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Tropico 3

Viva El Metzger

Außerdem passieren oft unerwartete Dinge. Herrscht zum Beispiel Ebbe in der Kasse, kann es schon mal dazu kommen, dass die Weltbank einspringt, weil sie Angst hat, dass sich euer Land destabilisiert. Denn mitten im Kalten Krieg angesiedelt, geht es hier um Stellvertreter-Politik der feinsten Sorte. Die USA und UDSSR bekämpfen sich vor allem auf der kleinen Bühne. Und ihr sitzt mittendrin und feiert.

Um aber an das Geld der Großmächte zu kommen, muss euer kleines Inselreich wirtschaftlich und finanziell erst einmal funktionieren. Wie bei anderen Strategietiteln müsst ihr euer Volk einigermaßen zufriedenstellen, für Nahrung und Arbeit sorgen, Freizeitangebote und Wohnquartiere aus dem Boden stampfen und last but not least Gesundheitssystem und Bildung zum Laufen bringen.

Wichtigster Industriezweig: Das schwarze Gold. Besitzt ihr ein Vorkommen, fließt zumindest in der Vorabversion Geld in Strömen. Laut den Entwicklern soll dieser leichte Vorteil in der Finalversion durch die Regulation von Angebot und Nachfrage ausbalanciert werden. Außerdem gibt es auf manchen Inseln kein Öl. Stattdessen müsst ihr in Minen Erze abbauen oder euch auf Holz- und Lebensmittelexporte konzentrieren. Ein deutlich mühseligeres, weil Aufmerksamkeits-intensiveres Geschäft. Es gilt Verträge mit Lieferfirmen auszuhandeln, Schmier-Angebote der Marktführer abzuwehren und die Wünsche der anspruchsvollen Bevölkerung abzuschmettern.

Darf ich vorstellen: El Metzger, der ehemalige Geheimagent.

Wer nicht genug Geld zahlt und keine netten Gimmicks wie Gotteshäuser und hübsche Mietshäuser baut, fängt sich schnell einen ausgewachsenen Streik ein. Ohne Geheimpolizei und Militär muss man viel Geld investieren, um einen Putsch abzuwenden. Und auch bei den angesetzten „freien“ Wahlen gilt es, durch das Verfassen von möglichst ambitionierten Versprechen das Ergebnis zu den eigenen Gunsten zu verbessern.

Anhand der Umfragen könnt ihr Monat für Monat feststellen, ob es nicht besser ist, die ganze Sache abzublasen und lieber auf eine Militärregierung zu setzen. Alternativ könnt ihr die Stimmen falsch auszählen lassen, die Gegner verhaften oder den Notstand ausrufen. Eurer Kreativität sind kaum Grenzen gesetzt. Abseits der Kampagne, in der ihr bestimmte Aufgaben, wie die Errichtung einer Pilgerstätte für Gäubige, das Abschütteln kolonialer Wurzeln oder die Erschließung von Erzvorkommen, erfüllen müsst, steht euch eine umfangreiche Sandbox mit Dutzenden Parametern zu Verfügung. Außerdem könnt ihr Szenarien bauen und an Freunde weiterleiten.

Dank Tutorial ist der Einstieg für erfahrene Aufbaufans einigermaßen erträglich. Neueinsteiger werden angesichts vieler weicher Faktoren, beispielsweise den unregelmäßigen Einnahmen durch die Schwankungen auf dem Weltmarkt, oft Schwierigkeiten haben, ihre Inselwirtschaft am Laufen zu halten. Die Komplexität ist enorm und ganz sicher nicht in einem Tag erlernt. Nur wer etwas Zeit investiert, wird Tropico 3 und seine Vorzüge zu schätzen wissen.

Sozialistischer Plattebau mag nicht schön sein, aber die Bewohner freuen sich.

Optisch setzt Entwickler Haemimont Games auf die bewährte Grafik-Engine ihres Historien-Schinkens Grand Ages: Rome. Aus einiger Entfernung erstrahlt das kleine Eiland durch schicke Lichteffekte und Tiefenunschärfe. Zoomt man heran, zeigt der Titel erfreulich viele Details, ohne aber die Genre-Spitze (Anno 1404) zu erreichen. Die Hardware-Anforderungen sind moderat und die Kalypso-artigen Musikstücke passen hervorragend zum Szenario. Strategie-Herz, was willst du mehr?

Das Leben eines Dikators kann so schön sein: Das Off-Shore-Konto schwillt an, das Volk liebt euch und die Wirtschaft brummt. Doch bevor ihr dieses Traumszenario erreicht, stehen euch viele, harte Stunden bevor. Tropico 3 ist kein Kinderspiel. Trotz seines humorigen Ansatzes basiert der Bananenrepublik-Simulator auf knallharten Fakten. Das System aus Einschüchterung, Manipulation und Einflussnahme muss erst erlernt werden, um nicht eine halbe Stunde später vor einem unverhofften Game Over zu sitzen.

Habt ihr diese Aufgabe aber erst einmal bewältigt, steht einem angenehmen Aufbau-Erlebnis in unverbrauchter Atmosphäre eigentlich nichts mehr im Weg. Viel muss sich bis zum Release sowieso nicht mehr ändern. Das Spiel läuft flüssig, die Balance stimmt zum größten Teil und es macht einfach jede Menge Spaß, auch mal die Sau rauszulassen. Wem Anno und Co. zu bierernst sind, sollte sich Tropico 3 vormerken. El Metzger steht auf jeden Fall wieder bereit, um La Revolution auszurufen.

Tropico 3 erscheint am 24. September 2009 für den PC. Eine Xbox 360 Fassung folgt im Oktober.

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