssen neue Befehle erteilt, Einheiten aus dem Beschuss abgezogen oder unterstützende Maßnahmen angefordert werden. Ja, tatsächlich geht es 2020 auf der Erde des Öfteren ziemlich turbulent zu. Aber leider, leider spürt man mit der taktischen Karte auf dem Bildschirm so unglaublich wenig davon. Von dichter Stimmung und mitreißender Atmosphäre kann man angesichts der kleinen, über das detailarme Terrain gleitenden Symbole jedenfalls nicht sprechen.
Da hilft im Übrigen auch kein noch so professionell oder militaristisch wirkendes Mikrofon vor dem Zinken. Warum ich erst jetzt auf die tadellos funktionierende Sprachsteuerung zu sprechen komme? Ganz einfach, weil sie in rund 95% der Situationen auf dem Schlachtfeld schlichtweg überflüssig ist. Was auf den Heimkonsolen sicherlich ein cleveres und sinnvolles Feature ist, kann mit der konventionellen PC-Steuerung per Maus und Tastatur einfach nicht mithalten. Mit dem gewohnten Kontrollschema sagt Ihr Eurem Bataillon schlichtweg schneller und vor allem präziser, wo es sich zu stationieren hat. Da kann die Spracherkennung noch so genau und zügig funktionieren. Nur in absoluten Notsituationen, wenn alle Flanken unter Beschuss stehen, sich das Kommandantenhirn wie Rührteig anfühlt und man obendrein in erhöhtem Maße multitaskingfähig ist, vermag die Sprachsteuerung mal einen kleinen Vorteil zu verschaffen. Den Großteil der Spielzeit hängt das Mikrofon aber nichtsdestotrotz eher ungenutzt und beleidigt vor dem Gesicht herum. Natürlich, sofern es nicht von vornherein beiseite gelegt wurde.
Apropos beiseite legen: Lasst Euch von der unglaublich klischeehaften und charakterlosen Einzelspielerkampagne nicht abschrecken. Ihre magere Story mündet nach wenigen Missionen im eigentlichen Hauptfeature des Einzelspielermodus, dem offenen Krieg mitsamt Weltkarte. Und hier kann EndWar seine größte Stärke, die flotten und dennoch taktischen Gefechte, endlich voll ausspielen. Kein albernes Gequatsche um den schmierigen, äh öligen Ivan, sondern die direkte Wahl der nächsten Gefechtsoperation und eine kernige Mission nach der anderen.
Das Besondere dabei ist, dass der Ausgang jedes Gefechts den virtuellen Weltkrieg beeinflusst und das eigene Bataillon obendrein immer erfahrener wird. Das führt auch dazu, dass Ihr Eure Truppen zwischen den Missionen mit einigen netten Upgrades für Feuerkraft und Abwehr oder gar mit durchschlagenden Spezialangriffen ausstatten dürft. Hier läuft EndWar wirklich zu spielerischer Höchstform auf. Ganz besonders dann, wenn man den Krieg im weltweiten Netzwerk gegen reale Kontrahenten ausfechtet. Zwar muss man dort auf die Auswertung der unzähligen Gefechte in der virtuellen Realität stets ein ganzes Weilchen warten, dafür sind die Auseinandersetzungen umso spannender.
Machen wir es kurz und bündig. EndWar bleibt dank einer lupenreinen Umsetzung auch auf dem PC ein interessantes, weil unkompliziertes und spaßiges, weil actionreiches Strategiespiel. Besonders der offene Weltkrieg kann mittels der fortschreitenden Entwicklung des Konfliktes und der Erstarkung der eigenen Truppen jeden Strategen bezirzen. Spannende Online-Gefechte sind dabei ohnehin selbstverständlich.
Trotzdem fühlt man sich mit Maus und Tastatur im direkten Kampfgetümmel ungemein eingeschränkt. Die Vorteile der PC-Gerätschaften kommen in der normalen Ansicht einfach nicht so stark zum Tragen. Gönnt man sich, auch im Sinne des Erfolges, mit einem Kommandofahrzeug hingegen mehr Übersicht und Komfort, verpufft die komplette Atmosphäre in Sekunden zu einem nüchternen Taktieren. EndWar wurde nunmal mit Blick auf den Konsolenmarkt entwickelt, PC-Spieler spüren das in jeder Spielminute. Ein kleiner Punktabzug ist für die PC-Version des endgültigen Krieges somit leider unvermeidlich. Es ist alles gesagt. Sie können wegtreten.
Der globale Ausnahmezustand auf dem PC ist bereits ausgebrochen.