Torchlight
Fackelt lange
Ende Oktober hat Peter Molyneux die seiner Meinung nach fünf wichtigsten Spiele gekürt. World of WarCraft war Nummer fünf, wegen des sogenannten „carott danglings“, das es so kunstvoll betreibt. Dieser Begriff beschreibt die Technik, den Spieler mit tollen Ingame-Belohnungen wie einen Esel mit einer Karotte vor der Nase durch die Spielwelt zu locken - und ihn dort zu halten. Möglichst für immer. Schön und gut, der Mann hat schließlich Ahnung. Beim Spielen von Torchlight ist mir allerdings mal wieder eingefallen, dass diese Praxis eigentlich ein ganz anderer Titel erfunden hat. Nämlich Diablo.
Jetzt mag man einwenden, dass dies nicht weiter verwunderlich ist, schließlich stammen WoW und Diablo ja auch beide von Blizzard. Aber dennoch habe ich so das Gefühl, dass dem frenetischen Dungeon-Mausmord hier ein bisschen Molyneux-Lob durch die Lappen gegangen ist. Torchlight hat mir außerdem noch einmal ins Gedächtnis gerufen, warum alle Welt - ich eingeschlossen - auf Diablo 3 wartet. Es ist ein konzentrierter Cocktail aus Morphium, Klebstoff und Erdnussbutter-M&Ms in Spielform: Nicht unbedingt mit reinem Genuss gleichzusetzen und ganz bestimmt nicht gesund, aber man kommt einfach nicht davon los. Nie mehr.
Die zugrunde liegende Spielmechanik beschränkt sich auf vergleichsweise stupides Links- oder Rechtsklick Dauergetöte, das hin und wieder durch das Verwalten des Inventars und die Vergabe von Attributspunkten unterbrochen wird. Alles wie in Diablo also, sogar die Musik erinnert mit den kristallenen Gitarrenklängen gewaltig an das teuflische Vorbild. Wenn man ein wenig Wikipedia bemüht, dann verwundert das aber gleich viel weniger. Die Entwickler von Runic Games rekrutieren sich nämlich unter anderem aus den einstmaligen Blizzard-North-Mitbegründern und Diablo-Masterminds Max und Erich Schaefer. Die beiden haben es doch tatsächlich geschafft, mit ihrem Debüt weit mehr hinzulegen als einen Lückenbüßer bis zum lange überfälligen Hack-and-Slay-Heiland.
Wie auch in Diablo vor mittlerweile zwölf Jahren ist auch hier die Story schnell erzählt und im Grunde nicht der Rede Wert. Ihr kommt ins Dörfchen Torchlight, um die darunterliegenden Ember-Minen von einer Monsterplage zu befreien. Die glühenden Ember-Kristalle sind zwar der Grundstoff für alle Magie in dieser bunten und wunderhübsch stilisierten Fantasy-Welt, korrumpieren alleine durch ihre Nähe aber auch Mensch und Tier. Das musste erst kürzlich der äußerst mächtige Alric erfahren musste, der dem Spiel fortan als Endgegner herhalten muss.
Torchlight selbst dient mehr oder minder als euer Hub für die Expeditionen in die Unterwelt. Hier handelt ihr mit Items und lagert eure erspielten Gegenstände in einer privaten Kiste oder ihrem öffentlichen Gegenstück, in das auch eure anderen Charaktere hineinlangen können. Neue Quests, die sich so gut wie immer mit „finde, töte, bringe“ zusammenfassen lassen, erhaltet ihr von den verschiedenen Dorfbewohnern. Die eigentliche Action findet aber von vorne bis hinten in dem einen endlos erscheinenden Dungeon unter Torchlight statt. Am Ende jeder der kompetent zufallsgenerierten Etagen geht es wie von Geisterhand immer nur nach unten.
Das verhält sich, wie Diablo-Spieler wissen, erstaunlich parallel zum Sozialverhalten des in der Sogwirkung eines guten Action-Rollenspiels gefangenen Opfers. Das hatte sich nämlich schon vor Stunden geschworen, „nur noch um diese eine Ecke“ zu schauen, um sich dann zum abendlichen Treffen mit seinem Freundeskreis aufzumachen - muss jetzt aber langsam mal zusehen, dass es ins Bett kommt, wenn es am morgigen Tag noch halbwegs funktionieren möchte.
Torchlight beherrscht ebenfalls die schwarze Kunst, den Spieler mit flottem Spielablauf, zügigen Levelaufstiegen und reichlich Belohnungen länger vor den Screen zu nageln als gut für ihn ist. Ohne dass im eigentlichen Spiel allzu viel passieren würde, außer eben der alltägliche Monster-Genozid auf Geheiß eures Zeige- und Mittelfingers.
Es überhäuft den Spieler geradezu mit raren Waffen und Rüstungsteilen voller interessanter Statusboni, Erweiterungsslots und Affinitäten, die eben immer nur so lange interessant sind, bis das nächste Unique lockt, mit dem man sein Set komplettieren kann. Das liegt nämlich ganz bestimmt direkt hinter der nächsten Wegbiegung, ist aber wiederum ebenfalls hinfällig, sobald der nächstbessere Komplettsatz Edelmetall lockt, und so weiter und so fort.