Trinity Universe
Kunterbunter Sprechdurchfall
Viele Faktoren, die manch westlichem Spieler bei Trinity Universe die Tränen in die Augen treiben, sollte man ganz objektiv unter Geschmackssache verbuchen. Der eingefleischte Gears-of-War- oder Call-of-Duty-Spieler ist ebenso wenig ein Freund von piepsigen Stimmen und bunten Haaren wie der gängige Anime-Fan sich für stiernackige Space-Marines begeistern kann. Es sind eben zwei völlig unterschiedliche Welten und letzten Endes ist es gut, dass man die Wahl hat und alle Fangruppen bedient werden.
Ein Aspekt von Trinity Universe geht aber nun wirklich überhaupt nicht und wird selbst hartgesottene Anime-Verfechter an die Grenzen ihrer Geduld bringen. Das Spiel ist unfassbar, exorbitant laberig, es leidet unter akutem Sprechdurchfall. Die Figuren kauen euch die Ohren ab, ohne Unterlass füllen sie Textkasten um Textkasten mit klebrig-süßlichen Nichtigkeiten. Jeder Dialog wird bis zum Erbrechen ausgewalzt, jedes Fitzelchen Plot totgeredet, jeder Gag wird von der verbalen Diarrhoe erschlagen.
„Aber Thomas“, werdet ihr jetzt zurecht sagen, „hast du nicht erst vor ein paar Wochen das ebenfalls bei Nippon Ichi erschienene Sakura Wars trotz oder gerade wegen seiner hohen Textmengen so gelobt?“ Ja, das habe ich. Aber zwischen den Dialogen von Sakura Wars und Trinity Universe liegen Welten.
Die Figuren von Sakura Wars wirken auf den ersten Blick eindimensional, gewinnen aber schnell an Tiefe und haben vor allem tatsächlich etwas zu erzählen. Die Dialoge sind nicht zuletzt durch ihre enge Verknüpfung mit den Kampfsequenzen und die komplexen Antwortmöglichkeiten ein wichtiger Bestandteil des Spiels.
Bei Trinity Universe dagegen wirkt ein Großteil der Gespräche wie reiner Selbstzweck. Wenn sich Kanata und Tsubaki um Kanatas endlosen Hunger kabbeln, dann hat das noch einen gewissen Charme, aber wenn man euch selbst für absolute Selbstverständlichkeiten wie das Übernachten im Inn oder die Ein- und Verkaufsmöglichkeiten im hiesigen Shop endlose, nicht abbrechbare Laber-Tutorial-Textkästen reindrückt, dann steigt euer Blutdruck langsam aber sicher in gefährliche Regionen, nicht zuletzt weil euch das Spiel in seiner ersten Stunde auch gnadenlos die Speicheroption vorenthält. Spätestens wenn ihr dann in den Kämpfen mehr Angst vor einem erneuten Auftauchen von Tutorial-Mädel Macaroon als vor den eigentlichen Gegnern habt, dann liegt hier definitiv etwas im Argen.
Schade – mit einer etwas flotteren, knackigeren Inszenierung wäre Trinity Universe in den angenehmen 7er-Bereich vorgestoßen. Denn sieht man von der Laberei und dem Zwang zum Lösungsbuch einmal ab, dann macht Trinity Universe doch so einiges richtig. Das Kampfsystem fühlt sich weit direkter und zugänglicher an als das von Cross Edge, es macht auch Spaß, die 3D-Dungeons zu durchforsten und das wirklich originelle Setting hebt sich angenehm vom sonstigen RPG-Einerlei ab. Schön auch, dass Trinity Universe mit jeder Menge Komplexität unter der Haube daherkommt, euch aber stets die Wahl lässt, wie sehr ihr euch auf die anspruchsvollen Systeme einlassen wollt.
Leider erweist sich Trinity Universe aber gerade in den ersten Stunden als arge Geduldsprobe. Doch übersteht ihr erst einmal die lahmarschige Anfangsphase, bekommt das das Charakterentwicklungs-System in den Griff und holt euch im Idealfall ein wenig Hilfe auf dem Weg zum bestmöglichen Ende, dann entpuppt sich Trinity Universe als interessante Spielart des RPG-Genres, in das ihr euch ganz vorzüglich über Wochen hinweg vergraben könnt. Eine eindeutige Empfehlung kann ich dem farbenfrohen Rollenspiel nicht aussprechen, zumindest kann ich aber Rollenspielern und Japan-Fans das Anspielen nahe legen. Ich kann nicht garantieren, dass es euren Nerv trifft. Tut es das aber, dann habt ihr spielerisch für die nächsten Wochen ausgesorgt.
Trinity Universe ist ab sofort für die PS3 im Handel erhältlich.