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Triangle Strategy Test - Reden ist Silber, vielleicht wäre Schweigen Gold gewesen

Triangle Strategy konzentriert sich sehr stark auf seine Dialoge, die Charaktere und wie ihr sie in Gesprächen lenkt. Die starken rundenbasierten Schlachten wirken mitunter fast wie eine Begleiterscheinung am Rande.

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Man kann also eine solide Visual Novel mit guter Fantasy-Rundentaktik kreuzen. Ich hätte es nicht getan, aber Leseratten sind willkommen.

Wer sich all die Jahre ein neues Shining Force gewünscht hat, dem kann ich bei Triangle Strategy nur sagen: Pech gehabt, ist es nicht. Oder wer ein neues Final Fantasy Tactics wollte, immerhin kommt der Neuling ja von Square Enix: Nein, auch das ist es nicht. Triangle Strategy hat das Element der Quadratfelder-basierten Runden-RPG-Taktik, darin sind sich Klassiker und Neuzugang einig. Aber wo bei den älteren die Story nicht unwichtig war und zu begeistern versuchte, geht Triangle Strategy nochmal fünfzehn Schritte weiter. Es ist eine echte Labertasche. Vorsichtig gesagt.

Es dauert, selbst wenn ihr keine Zeile lest und nur die Vorspultaste haltet, mitunter Minuten, bis ihr ein Spielelement erreicht. Und das muss dann nicht einmal ein Kampf sein. Ihr habt Sequenzen, in denen ihr herumlauft, mit zig Leuten reden müsst und das eigentlich nicht mal wirklich optional. Denn Triangle Strategy dachte sich für die eigene Bande, die man nach und nach um sich sammelt, einen Twist aus. Es erklärt eure Kampftruppe zu einer Demokratie und lässt sie an Schlüsselpunkten abstimmen, was als Nächstes kommen soll. Nicht zu oft, aber oft genug, dass es euch interessieren muss.

Meinst Du? Meinst Du wirklich? Sicher, dass wir das nicht noch eine halbe Stunde ausdiskutieren wollen?

Dafür müsst ihr aber die Intentionen, Wünsche und Ziele eurer Gefährten kennen, was uns wieder zu Zeilen um Zeilen um Zeilen um Zeilen an Text zurückbringt. Auch in diesen Abstimmungen wird noch debattiert: Ihr seht bei jeder Figur, wie sie aktuell abstimmen würde oder ob sie unentschlossen ist. Sofern es euch nicht egal ist, was kommt, versucht ihr nun natürlich, eine Mehrheit auf eure Seite zu ziehen. Sprecht in (für Triangle Strategys Verhältnisse) kurzen Multiple-Choice-Dialogen mit ihnen und wenn ihr das Richtige sagt, dann werden sie zumindest nachdenklich oder wechseln gleich ihre Ansicht.

Das bringt uns zu den Gesprächen von vorher zurück. Gleich zu Beginn erfahrt ihr von den Sehenswürdigkeiten, Persönlichkeiten und Wundern der beiden Länder, die ihr ansteuern könnt. Wenn ihr diese nicht kennt, sprich nicht vorher mit jedem geredet habt, könnt ihr in der Abstimmung nicht sagen "Hey, du wolltest doch das und das mal sehen, das ist doch da." Diese Dinge sind es in der Regel, die eure Gefährten am ehesten überzeugen.

Ich sage das alles so ausführlich, damit eines hundertprozentig klar ist: Von einer Stunde Triangle Strategy verbringt ihr 20 Minuten auf dem Schlachtfeld. Zehn Minuten gehen für den üblichen Kram drauf. Ausrüsten, einkaufen, leveln, craften. Die andere halbe Stunde lest ihr Dialoge. Das wäre zumindest der ungefähre Durchschnittswert, den ich hatte, selbst mit ein klein wenig Vorspulen hier und da. Wer einfach Truppen über Quader ziehen möchte und nur ein wenig Fantasy-Story braucht, dem rate ich zu den Langrisser-Remakes. Da ist das Verhältnis 20 zu 1 zugunsten des eigentlichen Spiels.

Den hätte ich ohne die praktische und übersichtliche Drehung und Wendung der Gelände nicht so einfach gefunden. In vielen Sequenzen wird nur geredet, aber zumindst dürft ihr in diesen Erkundungen von einem Gesprächspartener zum nächsten wandern.

Aber ist das nicht eine gemeine Einsortierung? Zu reden, gelegentlich eine Multiple-Choice-Antwort zu geben, mehr zu lesen und so verschiedene mögliche Wege durch die Geschichte mit verschiedenen Begleitern auszutesten, das ist für sich schon ein nicht unbeliebtes kleines Genre. Vor allem in Japan. Wo Triangle Strategy ja herkommt. Nennt sich dann Visual Novel und wurde hier halt kurioserweise mit einem Hardcore-Rundentaktikgame gekreuzt. Kann man schon mal machen. Wie man sieht. Muss nicht jedem gefallen. Mir zum Beispiel.

Ich liebe Fantasy-Rundentaktik dieser Art, ohne Wenn und Aber und Triangle Strategy ist ein fantastischer Vertreter dieses Genres. Ihr habt zig Klassen, Fertigkeiten aller möglichen Gattungen noch und nöcher, Spezialangriffe, Buffs, Debuffs, alles ist da und es ergänzt sich fantastisch. Das Kampffeld berücksichtigt Höhen, Positionen der Verbündeten untereinander, alles vorhanden. Nun der Aufstieg innerhalb seiner Laufbahn begrenzt den Helden etwas mehr als bei einigen der Klassiker.

Ihr habt kein komplexes Job-System und eigentlich hat Triangle Strategy keine einzige Idee, die sich nicht auf ein Spiel der 16-32-Bit-Ära zurückführen ließe. Wer auch nur eines dieser Spiele kennt, findet sich sofort zurecht. Wer keines kennt, darf sich nicht von den zig Tutorial-Fenstern verschüchtern lassen. Eigentlich ist das alles ein paar Nummern simpler als es zum Beispiel bei Final Fantasy Tactics war. Fragte man sich dort ständig, ob man wirklich das Maximum aus der Truppe rausholt, kann man hier ziemlich sicher sein, dass das so schon richtig ist.

Kein Taktik-RPG ohne eine gemütliche Homebase.

Das liegt auch daran, dass es über die Spielzeit der 20 Stunden - 30, wenn man gar nicht vorspult, nehme ich an - gar nicht so viele Kämpfe gäbe, dass solche Systeme notwendig sind. Ich habe nicht mitgezählt, aber viel mehr als 20 können es eigentlich nicht gewesen sein, vielleicht knapp an die 30, einige davon nicht länger als 15 Minuten. Deren Schlachtfelder werden auch größer, die Zahlen von Freund und Feind auf dem Feld höher. Die Performance bricht dann hier und da auch gerne mal ein - nicht, dass es in dem Genre eine Katastrophe wäre - aber die Zahl der Schlachten liegt für das Genre eher am unteren Ende. Um nicht zu sagen, dass der eigentliche Spielanteil von Triangle Strategy nicht viel höher sein dürfte als der eines Shining Force oder Warsong. Quatschen ist hier nicht ein Bonus, es ist die Essenz des Spiels.

Kommen wir damit also zum kritischen Punkt: Lohnt sich das Gequatsche? Erzählt Triangle Strategy eine Geschichte, die es Wert ist, sie sich anzuhören? Nun, ja, im Großen und Ganzen wohl schon. Wenn euch denn eine kindgerechte Version von Game of Thrones zusagt. Ihr habt die Königreiche, die im Clinch liegen, Verrat und Intrige, Liebe und Aufopferung, das ganze Programm. Nur der Sex und explizite Gewalt waren wegen des Ratings ab 12 nicht drin. Aber kontroverse Themen gibt es genug. Unterdrückung und Sklaverei werden aufgeworfen, der Horror des Krieges generell, Herrschaftsfragen und akzeptable Verluste, um ein Ziel zu erreichen. Ihr wisst schon, das, was man so bekommt, wenn man aktuell die Nachrichten einschaltet.

Eure Mitstreiter vertreten dabei teilweise sehr, wenn auch nicht diametral, unterschiedliche Positionen - keine Sorge, keiner ist ein Monster, das man hassen müsste - und in den endlosen Dialogen erfahrt ihr auch hinreichend die Gründe dafür. Etwas seltsam losgelöst wirkt nur der eigene Charakter, der indifferent zwischen all dem zu schweben scheint und dem Willen des Spielers folgen muss. Das wirkt bei einem leeren Blatt wie einem Skyrim-Charakter vertretbar, aber dieser hier hat einen Namen, eine Herkunft und eigentlich auch eine Agenda. Nur dass ihr die eben je nach Lust uns Laune hin- und herpendeln lassen könnt. Auf diese Pendelbewegung reagieren eure Gefährten auch nicht viel. Fast schon lustig ist es, wenn man wie ein Hofintrigant alle Seiten in einer Überzeugungsrunde ausspielt und mal so und mal so argumentiert. Gut nur, dass die Begleiter sich scheinbar nicht groß austauschen, sonst könnte euer kleiner Ränkeschmied schnell auffliegen. Sonderlich verbunden fühlte ich mich der eigenen Figur jedoch nie.

Ein solcher Anblick macht glücklich: Das Feld lässt sich leicht drehen, der Überblick ist gut, die Einheiten zahlreich. Ich wünschte, dass dieser Spielaskept einen etwas größeren Stellenwert in Triangle Tactics genießen würde.

Letztlich ist das alles kein großes Problem und Triangle Strategy balanciert den Akt zwischen Großpolitik und menschlichen Dramen ordentlich aus. Es macht auch Sinn, dass der moralisch einfachste Weg - keine unnötigen Kollateralschäden und allgemein der Gute sein - spielerisch der schwierigste ist. Nicht, dass das Spiel sonderlich schwierig wäre. Ich würde euch raten, wenn ihr mit dem Genre vertraut seid, gleich auf einem der höheren Grade einzusteigen, damit ihr dieses Dilemma wenigstens gelegentlich mitbekommt. Am generellen Balancing gibt es aber wenig zu rütteln, da steigert sich das Spiel genau richtig mit den Leveln eurer Figuren.

Optisch hätte ich ehrlich gesagt mehr erwartet. Der generelle Stil ist nicht schlecht und passt ausgezeichnet zum Setting, aber auf dem kleinen Screen - selbst OLED - kommt er nicht wirklich zur Geltung. Auf dem großen dann wirkt er doch etwas grobschlächtig. Ist okay. Das gelegentliche Ruckeln und Zuckeln jedenfalls lässt sich nicht mit optischer Extravaganz erklären. Nun, es ist Square Enix und wenn die Grafik versagt, kann man auf die Musik bauen und das gilt auch bei Triangle Strategy. Ein fantastischer Score tröstet dann also über grafische Schwächen hinweg, und auch eine ganze Reihe englischer Sprecher beeindruckt insoweit, dass alles außer dem Geplänkel in den Erkundungs-Sequenzen vertont wurde. Dieses Spiel würde ich nicht für die Technik kaufen, aber dann wiederum, es läuft auf der Switch... Das gilt wohl für so ziemlich alles darauf.

Ich wünschte, es gäbe einen Modus, der mir kurz die Handlung zusammenfasst und meine Zeit respektiert. Denn am Ende des Tages bin ich vielelicht auch zu alt, um noch eine leicht überdurchschnittliche Fantasy-Story wirklich zu würdigen. Aber nicht zu alt, um diese Kämpfe zu schätzen. Schwieriges Spiel für mich, dieses Triangle Strategy.

Ich will es ganz ehrlich und rundheraus sagen: Ich mochte Triangle Strategy nicht und ich fand es anstrengend zu spielen. Also, warum gebe ich doch eine Empfehlung? Weil ich als Spielertyp Zwischensequenzen lieber wegdrücke und Zusammenfassungen der Handlung schätze. Aber: Die Handlung von Triangle Strategy ist wirklich gut und vor allem die Beziehungen der Figuren untereinander wurden gut ausgearbeitet. Etwas zu gut würde ich in jedem Fall sagen, denn selbst wenn man da nicht so tickt wie ich, sind viele Dialoge so oder so zu lang geschrieben. Trotzdem, zusammen mit den ganz interessanten Party-Demokratie-System und generell spannenden Figuren und Ereignissen sollte es geneigteren Lesern leichtfallen, hier bei der Stange zu bleiben.

Was das eigentliche Spiel angeht, ist da nichts, was Veteranen nicht so oder sehr, sehr, ähnlich seit vielen, vielen Jahren kennen. Sei es Tactics Ogre, FF Tactics oder eben mein geliebtes Langrisser, praktisch alle Elemente von Triangle Strategy finden sich dort. Gut so, ich liebe diese Spiele und das Kampfsystem von Triangle reißt zwar keine taktischen Bäume aus, spielt sich aber wunderbar fluffig weg. Es hat genügend Anspruch, um euch ein wenig grübeln zu lassen und übertreibt die Komplexität nicht, als dass man es zur Lebensaufgabe erklären müsste. Sicher, am Ende hätte ich mir lieber weniger Worte und mehr Kampf gewünscht - wehe, das zitiert einer aktuell außerhalb dieses Kontexts -, aber wenn ihr bereit seid, euch in ein erzählfreudiges Fantasy-Epos mit einem gelungenen Taktik-System zu stürzen, dann nur zu. Viel besser wird es wohl nicht so schnell werden.

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