Tony Hawk: Ride
Der alte Mann und das Brett
Hier ist eine Theorie: 8-Jährige sind intelligentere Spieler als 34-Jährige. Wie ich auf so etwas komme? Gamescom.
Während ich bei Activision auf meinen nächsten Termin wartete – danke für den Cafe, Jungs –, lief in einem der Zimmerchen ein Kampfspielchen zu irgendeiner Kinder-Anime-Serie auf der Wii. Seltsame Viecher, viele Blitze, sensorische Reizüberflutung, wahrscheinlich ganz im Sinne des Vorbilds.
Leicht abfällig beobachtete ich weiter und das Gefühl der Überlegenheit legte sich schnell. Immer neue Einblendungen, da wird scheinbar gewürfelt, gecomboed, taktisch gezogen und vieles mehr. Was auch immer da lief, es überforderte das mit 34 Jahren offensichtlich viel zu alte Redakteursgehirn. Und gleichzeitig war ich mir sicher, dass jeder 8-jährige Anbeter der zugehörigen Serie innerhalb von einer halben Stunde alle Regeln intus gehabt und mit mir in diesem Spiel den Fußboden gewischt hätte. Kinder kapieren so etwas richtig schnell, wenn sie Lust dazu haben, während wir älteren Semester konkretere Spielgedanken bevorzugen. Und in diesem Moment war ich sehr glücklich, als es endlich damit losging, die wohl greifbarste Spielerfahrung der Messe zu machen: Tony Hawk: Ride.
Zugegeben, als man vorletztes Jahr Tony Hawk: Proving Ground noch bestenfalls solide Mittelmäßigkeit bescheinigen konnte und die Krone eindeutig an EAs skate ging, galt es als sicher, dass der Altmeister für immer abgetreten war. Besser als die Zwei-Stick-Steuerung in skate lässt es sich mit einem Pad nicht skaten. Und das gilt immer noch. Robomondo – ganz frisches Studio, Ride ist ihr erster Titel – erkannte das auch und in gewisser Weise ist ihr Ansatz, den Rivalen auszustechen, eine Form des Cheatens. So ungefähr wie die Hightech-Badeanzüge, mit denen die Schwimmer Delphine alt aussehen lassen, auch von manchem als Sieg durch Technik und Geld statt wirklichem Können angesehen werden. Na und? Cheaten ist das, was heutzutage Olympiasieger ausmacht, und wenn es Laune macht, wer sind wir, dass wir die Mittel kritisieren? Keine Sorge, zu den Kosten kommen wir später noch.
In der überdimensionierten Packung wird sich also ein Skateboard ohne Rollen finden. Man muss schon dazusagen, dass es kein Snowboard ist. So eines kann man ja leicht mit einem Skateboard ohne Rollen verwechseln. Sollte jemand bezüglich der Haltbarkeit des Plastikbretts Zweifel gehabt haben: 150 Kilo hält es offiziell und meine eigenen 100 gingen nicht sanft mit ihm um. Und es nahm jedes Gramm, das ich ihm entgegenwarf, mit Bravour. Es knirschte beim rauen Ritt nicht einmal, es bog sich nicht oder zeigte irgendein Problem mit der Masse. Die Oberfläche wurde mit einem aufgerauten Material für guten Grip beschichtet und mit handelsüblichen Sneakern rutschte da nichts. Im Gegensatz zur Unterseite, die mit Vorsicht auf glatten Dielen zu genießen sein dürfte. Auf Teppich gab es hier jedoch nichts zu bemängeln. Und schon die ersten virtuell geskateten Meter machten deutlich, dass dieses Stück Plastik seinen Zweck weit besser erfüllt, als es beispielsweise Nintendos Balance Board tut.
Die Kanten sind gebogen und erlauben gefühlvolles Kippeln in alle Richtungen, bei dem das Brett unter den Zehenspitzen wirklich nachgibt und sich neigt. Das fühlt sich um Längen authentischer an, als das stocksteife Balance Board. Es fühlt sich sogar fast wie Skaten an. Und das nicht erst nach einer langen Einspielzeit, sondern praktisch vom Start weg. Damit die Illusion noch gesteigert wird, sind an Spitze, Ende und den Seiten nach schräg oben gerichtete Infrarotsensoren montiert, die es erkennen, sobald ihr mit dem Fuß am Board entlang wischt, ganz so als wolltet ihr Schwung holen. Genau so wird diese Bewegung auch umgesetzt. Ein einzelnes Wischen reicht dabei schon für den nötigen Speed der präsentierten Downhillfahrt aus. Mal gucken, wie anstrengend das wird, sobald ihr auf einer Ebene Tempo braucht.