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Tom Clancy's H.A.W.X. 2

Schon besser

"He was turned to steel, in the great magnetic field, When he travelled time, for the future of mankind..."

Ich kann verstehen, was Martin an H.A.W.X. 2 nervt. Die flachen Charaktere, die vorhersehbare und vor allem typisch amerikanische Story, ja sogar die Zwischensequenzen sind eine mittlere Katastrophe. Noch dazu ein Gameplay, das sich nicht entscheiden kann, ob es Action will oder Simulation liefert und dabei auch noch wenig Neues bietet. Fertig ist ein Spiel, das sich gerade so über den Durchschnitt rettet. Doch mit dem Schritt von Konsole zu PC, von Kompromiss-Grafik zu DirectX 11, verwandelt sich dieser Tom-Clancy-Story-Blödsinn erstmals in ein akzeptables Erlebnis.

Was Ubisoft Rumänien dank Tessalation und beeindruckender Landschaftsgrafik hier auf den Bildschirm zaubert, ist schlicht wunderschön. Okay, Panzer und Gebäude bestehen immer noch aus viel zu wenig Polygonen, doch wenn man seinen fotorealistischen Flieger durch tiefe Gebirgsschluchten, über pulsierende Städte und sandige Tafelberge fliegen lässt, bekommt das Auge so viel geboten, dass es Story-Verständnis und Innovationslust lautstark überstimmt.

Außerdem wurde ich durch Dutzende moderne Kriegsspiele und Multiplayer-Shooter gegen Tom-Clancy-Dünnpfiff gestählt. Während sich Martin bei russischen Verschörungstheorien und terroristischem Heimatschutz-Mist die Zehennägel aufrollen, bin ich schlicht abgestumpft und akzeptiere diese als einen Teil der "authentischen" Atmosphäre.

Rund, glänzend und tödlich: Die AC-130 Spectre.

Klar, selbst Klassiker wie Strike Commander lieferten eine bessere, glaubwürdigere Geschichte, aber wer in den 80ern und 90ern Flugsimulationen spielte, hat sich an die nüchterne Militärsprache und ihre simpel gestrickten Szenarien gewöhnt. Außerdem: Wer die ganze Zeit mit Pistole und Sturmgewehr herumrennt, darf nicht kompliziert denken, sonst würde es die ganze Zeit Amokläufe geben.

Selbst die Drohnen- und Luftunterstützungselemente sehe ich anders. Ja, sie lenken etwas zu viel vom eigentlichen Fliegen ab, doch sie gehören zu der modernen Kriegsführung einfach dazu. Sie sind ein integraler Bestandteil der Strategie und deshalb in einer Arcade-Simulation keineswegs Fehl am Platz. Mir haben sie sogar richtig Spaß gemacht, aber hey, ich finde ja sogar die Kampagne von Medal of Honor gut. Und simpler geht es nun wirklich nicht mehr.

Auch die eigentlichen Missionen gehen für mich in Ordnung. Egal ob Angriff oder Verteidigung, Luftschlachten oder Bodenkämpfe, die ganze Zeit liefert euch H.A.W.X. 2 neue Elemente und frische Landschaften. Natürlich ist das Flugmodell simpel und man hat viel zu viele Raketen, doch die anderen Action-Flusis sind da nur marginal besser. Und ja, die Ace Combat-Serie liefert unterm Strich das straffere und abwechslungsreichere Gameplay, eine packendere Kampagne und umfangreichere Freiheiten, aber das schlichte Herumfliegen und MIGs abschießen macht auch in H.A.W.X. 2 Spaß. Noch dazu gibt es einen gelungenen Multiplayer-Modus, bei dem sich aber aktuell recht wenig Gegner tummeln. Dazu ist scheinbar der Abstand zum Original-Release einfach zu groß.

Doch zurück zum eigentlichen Highlight, der aufgebohrten Grafik. Von dem DirectX-11-Effekt Tessalation profitieren vor allem die Flugzeugmodelle. Über diese Shader-Funktion lassen sich echte Rundungen erzeugen, was dazu führt, dass es auf den ersten Blick praktisch keinen Unterschied zum Original gibt. Wer keine entsprechende Grafikkarte besitzt, muss sich aber nicht allzu sehr ärgern. Auch ohne diese Funktion sieht der Titel um Klassen besser als sein Konsolen-Vorbild aus.

Zusätzlich wurden verbesserte Sunshafts und andere Beleuchtungseffekte eingebaut, die insbesondere im Dämmerlicht für ein Plus an mehr Atmosphäre sorgen. In allen DirectX-Versionen profitiert die Landschaft durch die höher aufgelösten Texturen. Speziell im Bodenkampf heißt es so nur selten Augenkrebs, sondern viel mehr Augenweide.

Ja, sogar die Explosionen wurden aufgemotzt, auch wenn die Zerstörung lang nicht so organisch wie bei der Simulationskonkurrenz wirkt. Gerade am Boden oder bei größeren Flugzeugen wirkt das Feuer nur aufgeklebt. Hier gibt es immer noch viel Verbesserungsbedarf. Dafür sorgt gerade das Hochgebirge mit seinen endlosen Wäldern für ein wirklich beeindruckendes Gesamtbild, das übrigens in 3D Vision noch plastischer daherkommt. Ich bekomme zwar immer noch Kopfschmerzen davon, aber zumindest ohne HUD war der 3D-Effekt beeindruckend. Deutlich anstregender ist es dagegen mit den Anzeigen. Diese schweben auf einer Ebene und zerstören damit ein Teil der Illusion. Angesichts der geringen Verbreitung von 3D Vision ist das aber ganz sicher kein Beinbruch.

Ach ja: Versucht erst gar nicht, H.A.W.X. 2 mit Maus und Tastatur zu spielen. Es funktioniert nicht. Wirklich. Keine Chance. Nein, auch nicht als Pro-Gamer. Schnappt euch ein Xbox-Pad oder einen stilechten Joystick. Das sitzt, passt, wackelt und hat ne Menge Luft.

Ok, H.A.W.X. 2 ist kein herausragendes Spiel und hat so viele Macken und Unstimmigkeiten, dass man die rumänischen Entwickler immer wieder zum Teufel wünscht. Doch unter der rauen Schale steckt nicht nur ein vitaler Kern, sondern auch eine bildhübsche PC-Umsetzung. Dank höherer Auflösung, mehr Polygonen, aktuellerer Technik und detailreichen Texturen präsentiert sich der Titel abseits der mageren Zwischensequenzen als echte Schönheit. Im Zusammenspiel mit dem soliden Gameplay-Kern und meiner ganz persönlichen Neigung für Military-Quatsch hat sich so viel Eye-Candy sogar eine Aufwertung verdient. Erwartet keinen Ace-Combat-Killer oder gar eine richtige Simulation. H.A.W.X. 2 ist ein wenig Dogfight für zwischendurch. Für ausgehungerte PC-Action-Flieger wird es damit aber leider zum Pflichtprogramm. Das nächste Ace Combat wird wieder nicht für unseren geliebten Heimcomputer erscheinen. Damit bleibt H.A.W.X. 2 für eine ganze Weile die einzige Alternative. Traurig, aber wahr.

H.A.W.X. 2 ist für Xbox 360, PS3, PC und Wii erhältlich.

7 / 10

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