TT Isle of Man: Ride on the Edge 3 hat doch tatsächlich mein Interesse für Motorräder geweckt
Hat ja nur 40+ Jahre gedauert.
Ich bin derzeit völlig versessen darauf, jeden Tag ein paar Stunden auf dem virtuellen Motorrad zu drehen. Kein aktuelles Spiel bekommt diesen knatternden Sound dermaßen gut hin und kein Spiel fühlt sich auch nur annähernd so gut an, wenn man das Bike in eine Kurve legt, um behutsam wieder herauszubeschleunigen. An keiner vergleichbaren Stelle fühlen sich die Maschinen so lebendig an, wenn sie auf kleinste Fehler reagieren, sodass kurz das Hinterrad ausbricht, bevor man es gerade noch mal einfängt.
Ich habe es zuletzt erst wieder mit den Simulationen von Milestone probiert, die bei mir dank Bleifuss noch immer einen unnormal dicken Stein im Brett haben. Aber deren gleichförmiges Über-den-Asphalt-Schwimmen zündet einfach nicht so wie meine tägliche Dosis RiMS Racing.
Ah… richtig. Es ist natürlich nicht TT Isle of Man: Ride on the Edge 3, das ich gerade spiele. Das erscheint schließlich erst am 11. Mai. Und es ist auch nicht sein Vorgänger. Den hat nämlich ein komplett anderes Team entwickelt, dessen Arbeit das aktuelle Studio Raceward nicht einfach weiterführt. Raceward übernimmt vielmehr die Physik, mit der es vor anderthalb Jahren in Form von RiMS Racing seinen Einstand gab.
Nun ist das dritte TT Isle of Man im Gegensatz zu RiMS und zumindest auf den leichten Einstellungen keine beinharte Simulation, sondern ein eher entspanntes Rennspiel – durchaus eins für anspruchsvolle Spieler, wie mir Physics Designer Andrea Valenti erklärt, aber auch eins, das gelegentliche Stürze verzeiht und bei dem sich lediglich die Reifen abnutzen, aber keins der anderen Bauteile. Doch das Wichtige ist eben, dass sich das Fahren auf der Isle of Man so klasse anfühlt, weil es auf der derzeit besten Fahrphysik basiert, die man im Zweirad-Videospiel erleben kann.
Das hat mich beim Anspielen jedenfalls sofort abgeholt, wo ich bei Milestone & Co. und auch beim Vorgänger erst vor kurzem noch abgewunken habe. Ein paar Stunden lang konnte ich vor Ort bei Raceward Ride on the Edge 3 ausprobieren, wobei ich hauptsächlich auf der mittleren von drei Simulationsstufen gefahren bin. Hat man erst mal ein grundlegendes Verständnis dafür entwickelt, wie ein Motorrad funktioniert (ich habe ja wirklich fast bei Null angefangen, nachdem mich die Bikes lange kalt gelassen haben), dann geht das nämlich erfreulich gut.
Es hilft, dass es in den Raceward-Titeln eine dynamische Ideallinie gibt, mit der man leicht in die richtige Spur findet und Bremspunkte sehr genau setzen kann. Außerdem darf man jederzeit die Stärke der Traktionskontrolle, des ABS, der Motorbremse sowie des Anti-Wheelie-Systems einstellen, um sicherer zu fahren oder mit größerem Risiko eine Idee zügiger unterwegs zu sein.
Also, wie gesagt: neues Team, neues Spiel – was sich nicht nur auf die Physik bezieht, sondern auch das Konzept. So gibt es in TT Isle of Man 3 zum ersten Mal zwar keine Open World wie in Forza Horizon, aber eine „Open Road“. Was nichts anderes heißt, als dass die Entwickler nahezu alle großen Straßen der gesamten Insel ins Spiel übertragen haben, weshalb man nach Belieben die gesamte Isle of Man befahren kann. Verkehr gibt es dort zwar keinen, was dem Ganzen ein wenig den Reiz des „realen“ Erkundens raubt…
… im Gegenzug befinden sich auf der Insel dafür zahlreiche Events, die man beim Anfahren entdeckt. Dazu zählen neben Zeitrennen, Duellen und frei konfigurierbaren Läufen auch reine Informationspunkte, an denen man Einzelheiten zur Geschichte der Tourist Trophy erfährt. Dafür steht immerhin das TT im Namen, denn natürlich stellt das halsbrecherische Rennen um die gesamte Insel den Höhepunkt der Karriere dar. Zuvor muss man allerdings in 16 vorgeschriebenen Rennen seine Sporen verdienen und kann eben auch an den auf der Insel verstreuten Events teilnehmen.
Als Belohnung winken mitunter Upgrade-Punkte, mit denen man in jeweils fünf Schritten die neun Bauteile seines Bikes verbessert. Dazu gehören der Motor, das Chassis, Reifen, Aufhängung und mehr. Abgesehen davon wird Raceward sowohl wöchentliche als auch monatliche Herausforderungen anbieten. Weiterhin darf man eigene Lobbys für bis zu zehn Teilnehmer erstellen.
Gefahren wird in zwei Kategorien: Superbike und Supersport, zwischen denen man jederzeit wechseln kann. Insgesamt 32 Strecken stehen dabei zur Verfügung, von denen viele aufgrund der realen Straßenführung vergleichsweise lange Rundkurse sind. Laut Physics Designer Valenti soll man eine lange und entsprechend motivierende Karriere erleben, wobei man sich das Erkunden der Insel bei mangelndem Interesse auch schenken darf. Zentral sind lediglich die 16 festen Läufe auf dem Weg zur Tourist Trophy, die bei jedem Spielstart aber in zufälliger Reihenfolge angeordnet werden.
Ich denke mal, dass Raceward, wo gleich mehrere ehemalige Milestone-Mitarbeiter ein Zuhause gefunden haben, dem Genre ganz bewusst seinen Stempel aufdrücken will, indem es vor allem in Sachen Fahrgefühl und Motorensound neue Maßstäbe setzt. Auf jeden Fall macht das Herumrasen auf den knatternden Feuerstühlen eine Menge Laune, lässt sich in mehreren Stufen an das eigene Können anpassen und schielt mit dem Prinzip der offenen Straße sogar in Richtung Forza Horizon, The Crew sowie Need for Speed, was in Sachen Zweiräder noch ein Novum darstellt.
Da in der frühen Version nur relativ wenige Rennen freigeschaltet waren, bin ich mal gespannt, wie sich die fertige Karriere anfühlt, und hoffe außerdem sehr, dass TT Isle of Man: Ride on the Edge 3 im Gegensatz zu RiMS Racing auch auf Steam Deck spielbar ist. Dessen Gamepad-Schnittstelle unterstützt Raceward nämlich bis heute nicht, obwohl das heute eigentlich zum Standard gehört. Aber gut: Hauptsächlich bleibt zunächst mal festzuhalten, dass sich Motorrad-Fans den 11. Mai wohl schon mal guten Gewissens rot anstreichen können.