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Trine 2 - Test

Newsflash: Schönheit nicht mehr relativ!

Trine 2 ist vermutlich das hübscheste Spiel, das ich in diesem Jahr gespielt habe. Natürlich kam auch der Vorgänger 2009 schon recht nah an dieses Prädikat heran, aber Frozenbyte hat für Teil 2 Details, Lichteffekte und Belebtheit auf einen Level hochgefahren, der dieses "2,5D"-Erlebnis in ein beispiellos schönes Guckloch in eine märchenhafte Fantasy-Welt verwandelt.

Sicherlich, einen Faible für traditionelle, ja geradezu "Grimm"ige Welten, die zudem ganz bewusst nicht auf den dazugehörigen Kitsch verzichten mögen, muss man schon mitbringen. Aber selbst wer gerade mit großem Genuss ein Double-Feature aus Battlefield 3 und Call of Duty: Modern Warfare 3 hinter sich gebracht hat, kommt kaum umhin, in jedem neuen Raum erst einmal stehenzubleiben und die gigantischen, schwabbeligen Pilze, moosige Gemäuer oder die riesenhaften Schnecken zu bewundern. Jeder einzelne Screen quillt geradezu über vor Details, ist für sich schon eine gewaltige Bilderbuch-Collage, die sich keinen optischen Einfall für den nächsten Frame aufhebt.

Nur, dass es kein Bilderbuch ist. Hier ist alles in Bewegung. Pflanzen wippen sachte im Wind, einige Blätter ragen als begehbare Plattformen aus dem Bildschirm heraus und reagieren auf jeden Kontakt mit einem überzeugend realistischen Knicks in die entsprechende Richtung. Ihr balanciert auf riesigen, wabernden Seifenblasen, überwindet Speergruben dank frei drehender Wippen oder wackeliger Eigenkonstruktionen aus diversen Kisten und Planken und entgeht wuchtig herabschwingenden Fallblöcken mit gut getimten Sprüngen.

Und dann erst dieses Licht: Eine tief stehende Sonne strahlt aus der Mattscheibe heraus, blendet einen fast und hüllt die komplette Szenerie in ein von schweren Schatten durchzogenes Orange. Der Mond glüht später von einem purpurnen Firmament herab und lächelt geradezu samtene Licht-Akzente in die Gemäuer im Vordergrund. Und später, in einem halb versunkenen Schloss an der Küste, bekommt man das vielleicht wässrigste Wasser dieses Jahres zu sehen, während Sturmwinde und Regen an den Gewändern eurer Helden zerren. Zudem gibt es hier einen erstaunlichen Aquarium-Effekt, wenn sich euer Held in die Fluten wirft, um im kühlen Nass nach Erfahrungspunkte-Fläschchen zu suchen.

Trine 2 - Trailer

Es ist eine Reizüberflutung der guten Sorte. Diese Welt, so meint man, kann man beinahe anfassen. Das ist so einer dieser Momente, in denen ich mich ärgere, dass mein Monitor, anders als das Spiel, kein Stereo-3D unterstützt. Mein knapp vier Jahre alter Rechner (Quad Core 6600 @ 2,4 GHz, günstige GeForce 450 GTS) hat auf 1650 x 1080 jedenfalls kein Problem, Trine 2 auf maximalen Einstellungen und mit mittlerem Anti-Aliasing in unbeugsamen 60 Bildern pro Sekunde abzuspielen. Reserven dafür wären also offenkundig da.

Wenn man dann festgestellt hat, dass sich Frozenbyte für Trine 2 ein "1Up" bei der Grafik gegönnt hat, kommt im nächsten Schritt die Erkenntnis, dass spielerisch alles beim guten Alten geblieben ist. Wie gehabt tauscht ihr jederzeit und nahtlos Magier gegen Ritter gegen Diebin, um der Herausforderungen Herr zu werden, die die findigen Level-Designer des finnischen Entwicklerstudios euch in den Weg stellen. Und auch der Modus Operandi ist im Großen und Ganzen der gleiche: Amadeus, der Zauberer bewegt Objekte per Telekinese und erzeugt auf magische Art - sprich "Gestensteuerung" - steampunkige Kisten und Planken verschiedener Größen im Level. Auf diese Weise improvisiert er Brücken oder Leitern oder blockiert einfach Mal die gewaltigen Zahnräder einer Maschinerie, die eurem Fortkommen im Wege steht.

Die Diebin Zoya verfügt dagegen über einen Bogen und einen Greifhaken, den sie satt in Holzoberflächen versenkt, um über Abgründe zu schwingen. Pontius, Ritter ohne Fehl, Tadel und Diät-Ambitionen, ist dagegen der Mann fürs Grobe. Abgesehen von seinem Talent, Kämpfe mit Schild und Schwert unbeschadeter zu überstehen als der Rest des Trios und dem nicht zu leugnenden Nutzen seines schweren Hammers beim Öffnen von verschütteten Schatzkammern, ist er aber immer noch die Figur, die im Grunde am wenigsten nützlich ist. Knobeln und Hüpfen machen aber zum Glück gut 75 Prozent des Spielverlaufes aus. Immer wieder müsst ihr euch einen Raum erst genau ansehen, um herauszufinden, wo es weitergeht beziehungsweise wie man dorthin gelangt und welche Schalter was verursachen.