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Tom Clancy's Ghost Recon: Future Soldier - Test

Einsamkeit zeigt, dass mächtige Freunde nicht immer die besten Freunde sein müssen.

Es gibt so diese Games, die einen wertungstechnisch ganz schön in die Enge treiben. Bestes Beispiel dafür wäre wohl Battlefield 3, ein Spiel, in dem zwischen der langweiligen Kampagne und der Krone des Shooter-Multiplayers Welten liegen. Ganz so drastisch fällt es bei Ghost Recon: Future Soldier nicht aus, aber die Richtung stimmt. Für den Einzelkämpfer gibt es hier ein gutes Spiel. Ganz nett, für die Zeit der Kampagne aushaltbar, aber immer mit dem Eindruck, dass irgendetwas so einfach nicht sein sollte. Zu viert im Koop, oder von mir aus auch zu dritt mit einem Bot, ist dies praktisch ein anderes Spiel. Eines, das euch schwitzen, fluchen und feiern lässt. Adrenalin und Testosteron werden in großen Dosen über eine kleine Gruppe ausgeschüttet, während der einsame Streiter sich dagegen schon überlegt, was genau er hier eigentlich tut.

Das Inhaltliche dessen zu beschreiben, ist dank des Tom-Clancy-Logos denkbar einfach. Es wird mal wieder Kalter Krieg gefeiert, Waffenhändler ausgehoben und russische Putschisten zurückgeschlagen. Die freie Welt muss frei bleiben - was auch immer das Post-9/11 genau bedeuten mag - und so ziehen vier der Besten der Besten auf Welttournee. Kein Krisenherd zwischen Kapstadt und Kaukasus bleibt unangetastet, keine Insurgenten-Minderheit unverletzt. Aus Bodennähe und im direkten Kontakt wird das zwar nicht interessanter als die 50 anderen Geschichten zu dem Thema - die Hälfte davon geschätzt von Clancy selbst -, aber zumindest ein klein weniger persönlich als es aus den Vogelsichten eines Endwar oder HAWX 2 der Fall war. Trotzdem, für die Story kommt hier keiner her, aber sie bleiben alle für die Missionen.

Teamwork war bereits in früheren Ghost-Recon-Spielen der Schlüssel zum Erfolg und daran hat sich nichts geändert. Jedoch ist hier entweder das Vertrauen in die Spieler, das Mikromanagement des Teams in den Griff zu bekommen, gesunken oder der Wunsch, sich an den Zeitgeist der Convenience als Marketing-Vorteil anzupassen, gestiegen. So oder so seid ihr im Alleingang mit einer KI auf eurer Seite unterwegs, die so gut funktioniert, dass ihr mehr den großen Koordinator mimt, als euch selbst im Dreck die Hände schmutzig machen zu müssen.

Es genügt, einen Feind anzusehen und per Tastendruck zu markieren und schon wird der Computer-Kollege sich in Stellung bringen, um euch von dem Plagegeist zu befreien. Noch eleganter funktioniert dies mit der sehr gut steuerbaren Mini-Drohne, über die ihr euch einen Überblick über das gesamte Schlachtfeld holt und dort einzelne Gegner herauspickt, die euch den Tag verderben könnten. Drei lassen sich markieren und ausschalten ohne, dass ihr selbst eingreifen müsstet. Einen Vierten - am besten natürlich den am einfachsten zu erreichenden - markiert ihr auch noch, das ist dann eurer. Die Drohne lasst ihr schweben, geht kurz in die eigentliche Third-Person-Sicht und schon ist alles für den Synchron-Abschuss der Gruppe bereit. Das klingt jetzt vielleicht so, als könnte dabei einiges schiefgehen, aber das täuscht.

Die härteste Aufgabe dabei ist, dass keine nicht angepeilte Wache eine der in Kürze dort liegenden Leichen sehen kann, bevor ihr nicht auch sie aus dem Weg räumt. Das wird jedoch erst im letzten Drittel des Spiels zu einem echten Problem, wenn teilweise bis zu einem Dutzend Feinde ein relativ kleines Areal kontrollieren. Aber selbst dann verblüfft immer noch die Fähigkeit der KI-Kollegen, sich in Position zu bringen. Es gab praktisch keinen Abschuss, für den sie nicht innerhalb von zwei Sekunden bereit waren. Dabei hilft die adaptive Tarnung, mit der die Ghost-Soldaten auf kurze Distanzen wie überzüchtete Chamäleons in der Landschaft verschwinden. Bei euch selbst funktioniert das ganz ordentlich. Auf längere Distanzen werdet ihr auf freiem Feld nicht gesehen und selbst relativ nah dran dauert es ein paar Sekunden, bis die Alarm-Sirenen ihr Lied spielten.

Ghost Recon: Future Soldier - Gunsmith-Trailer

Die KI-Ghosts jedoch scheinen einen Freifahrtschein zu haben und pirschen sich unmöglich nah an den Wachen vorbei, auf Entfernungen, wo ihr schon längst unter Beschuss stehen würdet. Auch wenn ihr euch gerade mal so zwischen zwei Patrouillen durchdrückt und schon fast gesehen in Deckung huscht, müsst ihr euch keine Sorgen um die Kameraden machen. Sie stehen direkt hinter euch. Es ist auf diese Weise wahrscheinlich besser, als sich ständig ärgern zu müssen, wie blöd sich die KI doch anstellt, aber es lässt viele Wachtposten auch zu belanglosen Pflichtaufgaben verkommen. Praktisch die ersten zwei Drittel des Spiels lassen sich selbst auf dem gehobenen Schwierigkeitsgrad lösen, ohne auch nur einmal selbst den Abzug zu betätigen, was am Ende den eigenen Puls sehr niedrig hält.

Für Spannung sorgen danach auch am ehesten die Momente, in denen euch das Spiel einen Shoot-Out aufzwingt und die KI teilweise erbärmlich scheitert. Vor allem ein bestimmter Panzer schien es ihnen angetan zu haben, indem sie immer wieder vor seinem Rohr herumhuschten. Gut, dass sich da war, um sie immer wieder auf die Beine zu bringen und sie nicht final sterben konnten, aber als Sanitäter hatte ich meine Rolle nun auch nicht verstanden.

Ghost Recon: Future Soldier - Multiplayer-Trailer

Wie gesagt, die Mechaniken, einzelnen Szenarios und visuellen Eindrücke sind schick genug, um auch im Alleingang einen Durchgang zu rechtfertigen, aber wirklicher Spaß kommt halt erst zu viert auf. Nichts läuft anders als zuvor, die Kampagne bleibt die gleiche. Aber ohne die hundertprozentige, schlafwandlerische Sicherheit der KI auf eurer Seite, sondern mit Spielern, die unter den gleichen "positiven" Nachteilen leiden wie ihr selbst, schallt schon häufiger mal ein "Visier den doch selber an, Du Depp!" über das Headset, wenn die Ziele etwas zu fantastisch ausgewählt werden. Fremdscham und Schuldgefühle können plötzlich ebenfalls positive Einflüsse sein, wenn ein selbst mitgebrachter Freund das Ganze irgendwie für Call of Duty hält oder man es eben selbst ist, der die Deckung auffliegen lässt und den perfekten Score versaut.

Das Spiel kommt euch mit einem Splitscreen für zwei entgegen, sodass ihr notfalls zu viert auf zwei Konsolen spielen könnt, aber mehr als funktional ist das leider nicht. Überraschenderweise - zumindest für mich - legt Future Soldier echte grafische Stärken mit schönen Setpieces an den Tag. Schnee-Wüsten, Steppen und andere Außenareale sind echte Stars, es gibt gutes visuelles Trefferfeedback und auch das Waffenhandling kann sich wirklich sehen und fühlen lassen. Nicht ganz die Speerspitze der Bleeding-Edge-Entwicklung aber nichtsdestotrotz sehr hochwertig.

Als größter bleibender Kritikpunkt, egal wie gut die Koop-Mechaniken auch funktionieren, stellten sich die teilweise ein wenig zu begrenzten Gebiete heraus. Eine russische Waffenfabrik ist durch Wände definiert, dass ihr jedoch bei der Erkundung der Zeltstadt eines Flüchtlingslager kaum Mitspracherecht bei den Wegpunkten habt und ständig vom Oberkommando zurück auf den "richtigen" Weg gepfiffen werdet, nervt in Einzelsituationen schon ein wenig. Meistens ist der Platz da, letztlich geht es auch um das Tüfteln auf begrenztem Raum mit begrenzten Ressourcen und definierten Gegnern, aber ein wenig mehr Auslauf hätte an zwei, drei Stellen jetzt auch nicht geschadet.

Ghost Recon: Future Soldier - Gameplay-Video

Über solche Momente tröstet nach einer Mission dann der Score hinweg, der sich als hervorragendes Mittel zu Steigerung der Langzeitmotivation entpuppte. Eine Mission generell zu schaffen ist relativ einfach, hier jedoch den Zähler auf 100 Punkte zu bringen, ein Kunststück. Keine Entdeckungen, keine Fehlschüsse und schon gar keine zivilen Verluste. Im Falle dieser wird die Mission zwar fortgesetzt, aber einen guten Eindruck in der Akte hinterlässt es sicher auch nicht. Vorsicht und Umsicht sind gefragt, um in den Score-Listen mit dem eigenen Team nach oben zu wandern. Wer so mit seinen Freunden spielt, wird eine großartige Hightech-Stealth-Zeit erleben.

Der Vs.-Modus dagegen ist zwar nicht schlecht, aber letztlich auch keine so große Bereicherung. Wenn zwei Teams einander zu kontrollierende Positionen streitig machen oder sich eine Art Deathmatch liefern, ist das ganz nett und natürlich wird in den drei Klassen - Schütze, Scout, Tech - auch hochgelevelt. Auf diese Weise schaltet ihr neue Waffen frei und das ist alles schick, nur springt der Funke nicht annähernd so über, wie es im Koop der Fall ist. Wobei ich zugeben muss, dass dies auch sehr stark von den Teams abhängig sein dürfte, denn die 10 Karten bieten viel Platz für Versteckspiele. Es ist eines der Probleme mit einem Test, in dem die Public-Server noch nicht laufen. Die Auswahl der Mitspieler ist begrenzt und nur weil wir im Koop zusammenpassten, heißt das wohl noch nicht so viel für den Vs.-Modus. Das vorhandene Material ist da, seht selbst, ob ihr hier noch mal den Spaß findet, den die Kampagne bietet. Und wenn nicht, dann ist es im schlimmsten Fall immer noch eine ordentliche Übungseinheit, um eines Tages die 100 Prozent in allen Missionen erreichen zu können.

Der Guerilla-Modus - nein, einen Mangel an Masse und Spielvarianten gibt es wirklich nicht - lässt sich am einfachsten mit Horde-Modus übersetzen. 50 Wellen, alle 10 kommt ein Ortswechsel mit einer Stealth-Runde und ein Bosskampf. Ghost Recon: Future Soldier zeigt hier, dass es in erster Linie ein Stealth-Spiel und erst danach ein Shooter sein möchte. Es liegt ein gewisser Reiz in den hektischen Massenkämpfen und gut funktionierende Teams wachsen hier weiter unter Stress zusammen, aber wiederum würde ich es in erster Linie als Trainingseinheit für die Kampagne spielen. Nur, dass ich dann halt auch gleich in eine entsprechende Mission springen könnte. Aber andererseits hatte ich jetzt natürlich auch den Overkill des Testers all diese Dinge in immerhin nicht zu wenigen Tagen- ehrlicher Dank an Ubisoft -, aber doch recht zügig zu spielen. Guerilla ist einer der Modi, über die ich mich als Privatkäufer in vier Wochen freuen würde, wenn ich alles andere schon gesehen habe. Wie gesagt, der Umfang von Future Soldier ist mehr als nur anständig.

Ghost Recon: Future Soldier - Launch-Trailer

Was uns zu guter Letzt zum Waffenschmied-Modus bringt. Wem von euch sehr langweilig sein sollte, der kann sich hier komplett austoben. Gerade für den Vs.-Online-Bereich sind ein endlos neu würfelbares Äußeres der Waffen eine schicke Sache. Die Werte jedoch verändern das alles kaum und selbst die Accessoires konnten keine Waffen schaffen, die die sowieso schon in nicht allzu kleiner Zahl vorhandenen anderen Schießeisen ausgestochen hätten. Was zum Herumspielen, aber nichts großartig Relevantes.

Ghost Recon: Future Soldier kann eine spektakuläre Spielerfahrung sein, aber sie hängt von den Bedingungen ab, unter denen ihr es spielt. Habt ihr drei gute Freunde und haben die alle Zeit für mehr als ein Dutzend Stunden Kampagne? Das hier ist euer Spiel, es ist spannend, fordernd, intelligent und immer wieder reizvoll. Spielt ihr dagegen allein und wisst ihr, dass sich das nicht so schnell und auch nicht mit diesem Game ändern wird, dann fühlt sich das durch die fast schon übermächtige eigene KI ersetzte Mikromanagement früherer Teile wie eine Art Cheat an. Einfach nur markieren, der Computer wird's schon richten. Über zu weite Strecken klappt das zu gut, als dass es auch nur annähernd die Spannung und den Reiz des Koop aufkommen lassen würde.

Ghost Recon: Future Soldier ist damit ein ganz klares Kleingruppen-Gemeinschaftserlebnis, das ihr auch als solches betrachten müsst. Als solches werte ich es hier zum größten Teil und als solches schätze ich es auch. Sucht euer Team (sprich: ruft Freunde an), checkt die Ausrüstung (sprich: "Test, Test, Headset ok.") und rettet die freie Welt (sprich: spielt Ghost Recon: Future Soldier).

8 / 10

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