Touch My Katamari - Test
Ein König zum Anfassen
Man hatte sich ja gewissermaßen schon daran gewöhnt, dass sich seit dem Abgang von Serienerfinder Keita Takahashi bei Katamari Damacy nichts Großartiges mehr tun würde. Nicht erst mit diesem, dem sechsten Spiel im achten Jahr (Smartphone- und DSiWare-Veröffentlichungen nicht mitgerechnet), hat sich der King of All Cosmos, diese goldenes Latex tragende Mischung aus Freddie Mercury, Willy Wonka und Saturday-Night-Fever John Travolta, einen akuten Fall von Sequelitis eingefangen. Auch einige neue, Vita-spezifische Elemente können ihn davon nicht ganz kurieren.
Regelmäßige Besucher in dieser vollfarbenen, kubistischen Traumwelt bemerken nach dem Intro recht schnell, dass weder Umgebungen noch Spielstruktur oder viele der Gegenstände, die ihr mit eurem Stern in spe aufrollt, wirklich den Reiz des Neuen entfachen können. Fast wie in ewiger Takahashi-Ehrerbietung gefangen, scheint sich die Reihe auf ihren bestimmten, immer noch tollen, aber eben auch altbekannten Grafikstil festgelegt zu haben. Und das ist schon okay so, allerdings wären einige echte neue Einfälle für Umgebungen schon nett gewesen. Je nachdem wie hoch eure Katamari-Sättigung aktuell ausfällt, fühlt ihr euch dementsprechend entweder sofort zuhause oder - bei aller Originalität von damals, an die man sich hier so schön erinnert fühlt - ein bisschen angeödet.
Dass Letzteres überhaupt im Bereich des Möglichen liegt, ist schon ein bisschen schade, immerhin sprechen wir hier über ein Spiel, in dem ein Trio giftiger Tropenfrösche unterm Küchentisch mit Tellern jongliert und in dem Bären in Tutus Pirouetten drehen. Mit derartigen Kapriolen bekommt es das Spiel immer noch regelmäßig hin, einen zum Lachen zu bringen. Vor allem in den verstrahlten Zwischensequenzen, bei denen man stets über die eigene Schulter schaut, um zu gucken, ob auch niemand mitbekommt, was man sich hier gerade ansieht, wird es einem um die Mundwinkel herum regelmäßig richtig stramm. Wenn der King of All Cosmos in der Einleitung des Titels eine Mutter dabei belauscht, wie sie ihrem Sohnemann erklärt, dass der Direx seiner Schule genauso Awesome sei wie der King und die Kamera an die in Schrecken verzerrte Fürstenvisage heranzoomt, blitzt der liebenswürdige Wahnsinn auf, der die Reihe wider jegliche Erwartungen weltbekannt gemacht hat.
Spielerisch ist bei der Kugelei im Schneeballprinzip alles beim guten Alten: Mithilfe beider Sticks (oder weniger empfehlenswert: des Touch-Screens) rollt ihr einen Ball durch Wohnzimmer, Gärten, Parks und so weiter, an dem alles kleben bleibt, was kleiner ist als er. Meistens wird auf Zeit gespielt und dann gemessen, wie groß eure Kreation ausfällt. Je größer, desto mehr Bonbons bekommt ihr von euren Auftraggebern, die sich dieses Mal allesamt aus der Bevölkerung rekrutieren. Hin und wieder erhaltet ihr besondere Auflagen, etwa möglichst viele Gegenstände einer Kategorie, zum Beispiel Style, aufzurollen, was dafür sorgt, dass ihr euch eine optimale Route durch den Level ausfuchsen müsst. Auch andere Missionsbeschreibungen sind mit von der Partie, etwa wenn es gilt, mit nur 50 Gegenständen den größtmöglichen Katamari zu erschaffen. Insgesamt war Teil 2 - We Love Katamari, damals auf der PlayStation 2 - aber gefühlt ein wenig breiter gefächert und abwechslungsreicher.
Die zentrale und titelspendende Neuerung erlaubt es unterdessen, auf Vorder- oder Rückseite der Vita direkt mit der intergalaktischen Klebekugel zu interagieren. So zieht ihr des Prinzen Werkzeug wie ein Nudelholz in die Breite, um möglichst viele Gegenstände aufzurollen oder unter Hindernissen hindurch zu gelangen, oder ihr drückt die Kugel zu einem Riesenrad aus Tand zusammen, das auch durch enge Lücken passt oder vorher zu hoch geglaubte Stufen überwindet. Es stellt das Spiel definitiv nicht auf den Kopf, zumal auch die Gelegenheiten, an denen derartige Flexibilität am Ball wirklich gefordert wird, nicht ganz so häufig vorkommen, allerdings ergeben sich für Highscore-Jäger dadurch viele neue Möglichkeiten.
"Wenn man sich aber auf Touch my Katamari einlässt, bemerkt man schon nach dem Intro, dass einen das Spiel längst vollkommen gewaltlos entwaffnet hat."
Dank der täglichen Herausforderungen des Königs und nicht zuletzt aufgrund des cleveren Einsatzes von Near finden ambitionierte Spieler dieses Mal deutlich mehr, in das sie sich verbeißen können. Gerade der Einsatz des Ortungsdienstes der PS Vita gefällt, weil ihr so eure Bestleistungen als Herausforderungen an andere Spieler übermittelt, was mich bisher schon fast genauso lange beschäftigte, wie die etwas kurz geratene Kampagne. Mittels der Bonbons freischaltbare Kleidungsstücke für Prinz und König sowie Remixe des einmal mehr exzellenten Soundtracks rechtfertigen für notorische Komplettierer definitiv ebenfalls die eine oder andere zusätzliche Stunde.
Ganz klar, vielen wird das nicht reichen - sie fühlen sich zu sehr an frühere Episoden erinnert oder nehmen es dem Hersteller gar übel, eine Sache, die einmal wahrlich einzigartig war, mittlerweile durch sechs dividiert zu haben. Viel getan hat sich seit dem besten, dem zweiten Teil jedenfalls nicht. Seither rollte das Konzept Katamari vielleicht nicht unbedingt bergab, diesen frühen Höhepunkt übertraf sie aber nie mehr. Auch ich tat mich zu Anfang mit dem Gedanken schwer, über den nicht wegzudiskutierenden Recycling-Faktor hinweg zu sehen. Wenn man sich aber auf Touch my Katamari einlässt, bemerkt man schon nach dem Intro, dass einen das verstörend fröhliche Spiel längst vollkommen gewaltlos entwaffnet hat.
Dann kann man wieder herzhaft lachen, sich über die Balance aus Herz und Wahnsinn freuen, die das Team von Namco Bandai nach all den Jahren immer noch so kraftvoll und gleichzeitig mühelos hält. Und dann kann man sich auch eingestehen, dass es eigentlich eine Schande wäre, wenn der Prinz die Kugeln an den Nagel hängen würde.