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Tom Clancy's Ghost Recon: Future Soldier

Mehr Action, weniger Taktik

Interessant wird das Ganze aber erst kurz vorm Ziel. Die Industrieanlage, in der der VIP gefangen gehalten wird, wird von zwei Dutzend Soldaten bewacht. Das Areal ist recht offen und bietet verschiedene Angriffswege. Hier bietet der Titel wieder etwas mehr Freiheit und macht auf einen Schlag gleich doppelt so viel Spaß.

Erst einmal geht euer ganzes Team in den Stealth-Modus und wirft dazu die optische Tarnung an. Hierbei wird wie beim Predator das Licht um die Spezialisten herumgeleitet. Eine Funktion, die trotz einiger Experimente in dieser Richtung vollkommen unrealistisch ist, aber spielerisch für ein paar spannende Ansätze sorgt. Ihr schleicht euch so nah wie möglich an die Ziele heran und schaltet diese auf Knopfdruck mit einem Schlag aus.

Eure Tarnung ist hinterher natürlich hinfällig, es kommt zu einem offenen Gefecht, das – wie schon eingangs erwähnt – durch die brutale Inszenierung für Aufsehen sorgt. Der Rückstoß wird mit einer wackelnden Kamera in Szene gesetzt und sorgt für ein eindringliches Mittendrin-Gefühl. Und auch die Einschläge der feindlichen Kugeln fühlen sich sehr direkt und intensiv an. Bis zum Release dürfen sie diesen Effekt aber gern noch etwas abmildern. Besonders in längeren Feuergefechten wird es einfach zu viel.

Noch besser sind aber die Animationen. Eure Kämpfer bewegen sich sehr realistisch von Deckung zu Deckung, werfen sich förmlich hinter Betonabsperrungen und wechseln fließend zwischen Hocke und Hinlegen. Das sieht um Klassen besser aus als in den Vorgängern oder vergleichbaren Produkten. Future Soldier erinnert hier etwas an Battlefield 3, ohne aber dessen grafische Brillanz zu erreichen. Ja, Licht, Texturen und Charaktermodelle sind detailliert und die passenden Effekte versprühen Schlachtfeld-Atmosphäre. Doch die Frostbite Engine 2.0 von DICE ist einfach nochmal eine Klasse besser. Und das, obwohl sich auch Ghost Recon bei der Zerstörbarkeit zurückhält.

Nachdem ihr dann endlich den VIP aus einem Container befreit habt, schaltet Future Soldier einen Gang höher und versprüht fast ein wenig Call-of-Duty-Feeling. Mit eurem Ziel im Schlepptau geht es in Richtung Abholpunkt. Leider taucht auf einmal die Verstärkung auf und belegt euch mit Dauerfeuer. Die Geisel beschützend, ballert ihr nur mit einer einhändigen Maschinenpistole auf die Angreifer. Bis zwei dicke Kampfhubschrauber auftauchen, die euren Rückzug praktisch unmöglich machen. Hier greift Ubisoft Paris auf Skripte zurück. Euer Team fordert einen Luftschlag an, der in Form einer thermobarischen Rakete auch wenige Minuten später eintrifft. Das Geschoss explodiert in der Luft, versprüht brennbares Material und zündet es anschließend mit einer gewaltigen Explosion. Eine wirklich beeindruckende Waffe, die die beiden Hubschrauber aus der Luft reißt und den feindlichen Widerstand mit einem Schlag auslöscht.

Abschließend ging es dann noch in ein Multiplayer-Gefecht. Fünf gegen fünf, unterschiedliche Klassen und frei wählbare Waffen. Spielerisch dank Drohnen, Tarnung und verbessertem Deckungssystem klar verbessert und mit einem neuen Spielmodus gesegnet. In diesem besteht eure Aufgabe darin, nacheinander verschiedene Ziele zu erreichen. Mal müsst ihr ein Areal halten, mal Bomben entschärfen oder diese selbst legen. Wer Killzone 2 und 3 online gespielt hat, wird sich schnell zurechtfinden. Der ständige Wechsel zwischen Angriff und Verteidigung sorgt für eine angenehm abwechslungsreiche Spieldynamik. Wie eingangs erwähnt, wurden das Snap-On-Feature und die starke Squad-Auslegung etwas abgemildert. Ihr bekommt zwar weiterhin einen Angriffs- und Verteidigungs-Bonus, wenn ihr euch gemeinsam durch das große Industrieareal bewegt, aber ihr klebt nicht mehr so aneinander wie bei der ersten Vorstellung. Ein guter und richtiger Schritt.

Ja, auch ich war anfangs geschockt, als ich die schlauchartigen Levelabschnitte zum ersten Mal zu Gesicht bekam. Das hatte zumindest auf den ersten Blick wenig mit dem Ghost Recon zu tun, das mir in den letzten beiden Teilen ans Herz gewachsen ist. Der zweite Nigeria-Teil bot dann aber genug Freiheit, um die Genre-Bezeichnung Taktik-Shooter zumindest teilweise zu rechtfertigen. Vor allem weil die Entwickler immer wieder betonen, dass es noch größere, weitläufigere Areale geben wird. Richtiggehend begeistert haben mich dagegen die frische Inszenierung und das neue Waffen-Handling.

Das Spielgefühl ist schon jetzt sehr intensiv und bewegt sich eben nicht auf ausgetretenen Pfaden. Die Anzeige der Missionsziele, das reduzierte HUD und die ganze Präsentation wirken sehr futuristisch und passen hervorragend zur Thematik. Mir hat aber auch der geskriptete Abschluss der Nigeria-Mission Spaß gemacht. Solche Tempowechsel machen das Erlebnis eine ganze Portion dynamischer. Wenn es Ubisoft damit nicht übertreibt, könnte es gelingen, sowohl Action- als auch Taktik-Fans zu begeistern. Oder aber sie vergraulen beide Zielgruppen. Es ist noch alles drin.

Tom Clancy's Ghost Recon: Future Soldier wird voraussichtlich im ersten Quartal 2012 erscheinen. Eine Xbox-360-Beta ist für den Januar geplant.

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