Skip to main content

Tower 57 - Test

Wenn Pixel platzen ...

Eurogamer.de - Empfehlenswert Badge
Pixelmaterialschlacht im Amiga-Style mit zerstörbarer Umgebung. Actionreich, packend und mit Fokus auf Koop-Gameplay. Etwas kurz.

Hattet ihr früher einen Amiga? Ich nicht und ich finde das unsagbar schade. Zu gern hätte ich die Zeit erlebt, in der ein anderer Computer dem PC bei Spielen überlegen war, allzu versessen wäre ich gewesen auf die Lemmings, Turricans und Speedballs, die dem Rechner sein Image verpasst haben. Ich habe das später zwar alles auf dem PC nachgeholt, werde aber das Gefühl nicht los, dass das einfach nicht das Gleiche war. Nun kann ich die Vergangenheit nicht ändern, aber durchaus feststellen: Es gab und gibt Spiele, die haben ein gewisses Amiga-Flair. Und Tower 57 gehört dazu, weil es dazu gehören will, ein zugänglicher Twin Stick Shooter des deutschen Entwicklers Pixwerk, der mich Stunde um Stunde an den Bildschirm fesselt. Nicht nur aufgrund des inhärenten Retrocharmes, nein, auch, weil das Gameplay schlicht und ergreifend Spaß macht und sich die Charakterentwicklung außerordentlich befriedigend anfühlt.

Auf dem Bildschirm ist immer was los - auch wenn ihr manchmal nicht genau wisst, was.

Im Zentrum des Spiels steht klar die Action. Eure Figur steuert ihr wahlweise allein oder zu zweit durch isometrische Pixellevel und schießt alles über den Haufen, was euch in die Quere kommt. Nicht nur Gegner erlegt ihr dabei, auch große Teile der Umgebung lösen sich nach ein bisschen Beschuss in Wohlgefallen auf und hinterlassen meistens sogar ein bisschen Geld. Das komplette Spiel findet im namensgebenden Turm statt, in dem ihr euch förmlich vom Keller bis zum Penthouse ganz oben durchschießen müsst, um dort dem sogenannten Supervisor den Garaus zu machen. Ob ihr nun allein spielt oder zu zweit: Jeder Spieler kann sich eine von sechs verschiedenen Figuren aussuchen, die sich vor allem durch ihre Primär- und Sekundärfähigkeiten unterschieden. Stirbt eine der Figuren, kommt automatisch die nächste ins Spiel. Sind alle drei tot, wird der letzte Spielstand geladen.

Die verschiedenen Waffen sind nicht zwangsläufig an die Figur gebunden, was umso wichtiger ist, weil ihr sie aufrüsten könnt. Ich mochte beispielsweise die Tommy Gun des Mafioso ganz gern und habe sie beim Waffenhändler meines Vertrauens bis zum maximal möglichen Schaden aufgerüstet. Dann aber fiel mein Don einem Gegner zum Opfer und die Polizistin, die ich als Zweitcharakter gewählt hatte, kam ins Spiel. Problemlos konnte ich jetzt die zuvor fallengelassene Thompson-MP aufnehmen und weiterhin benutzen, nur um sie später wieder ihrem ursprünglichen Besitzer zurückzugeben. Denn: Keine eurer Figuren ist wirklich für immer tot. An geheimen Orten in den Levels findet ihr magische Kugeln, die es euch erlauben, bei einer Wahrsagerin tote Kollegen wiederzubeleben. Zwischen den Levels werdet ihr in eine Art Hub-Welt gerufen, in der ihr euer sauer verdientes Geld in verschiedenen Shops ausgeben und die oben bereits erwähnten Upgrades kaufen könnt - die gibt es übrigens nicht nur für eure Waffen, sondern auch für eure Körper selbst. Ein stärkerer Torso erhöht eure Lebensenergie, ein kräftigerer rechter Arm erhöht noch einmal prozentual den Schaden, den ihr mit eurer Waffe macht. Hin und wieder beschädigen bestimmte Gegner im Kampf auch mal Körperteile beschädigt, die ihr reparieren müsst - den einen oder anderen Level habe ich durchaus mal auf den Beinstümpfen des letzten verbliebenen Charakters verlassen.

Zwischen den Levels könnt ihr euch in dieser neonfarbenen Hub-Welt vergnügen.

Gerade diese Upgrades fühlen sich ziemlich befriedigend an, vor allem auch, weil sie strategische Bedeutung haben. Ihr müsst euch ja nicht nur überlegen, welches Körperteil oder welche Waffe ihr verbessert, ihr denkt ganz automatisch auch darüber nach, ob ihr all eure Figuren gleichermaßen oder eine im Speziellen verbessern wollt. Das Geld, alle Figuren zu verbessern, habt ihr meistens nicht - auch dann nicht, wenn ihr die einzelnen Spielabschnitte ausführlich erkundet. Auch deshalb bleibt Tower 57 stets herausfordernd. Immer wenn ihr glaubt, ihr hättet euch auf die aktuelle Gegnerschar eingestellt, wirft euch das Spiel einen neuen Feind entgegen, mit dem ihr klarkommen müsst. Zudem gibt es Endbosse, die oft auch in verschiedenen Phasen auftreten und euch so das Leben schwermachen. Um diese Herausforderungen zu meistern, kann es hilfreich sein, sich der Spezialfähigkeiten der Figuren zu bedienen. Durch das Besiegen von Gegnern lädt sich eine Leiste auf, die dann auf Knopfdruck entladen werden kann, was zu teilweise skurrilen Animationen und massivem Schaden am Gegner führt. Die Spezialattacke meines Mafiosos ist etwa ein Auto, das am unteren Bildschirmrand entlangfährt und aus dessen Fenstern die Feinde mit Maschinengewehrsalven niedergemäht werden. Die Wissenschaftlerin entlädt stattdessen einen ganzen Haufen an Spinnenrobotern, die die Feinde ins Fadenkreuz nehmen.

Eure Körperteile könnt ihr allesamt upgraden.

Obwohl ich auch allein meine Freude mit Tower 57 hatte - den meisten Spaß macht das Spiel doch zu zweit. Sich untereinander abzustimmen, wer jetzt welchen Gegner ins Visier nimmt, ist eine Freude und zwar obwohl oder gerade weil das Spiel in Teilen so unübersichtlich ist. Auch deshalb würde ich den lokalen Koop-Modus der Online-Variante jederzeit vorziehen. Tote Gegner, Geld, zerschossene Kisten, Upgrades und Munition - all das fliegt in Pixelform über den Bildschirm und hat so dafür gesorgt, dass ich hier und da übersehen habe, wo sich gerade mein Fadenkreuz befindet.

Hervorragend dazu passt der Soundtrack, der Chiptunes mit moderneren Elementen mischt und bisweilen wirklich Ohrwurmqualität entwickelt. Spielbar ist Tower 57 übrigens sowohl per Controller als auch mit Maus und Tastatur - letztgenannter Modus fühlte sich für mich irgendwie besser an, was vermutlich schlicht an der erhöhten Zielgenauigkeit liegt. Ein Nachteil: Selbst, wenn ihr euch bemüht, jede Ecke der Spielwelt zu untersuchen, seid ihr nach etwa drei Stunden am Ende angekommen. Dafür ist die Spielwelt allerdings detailreich gestaltet, es gibt überall etwas zu entdecken und man merkt, dass sich die Entwickler beim Leveldesign etwas gedacht haben.

Hier fahrt ihr für kurze Zeit in einem kleinen Panzer durch die Gegend.

^Trotz kurzer Spielzeit hat mir Tower 57 wirklich Spaß gemacht. Teilweise liegt das an der hübschen Amiga-Pixelgrafik, zugegeben - aber es waren zu großen Teilen auch die fordernden Kämpfe gegen immer neue Gegnertypen, die Suche nach versteckten Abschnitten im Level und die Charakterprogression. Meine aufgerüstete Tommy Gun fühlte sich nach einigen Levels schon an wie ein guter Bekannter, der notgedrungen immer wieder den Besitzer wechselte. Als mein Mafioso durch ein Torso-Upgrades seine Lebenspunkte plötzlich von selbst regenerieren konnte, wuchs er mir noch mehr ans Herz als die anderen Figuren und jeder Moment, in dem ein Endboss das Zeitliche segnete, fühlte sich wahnsinnig befriedigend an. Wer ein Herz für Retrospiele und vielleicht besonderes für den Amiga übrig hat, sollte sich Tower 57 für knapp zwölf Euro nicht entgehen lassen.

Entwickler/Publisher: Pixwerk/11 bit studios - Erscheint für: PC, Mac - Preis: 11,99 Euro - Erscheint am: erhältlich - Getestete Version: PC - Sprache: englisch - Mikrotransaktionen: Nein

Schon gelesen?

Markus Grundmann Avatar
Markus Grundmann: Seine ersten Videospiele konsumierte Markus auf dem Game Boy. Heute spielt er so ziemlich alles, bei dem er auf Knöpfe drücken kann – mit besonderer Vorliebe für Nintendo und extravagante Indie-Titel.

Informationen zu unserer Test-Philosophie findest du unter "So testen wir".

In diesem artikel

Tower 57

PS4, Xbox One, PC, Mac

Verwandte Themen