Tom Clancy's Ghost Recon: Future Soldier - Vorschau
Niemand kämpft allein in der Zukunft. Oder zumindest solltet ihr das nicht.
Bei manchen Spielen muss man einfach mal ein wenig Werbung im Vorfeld machen, weil sie gefühlt von niemandem so richtig mit gebührender Freude erwartet werden. In diesem unglücklichen Falle mag das wohl daran liegen, dass Ghost Recon: Future Soldier, das in meinem Augen nie sonderlich glückliche Logo Tom Clancys trägt, symbolisch für schwache "USA gegen Waffendealer/Insurgenten/Putschisten/spielt keine Rolle"-Stories und die vielleicht sediertesten Dialoge in der Welt lahmer Zwischensequenzen. Und um ehrlich zu sein, es hat nicht den Anschein, als könnte Ghost Recon aus diesem Teufelskreis schlechter Militaristen-Publizistik ausbrechen.
Es geht gegen Waffendealer/Insurgenten/Putschisten/spielt keine Rolle und ja, die Zwischensequenzen machen ungefähr so viel Lust auf die Weltrettung wie sie es in HAWXs 2 taten, bis heute mein persönliches Clancy-Feindbild. Was sich jedoch in den Missionen abspielt, ist eine ganz andere Liga und ich muss sagen, dass es schlicht ungerecht scheint, dass dieses Game in einer kleinen Welle selbst verordneter Diablo-3-Massenberauschung und Max-Payne-3-Vorfreude untergehen könnte. Oder ich liege komplett daneben und alle freuen sich auf Ghost Recon und nur hier war das nicht so ganz klar. Aber dann kann ja ein Extra-Blick auf kommende Kriege auch nicht schaden.
Vor allem, weil die Fan-Basis der Serie ein Weilchen keinen Nachschub bekam - Advanced Warfighter 2 erschien in 2007 - und derzeit in erster Linie von Gerüchten über Komplett-Casualisierung aufgeschreckt wurde. Diese sind nicht sonderlich übertrieben, wie ein Blick auf den Solo-Modus zeigt. Das gesamte Management des Teams scheint verschwunden zu sein, die KI auf der eigenen Seite agiert komplett autark und tut, was sie für richtig hält, ohne auf euch zu warten. Oder ihr nehmt eine Drohne und spielt den großen Koordinator.
Das schon immer beliebte Gadget erfährt zusammen mit den erstaunlich potenten Kameraden eine fast schon übermächtige Schlüsselrolle. Sofern ihr nicht grad in einem Schneesturm feststeckt, lenkt ihr den leisen Westentaschenflieger über das Schlachtfeld und spioniert die feindlichen Routen aus, während ihr die Ziele markiert. Per Knopfdruck weist ihr den Kollegen ihre Abschüsse zu und legt so bis zu vier Ziele fest. Auf diese Weise lässt sich eine ganze Gruppe Wachen beseitigen, ohne dass sie Gelegenheit hätte, Alarm zu schlagen.
Damit das Ganze auch funktioniert, dachte sich die US-Armee ein wundervolles neues Spielzeug aus, das euch (fast) unsichtbar werden lässt. Man sollte nicht die Details adaptiver Tarnung - lässt eure Leute wie ein Schimmern in der Landschaft wirken - hinterfragen, sondern akzeptieren, dass ihr selbst auf freiem Feld auf einige Entfernung kaum zu sehen seid. Dieses Gadget erlaubt es den KI-Freunden, sich beinahe beliebig zu platzieren und heranzupirschen, um euren Abschuss-Wünschen entsprechen zu können, ohne dass ihr einzelne Routen und Positionen austüfteln müsstet. Das ist definitiv eine Vereinfachung gegenüber früheren Ghost Recons und natürlich kein Vergleich mehr zu Rainbow-Six´s Planungs-Orgien.
Der einer solchen Aktion folgende Synchron-Abschuss funktioniert im Solo-Modus praktisch automatisch, aber Solo ist auch nicht die Art, wie man Future Soldier betrachten sollte. Das hier wird ein Spiel, das dermaßen prädestiniert für den Koop ist, dass ihr es wahrscheinlich gar nicht ohne Freundes-Support einplanen solltet. Dann aber, zu viert, zeigt sich, was in dem Spiel steckt. Sobald man sich auf die Koordinierungskünste eines Mitspielers verlassen muss und zusehen, dass man es schafft, ungesehen in Position zu kommen, nur um dann zu hören, dass der Missions-Administrator es sich anders überlegte und euch zur gegenüberliegenden Schlachtfeldseite ruft, hat schon massives Fluch- und Spannungs-Potenzial. Und endete nicht selten damit, dass einer einfach aufgab und das Feuer eröffnete, um nicht länger dem Diktat unterworfen zu sein. Was wiederum in einem Missionsverlauf mündete, den die Militärphilosophen gerne als "Clusterfuck" definieren.
Die gesamte Kampagne wird sich zu viert durchspielen lassen und das scheint auch genau der Weg zu sein, den man gehen sollte. Diese dürfte mit 10 bis 12 Stunden (Schätzung ausgehend von der Zahl der Missionen und der Zeit, die es dauerte, die in der Preview gezeigten zu spielen) zwar nicht gerade kurz ausfallen, es wird aber noch jede Menge Dinge drum herum geben. Eine Art Horde-Modus darf nicht fehlen, offensichtlich etwas, dass US-Elite-Soldaten sogar in Wirklichkeit trainieren. Nach dem Motto: "1000 Insurgenten rennen auf Dich zu, was tust Du?" Scheinbar lautet die richtige Antwort nicht, in die andere Richtung zu spurten.
Der Gunsmith-Modus wird ein Fest für alle Waffennarren und hat sogar spielerische Bedeutung. Ihr erhaltet nach und nach Massen an Waffen und Modifikationen, die sich weitestgehend frei kombinieren lassen, um ganz genau das für euch richtige Arsenal zu basteln. Dieses dürft ihr dann in praktisch allen Spielmodi nutzen, nicht nur im Multiplayer. Ich hatte leider noch nicht so viel Zeit, um hier herumzuspielen, aber es sieht durchaus interessant aus, gerade wenn man sich in einem festen Team auf spezielle Rollen festlegen möchte.
Ghost Recon: Future Soldier mag nicht ganz so in die Tiefe gehen, wenn es um das Steuern eines kompletten Teams geht, aber das heißt nicht, dass das hier ein Gelegenheits-Casual-Spielchen wäre. Zwei, drei Treffer und es ist vorbei, das Planen eines Angriffs ist immer noch der Schlüssel zum Sieg und die richtige Koordination aller Teammitglieder untereinander wird dieses Spiel augenscheinlich zu einem Koop-Fest machen. Ich bin mir nicht sicher, ob man das alles hier einen Reboot nennen kann - gibt es da Definitionen, wann es ein Neuanfang ist und wann "nur" ein neuer Teil? -, aber Future Soldier hat mich sehr positiv überrascht und es ist ein frischer Wind für Ghost Recon, dem ihr euch vor allem mit festen Freundeskreisen in Kürze freudig stellen dürft.