Trials Frontier vs. Monument Valley
Ein willkürlicher Vergleich von völlig unterschiedlichen Spielen und Konzepten.
Das eine kostet einen festen Preis, das andere ist Free-to-play. Das eine setzt auf die visuelle Erfahrung und Puzzles, das andere auf Action, Reaktionen und Tricks. Das eine kommt aus einer Indie-Garage, das andere von einem großen Publisher. Die beiden könnten gar nicht unterschiedlicher sein, also sind Monument Valley und Trials Frontier die idealen Kandidaten für einen kleinen Doppeltest.
Spiel
Monument Valley: Als ich eben sagte, dass das Spiel auf die Erfahrung der visuellen Reize setzt, meinte ich damit natürlich, dass es ganz hart, kalt und analytisch auf das Gameplay bezogen nicht gerade Bäume ausreißt. Auch bringen wir mal gleich die Spielzeit aus dem Weg, denn die dürfte mit weniger als 90 Minuten von der Abneigung mancher Spieler sonst geradezu überrollt werden. Dazu kommt, dass der Wiederspielwert dieses FEZ-igen Puzzlers nicht gerade sonderlich hoch ist. Aber ehrlich, wen interessiert das wirklich, wenn es 90 Minuten sind, die einen im Leben weiterbringen?
Nicht dass Monument Valley das tun würde, bleiben wir auf dem Teppich, aber der Stil, der hier über die Substanz triumphiert, ist schon ein geradezu zu traumhaftes Erlebnis. Klare Formen gemischt mit Pastelltönen, das erinnert mich persönlich immer an die Reiseplakate vergangener Jahrzehnte, nur dass dieser in das Tausendundeine Nacht von Escher führende Kurztrip nicht nur zu unmöglich schönen Sehenswürdigkeiten führt, sondern wirklich zu unmöglichen Sehenswürdigkeiten. In den Türmen dürft ihr euch nicht auf euer dreidimensionales Vorstellungsvermögen verlassen, denn sobald sich zwei Wege treffen, egal ob dies in einem normalen Raum funktionieren würde, kann die stumme Prinzessin sie überschreiten.
Sie ist es, die ihr durch die paar Level von A nach B dirigieren müsst. Kämpfen kann sie nicht und auch sonst nicht interagieren. Stattdessen schiebt ihr die Welt zurecht, wie sie sein muss, damit die Prinzessin in ein anderes Schloss gehen kann. Das ist ein wenig der Haken von Monument Valley als Spiel. So hinreißend das Ganze als audiovisuelles Sensorium funktionieren mag, als Puzzlespiel kommt man spätestens nach zwei Minuten an jeder Stelle weiter, und sei es nur durch schlichtes Herumwischen. Es ist nicht unclever, was immer wieder angedacht wird, aber das volle Potenzial seiner Puzzle-Ideen scheint das Spiel nie ausnutzen zu wollen oder zu können. So oder so und wie gesagt, nach einem kurzen Abendspaziergang ist die Prinzessin zu Hause und die so schöne wie mystische als auch eher vage erzählte Geschichte an ihrem Ende.
Trials Frontier: Auch hier gibt es eine Geschichte, und das ist das erste Problem des jüngsten Ablegers des ehemaligen Indie-Geheimtipps von vor so langer Zeit. Trials braucht keine Handlung, es braucht ein Motorrad und gute Strecken. Auch das gibt es natürlich in Frontier, aber da es Free-to-play ist, muss es euch mehr verkaufen. Vor allem endlose Kleinaufträge und viel, viel Mikro-Aufrüsterei an dem Bike, damit ihr in späteren Aufgaben eine Chance habt. Jetzt ratet mal, wie sich dieser Grind beschleunigen lässt...
OK, irgendwie muss man Geld verdienen und dabei geht Frontier nicht annähernd so brutal vor wie andere Vergehen in der letzten Zeit aus dieser Bezahlsparte. Ihr könnt mit keinem oder kleinem Einsatz lange relativ ungehindert spielen, und dies wirft ein paar andere Fragen gerade mit Blick auf die bisher zu ruhmreiche Vergangenheit der Serie auf. Vor allem in Bezug auf die Steuerung und die Aufgaben, die es mit ihr zu meistern gilt. Die kurz zusammengefasste Erkenntnis muss lauten, dass es geht, aber nicht so gut. Gas und Bremse sind kein Problem, auch wenn ein wenig die Feinfühligkeit der analogen Trigger fehlt. Das lässt sich durch geschicktes Tippen noch ausgleichen. Das Kippen um die Achse, das ist es, was im Groben tadellos, im Feinen nicht annähernd so elegant gelingt, wie es mit der fast legendären Stick-Steuerung von Trials möglich sein würde. Es fehlt schlicht dieses Quäntchen an Genauigkeit, das es euch erlaubt, die Achse so genau auszutarieren, dass die Räder genau so aufsetzen, dass durch die folgende Beschleunigung diese Millisekunden zur Goldmedaille herausgeholt werden.
Gut, dass das Spiel das so gut wie nie verlangt. Während die Goldtrophäen nach wie vor schwer zu holen sind - wenn auch selbst im späteren Spiel nie unmöglich -, gibt es Bronze grundsätzlich praktisch umsonst und Silber gegen grundsätzliches Geschick und zwei oder drei Anläufe. Es ist nicht das Spiel, in dem ihr euch eine Strecke verbeißt, vor allem auch, weil diese nun selten länger als eine Minute dauern, meist sogar nur eine halbe. Ambitionierte drei- bis vierminütige Strecken würden dem geforderten Grind und damit dem Konzept widersprechen. Wer wirklich gegen einen echten Konkurrenten um die Millisekunden feilschen will, kann das online tun und dort ein wenig mehr durchgängige Freude haben, ansonsten ist Trials Frontier zwar kein großer Reinfall, schon gar keine Schändung des guten Namens, aber es ist doch das im negativen Sinne mühsamste Spiel der Serie.
Bezahlung
Monument Valley: Ich nehme es stellvertretend für die Art von Spiel, in der ich einmal einen definierten Betrag bezahle und dann das Spiel in seiner Gänze spielen kann. Sei es The Room, FTL, Threes! oder dieses Spiel - ich weiß, was ich ausgebe, ich weiß, dass kein Teil meines Spaßes davon abhängt, ob ich später mehr investiere, und das ist beruhigend zu wissen. Ich bin auch nicht enttäuscht, dass Monument Valley ein kurzes oder zu einfaches Spiel ist. Die 90 Minuten Freude, die es bereitet, rechtfertigen locker den geforderten Festpreis. Da ist keine Reue und ich bin dankbar, dass ich ihn im Stück zahlen durfte und keine sich abnutzenden Sohlen für die Prinzessin ständig erneuern muss. Ich mag den Festpreis. Vor allem wenn er so angemessen ist wie in diesem Falle.
Trials Frontier: Ich sagte es bereits, es ist kein Dungeon Keeper, aber eben auch kein Trials HD. Frontier liegt in dem Niemandsland, in dem man schon deutlich merkt, dass das Spiel um das Bezahlkonzept gestrickt wurde und nicht umgekehrt, aber in dem man es weitestgehend noch tolerieren kann, weil der Spaß dadurch nicht zu sehr ausgebremst wird. Nur wird er halt wie ein überstrapazierter Kaugummi viel zu viele Stunden in die Länge gezogen, bis jede pfefferminzige Frische schon lange entwich und man nur noch auf einem laschen Stück Geschmacklosigkeit vor sich hin nuckelt. Besser als nichts, aber glücklich macht das auch nicht. Konkret bedeutet das in Trials' Falle, dass ihr das Aufrüsten des Bikes mit Geld beschleunigen könnt, vor allem aber, dass ihr in höheren Stufen länger am Stück spielen dürft. Jedes Rennen kostet etwas Benzin, ist es alle, muss man ein wenig warten. Nicht lange, es gibt da wiederum ganz andere Kandidaten, aber trotzdem fühlt man sich ständig latent genervt. Schließlich will man einfach spielen, ohne Geld nachzuwerfen. Mein iPad ist doch keine altertümliche Arcade-Halle.
Fazit
Monument Valley ist ein unglaublich schönes Spiel. Der farbliche Stil ist vielleicht nicht ganz einmalig und seine Inspirationen sind sicher nicht frisch - Escher verstarb bereits 1972 -, aber das ändert nichts daran, dass man Monument Valley ganz entspannt als eine kleine Perle zur Stimulation der Sinne nehmen darf. Das solltet ihr auch, denn rein spielerisch ist es als Puzzlespiel nichts, was euch groß fordern wird. So clever manche Aufgabe zuerst wirkt, so banal und ungebremst lässt sie sich lösen. Das ändert jedoch nichts daran, dass ich jede der wenigen, kostbaren Minuten genoss, und da der Mensch nun mal ein Genusswesen ist, würde sich sagen, dass das Spiel für mich am Ende gewonnen hat. Mit Leichtigkeit.
Keine Katastrophe zu sein ist aktuell ja schon fast meine Maximalerwartung an die Free-to-play-Umsetzung einer geliebten Serie, und so bescheiden gemessen ist Trials Frontier OK. Die Strecken sind uninspiriert und kurz, das ganze Drumherum aus zu viel Pseudohandlung und Aufrüstwahn nervt, aber immer wieder mal ein paar Runden mit der nicht so guten, aber eben doch brauchbaren Steuerung zu drehen erinnert einen daran, dass man eigentlich mal wieder Trials spielen müsste. Die richtigen Trials. Nicht diesen schwachen Ableger, der sich gerade so in der Tristesse des Mittelmaßes halten kann. Free-to-play hätte er ausgehalten, die Einschränkungen in der Präzision der Steuerung und damit auch im Anspruch, den das Spiel gegenüber dem Spieler hat, auch, doch beides zugleich ist zu viel, um in die sonstigen Trials-Lobpreisungen zu verfallen.
Gewinner
Äh, sagte ich Vergleichstest...? Oh, ja, richtig. Da fehlt dann wohl noch eine Siegerehrung. Also, kauft Monument Valley, lasst dieses spielerische Äquivalent eines langen, entspannenden Wellnessbades eure Sinne erfreuen und vergesst damit kurz die Hektik des Alltages, in dem ihr immer wieder neu die Rechnungen für die Lebensnotwendigkeiten berappen müsst. Benzin fürs Extreme-Motocrossing zum Beispiel.
Monument Valley
Trials Frontier