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True Grit

Der alte Mann und das Mädchen

Geprägt von den erzählerisch einfältigen, handwerklich oft schlecht gemachten Karl-May-Filmen waren Western vor Clint Eastwoods „Erbarmungslos" für mich nur lahme Action-Filme mit vielen Stereotypen und wenig Substanz. Okay, „Spiel mir das Lied vom Tod" und einige andere Spaghetti-Western waren ertragbar und vor allem stilistisch einmalig, aber erst der alternde Revolverheld William „Bill" Munny machte mir klar, dass auch in diesem ausgelutschten Szenario spannende Geschichten stecken, die nichts mit rot angemalten Aushilfs-Indianern und unrealistischen Schusswechseln zu tun hatten.

Seit dieser Zeit hat sich viel geändert. Western sind heute meistens geprägt von glaubwürdigen Charakteren, einer realistischen Darstellung und einem schonungslosen Blick auf eine wirklich gesetzlose Zeit. Drei Attribute, die auch True Grit perfekt zusammenfassen. Das neuste Werk der Coen-Brüder greift dabei die Geschichte eines alten Western-Romans von Charles Portis auf, der in den 60er-Jahren schon einmal mit John Wayne verfilmt wurde. Ein Werk, das vor allem von zwei Charakteren getragen wird, die unterschiedlicher nicht sein könnten.

Zum einen ist da Mattie, eine vorlaute, 14-jährige Göre - charismatisch gespielt von Neueinsteigerin Hailee Steinfeld -, die den ruchlosen Tod an ihrem Vater rächen möchte. Ein angeheuerter Cowboy hat im Vollsuff nach einem verlorenen Poker-Spiel ihren Vater erschossen, ihm seine ganze Habe abgenommen und ist anschließend in die Indianer-Territorien geflohen. Für das Gesetz ist ein solcher Fall zu unwichtig, der Täter zu weit weg, um Ermittler hinterherzuschicken. Mattie geht das natürlich gehörig gegen den Strich. Deshalb schlägt sie geschickt beim ehemaligen Geschäftspartner ihres Vaters genug Geld heraus, um einen US-Marshal anzuheuern.

Von Rachegelüsten getrieben, will sie aber nicht den edelsten und besten Marshal, sondern den brutalsten. Auftritt: Rooster Cogburn. Ein gezeichneter Mann, der als ehemaliger Gangster wirklich keine Skrupel kennt und durch das verstörte Spiel von Jeff Bridges einen sofort in seinen Bann zieht. Ständig betrunken, stotternd und von allerlei Zipperlein geplagt, wirkt er im ersten Moment schlicht unfähig. Doch hinter der verlotterten Fassade lauert ein stahlharter Kern. Mit der Abgebrühtheit eines Mannes, der schon alles gesehen und getan hat, zieht er mit Mattie und dem etwas einfältigen Texas Ranger LaBoeuf - ebenso wunderbar von Matt Damon dargestellt - ins Indianer-Territorium und damit auf einen ungewöhnlichen Rachefeldzug, der in manchen Momenten sogar etwas Red-Dead-Redemption-Feeling versprüht.

True Grit - Trailer

Mattie ist in diesem Dreiergespann die treibende Kraft. Ihre jugendliche Wut entfacht bei Cogburn noch einmal seine ganze Willenskraft. Immer wieder kommt es zu kurzen, aber heftigen Gewaltausbrüchen. Blei fliegt, Blut fließt und die Natur stemmt sich gegen die Eindringlinge, doch im Zentrum des Films stehen die Gespräche. Am Lagerfeuer, auf den zähen Reisen durch Wälder und Flüsse, in einer schäbigen Hütte am Wegesrand. Jugend trifft hier auf zwei vom Leben gezeichnete Männer. Es geht um Ehre, Rache und das Erwachsenwerden. Dialoge, die Spaß machen und den Charakteren genau die Tiefe verleihen, die man an Coen-Filmen so liebt.

Wie in jeder guten Familie kommt es zwar auch zu Streit, doch man merkt, wie sich auf der Reise feste Bande knüpfen und die kleine Truppe zusammenschweißen. Die eigentliche Jagd auf den Mörder und seine Bande werden da fast zur Nebensache. Klar gibt es ein angemessen brachiales Finale mit allem, was zu einem Western dazugehört, doch die Kraft von True Grit steckt trotz einiger Längen im Mittelteil eben weniger in den Bildern, sondern vielmehr in den Worten. Dialoge ohne viel Pathos, gute Nebendarsteller und tolle Bilder runden das Gesamtpaket ab. Insgesamt reicht es zwar nicht ganz, um meinen All-Time-Favoriten „Fargo" vom Thron zu stoßen, doch wer auch nur im Entferntesten etwas mit Western anfangen kann, wird mit „True Grit" glücklich. Erstaunlich, wie die beiden talentierten Filmemacher ein Genre nach dem anderen aufbrechen und ihren eigenen Stempel aufdrücken. Wirklich großes Kino von echten Visionären.

True Grit läuft seit dem 24. Februar im Kino.

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