Trine 3: The Artifacts of Power - Test
Die komplette Heilige Drei-D-faltigkeit.
Drei Teile gibt es nun aus der Trine-Reihe, drei Mal habe ich mich gefragt, ob sich das Spiel mit Controller oder Maus und Tastatur besser spielt, drei Spielfiguren bietet auch der dritte Teil und der Koop-Modus spielt sich auch am besten zu dritt. Da ist es nur konsequent, dass Entwickler Frozenbyte Trine auch endlich eine dritte Dimension spendiert. Nicht wie bisher, wo die Spielumgebung zwar aus dreidimensionalen Polygonen bestand, der Spieler aber nur von links nach rechts laufen konnte - nein, so richtig! Die Physikpuzzles und verschiedenen Charakterfähigkeiten sind geblieben, aber Trine 3: The Artifacts of Power wartet als erster Teil der Reihe mit echter räumlicher Tiefe auf, beharrt dabei jedoch störrisch auf seinen festen Kameraperspektiven. Das Ergebnis ist das, was der Engländer „A mixed bag" nennt und wir wohl leicht durchwachsen.
Das Offensichtliche zuerst: Nach dem ersten Starten hat mich Trine 3 geblendet - durch schiere Grafikpracht. Nicht, weil es technisch so aufwändig wäre, sondern weil die bunte Fantasy-Umgebung des Spiels so traumhaft detailverliebt daherkommt, dass ich jeden Bildschirm auskosten wollte. Wenn ihr durch die Welt lauft fliegen überall Vögel davon und Hasen hoppeln durchs Bild. Das ganze Setting nimmt sich selbst nicht besonders ernst und hat eher einen Comiclook als einen realistischen. Eine helle Abendsonne strahlt durch die Bergwipfel im Hintergrund und erzeugt so Lichteffekte, auf die selbst J. J. Abrams stolz wäre.
Gameplaytechnisch sind die Entwickler auf gewohnten Pfaden geblieben. Nach wie vor gibt es drei Spielfiguren zur Auswahl, zwischen denen ihr im Singleplayer-Modus jederzeit frei hin- und herwechseln könnt: Diebin, Ritter und Zauberer. Jede Figur hat ein Set an bestimmten Fähigkeiten: die Diebin ist mit Pfeil und Bogen bewaffnet und kann einen Enterhaken benutzen, der Ritter verlässt sich auf Schwert und Schild, der Zauberer kann Kisten bewegen und selbige bei Bedarf auch aus dem Nichts herbeizaubern. Alle Fähigkeiten zusammen sind nötig, um die Physikpuzzles zu lösen, aus denen die meisten Herausforderungen in Trine 3 bestehen: Abgründe überqueren, unzugängliche Klippen erreichen, Schalter betätigen, Türen öffnen. Die Rätsel sind durchweg durchdacht und vor allem im späteren Spielverlauf ist die Lösung auch nicht immer unbedingt auf den ersten Blick zu erkennen. Aufgelockert wird das Gepuzzle durch gelegentliche Kämpfe und Plattformer-Sequenzen.
Gerade bei Letzteren wird offenbar, wo Trine 3 seine Achilles-Ferse hat: Der Sprung in die dritte Dimension ist nur teilweise gelungen. Wie bei vielen 3D-Plattformern zuvor ist es auch bei Trine 3 bisweilen schwer, die räumliche Tiefe korrekt abzuschätzen. Immer dann also, wenn ihr wahlweise in den Bildschirm hinein oder aus ihm herausspringen müsst, verkommen die Hüpfeinlagen zu einem nicht unwesentlichen Teil zu einem Glücksspiel. Vor allem, weil die Kamera fixiert ist. Sie folgt den Spielfiguren stets auf einem vorgegebenen Pfad und ist nicht steuerbar. Da hilft es auch nicht viel, dass der Entwickler optional die Aktivierung von stereoskopischem 3D anbietet - das mag zwar theoretisch hilfreich sein, in der Praxis werden darauf aber wohl nur die wenigsten Spieler zurückgreifen können.
Neue Probleme ergeben sich auch bei der Steuerung. Während sich Ritter Pontius mit einem handelsüblichen Xbox-360-Gamepad noch relativ galant durch die Spielwelt bewegen lässt, wird es spätestens beim Bogen von Diebin Zoya haarig. Das Spiel weiß nämlich nicht, was ihr meint, wenn ihr den linken Stick nach oben bewegt: hinten oder oben? Eine automatische Zielfunktion schafft hier zwar Abhilfe. Indem die Pfeile dann aber genau da hinfliegen, wo sie auch hin sollen, verrät ebendiese Funktion gleichzeitig die Lösung vieler Rätsel. So müsst ihr etwa an einer Stelle ein paar vertrocknete Ranken beschießen um so eine Hebebrücke herabzulassen. Dass das geht, findet ihr mit Maus und Tastatur erst nach einer kurzen Phase des Nachdenkens heraus - per Controller visiert ihr automatisch sofort die richtige Stelle an.
Wie das Salz zur Suppe verhält sich der Koop-Modus zu Trine 3: Er ist die Rettung vor der Langeweile. Vor allem im klassischen Modus, in dem jeder der Spieler auf eine der drei Figuren festgelegt ist, macht Trine 3 auf diese Weise jede Menge Spaß, erst recht, wenn man auf der gleichen Couch sitzt, online funktioniert der Multiplayer natürlich aber auch. Das gemeinsame Herumtüfteln an Rätseln ist eine wahre Freude und selbst wenn die anschließende Ausführung durch einen ungeschickten Sturz in einen bodenlosen Abgrund schiefläuft: Ein Freund kann den dann zur Unglücksstelle zurückschwebenden Geist schnell wiederbeleben.
Ob ihr an Trine 3 euren Spaß haben werdet, ist abhängig davon, ob ihr spielende Freunde habt oder nicht. Allein ist Trine 3 ein wunderschöner Puzzle-Plattformer mit Macken, die hier und da durchaus geeignet sind, den Spaß am Spiel nachhaltig zu trüben. Gemeinsam mit anderen hat das Spiel dagegen deutlich mehr Potenzial und könnte sogar dafür sorgen, dass ihr völlig die Zeit vergesst. „Komm, noch ein Level", ist hier ein Satz, der in der Gruppe deutlich leichter von der Zunge rollt. Die Macken des Spiels sind dann zwar immer noch vorhanden, wiegen aber gefühlt deutlich weniger schwer. Drei ist halt die magische Zahl dieses Spiels.