Ubisofts E3 2017 Show: Gutes Ubi, schlechtes Ubi - hauptsächlich aber gutes.
Guter, schlanker Auftritt, der von Jubeln bis Gähnen alles bot
Das war... die zum Zeitpunkt, als ich diese Zeilen in die Tasten hacke - rund 0:00 Uhr und etwa drei Stunden vor Sonys Pressekonferenz - das Highlight der Messe. Dabei liegt das gar nicht mal daran, dass jetzt jedes Spiel der absolute Knüller gewesen wäre. Aber Ubisoft lieferte eine schlanke Show, auf der es sich einmal mehr als einer der am breitesten aufgestellten Spielehersteller präsentierte und brachte am Ende die Überraschung, auf die man seit einem halben Jahrzehnt wartete. Dass der eine oder andere Titel ein wenig zu kurz kam und ein prominenter Hoffnungsträger eine etwas entmutigende Vorstellung bot, fiel da nicht weiter ins Gewicht.
Ich meine, was soll man denn sagen, wenn Ubisoft es schafft, seine sicher nicht für jedermann appetitlichen Rabbids auf einer Weise mit dem Mario-Königreich zu einem Lollipop-XCOM zu verschmelzen, dass man trotzdem fast meinen könnte, es käme von Nintendo selbst? Ich hatte mich fest darauf eingestellt, Mario + Rabbids Kingdom Battle zu hassen (und vielleicht kommt das auch noch), aber das hier war stilistisch stringenter als es hätte sein dürfen und leichtfüßiger als derart kommerziell breitenwirksame Crossover es für gewöhnlich sind. Jetzt muss ich mich nur noch daran gewöhnen, dass Mario eine Waffe benutzt. Aber das schaffe ich vielleicht auch noch.
Nach EA betrieb auch Ubisoft im Anschluss an die meschuggene Hasenpräsentation samt Miyamoto-Gastauftritt ein wenig Markenpflege, als The Crew 2 zurückkommt. Und... öhm... wow, das sorgte mal eben dafür, dass ich von einem Rennspiel, dessen Vision das Einzige war, was ich bewunderte, auf einmal den Nachfolger extrem reizvoll finde. Mit einer erfrischenden "Scheißegal, warum nicht!?"-Haltung integrieren die Entwickler neben Motorrädern auch Boote und Flugzeuge in ihre nächste Variante von Cruisin' USA. Wenn's sich gut fährt/fliegt, werden hieran viele Leute eine Menge Spaß haben.
Insgesamt kam die Vorstellung der Franzosen hier und da aber trotzdem ein wenig schizophren rüber, wenn ein Plastikpop-Sternchen, dessen Namen ich schon wieder vergessen habe, schief, aber immerhin live eine ihrer Nummern aus dem neuen Just Dance trällern darf. Oder das lang angekündigte umfassende Reboot einer (ob man will oder nicht) wegweisenden Reihe zwischen all den großen und kleinen verrückten und innovativen Ideen auf einmal unfassbar auf Nummer sicher wikrt. Die Zahl der fremden Versatzstücke im neuen Assassin's Creed erschweren es, das Spiel für das zu sehen, was es sein will. Man sieht nur Far-Cry-Löwenkäfige in Gegnerlagern, die man aufschießen kann, Primal-Adler, die Gegner markieren, Witcher-Crafting- und -RPG-Elemente. Alles bekannt - dieses Spiel hat mal Maßstäbe gesetzt, jetzt rennt es denen anderer Entwickler hinterher.
Schon das kompentente Ghost Recon: Wildlands war in diesem Jahr eher auf der transparent-beliebigen Seite des Ubisoft-Outputs angelegt, der auf der anderen Seite oft genug wild und entfesselt wirkt. Ich hoffe inständig, dass sich Origins traumhaft anfühlt und die Systeme trotz ihrer Bekanntheit motivierend ineinandergreifen. Dann kann es dennoch gut werden, denn das Szenario rettet in diesem Spiel vieles, hat es in dieser Serie schon immer. Aber man ist nicht mehr ganz so gespannt, wie sich diese Reihe in die Zukunft schwingen will und kann die Sandalen des nächsten Reboots irgendwie schon über die Dächer schleichen hören. Ich hoffe, ich irre mich.
South Parks Auftritt war unterdessen keine Überraschung, allerdings schoss einem schon ein "ach, DAS machen die ja auch", durch den Kopf, als der Trailer einsetzte und unterstrich damit noch einmal feste, wie sehr dieser Spielekatalog doch für jeden etwas parat hat. Wie mit Transference einem VR-Titel Platz eingeräumt wurde, bestätigte ebenfalls den Kurs, sich in den Dienst einer möglichst breiten Spielerschicht zu Stellen. Das ist sympathisch, wenn auch nicht ganz selbstlos, denn durch das Featuren des finster und erstaunlich technologieverdrossen daherkommenden Virtual-Reality-Spiels konnte man sich den (Video-)Auftritt von Hollywoodstar Elijah Wood sichern, der am Titel in kreativ leitender Funktion beteiligt ist. So oder so: Schön, dass mit Ubisoft wenigstens einer der großen Dritthersteller ein Herz für die neue Technologie zeigt.
Zynische Naturen unterstellten Skull & Bones unterdessen auf den ersten Blick, Ubisoft Singapore habe nur die Schifffahrerei des vierten Assassin's Creed ausgelagert und zu einem kompletten Spiel aufgeblasen. Tatsächlich geht die Piratensimulation deutlich mehr in die Tiefe, mit realistischerem Windmodell und ausgefeilter Physik. Optisch war es eh eine Wucht und dass an der Idee virtuellen Freibeutertums was dran ist, sieht man schon daran, dass Rare mit Sea of Thieves ebenfalls ein viel beachtetes Spiel mit Holzbein und Augenklappe in Arbeit hat. Bei Skull & Bones konnte man förmlich das Salz auf den Lippen schmecken und überhaupt zielt das das Konzept angenehm an der Fokusgruppengeilheit der meisten anderen großen Publisher vorbei. Ich habe kein schlechtes Gefühl bei diesem hier, auch wenn mich persönlich die herzige Aufmachung und der Humor von Sea of Thieves mehr reizen.
Danach ein kurzer Trailer mit Gameplay-Schipseln von Far Cry 5 - ich war ehrlich gesagt überrascht, dass dem Titel nicht mehr Platz eingeräumt wurde, doch das ergab später noch Sinn. Sah in jedem Fall nach Far Cry aus, wieder ein wenig mehr in Richtung des zweiten Teils, weil man offenbar wieder auf Buddies setzt, die einen im Kampf unterstützen. Viel schiefgehen wird hier nicht, auch wenn ich immer den Kopf einziehe, wenn Ubisoft politisch-satirisch wird. Da geht auf dem Sprung von Französisch zu Englisch häufig viel verloren - und dann kommen sie noch häufig ein wenig predigend daher. Spielerisch dagegen ist diese Reihe schon immer einer der schmissigsten und befriedigendsten Shooter. Vor allem landschaftlich sah Teil fünf schon deutlich ansprechender aus als die grüne Hölle der Himalayas.
Das Spiel, bei dem man sich fragen musste, warum Ubisoft es für eine gute Idee hielt, war Starlink: Battle for Atlas. Nicht, dass ich dem Titel mangelnde Qualität unterstellen will, aber jetzt noch in den Toys-to-life-Markt einzusteigen wirkt ein bisschen riskant, nachdem die Blase ein für allemal geplatzt scheint. Selbst Disney musste sich aus dem Plastik-Segment zurückziehen und der einstige Platzhirsch Skylanders beklagt mit seinen Imaginators rückläufige Verkäufe. Trotzdem ist der Gedanke eines Weltraum-Action-Adventures, bei dem ihr die Raumschiffe direkt auf den Controller steckt, irgendwie cool. Waffen buchstäblich on-the-fly verändern... gut, ob das mit den normalen von der Evolution gegebenen zwei Händen in der Mitte eines Spiels so praktikabel ist, sehen wir dann. Aber das hier hatte, wenn schon keinen marktwirtschaftlich besonders ausgeprägten Selbsterhaltungstrieb, dann auf jeden Fall Charakter und einen guten Look.
Der absolute Moment der Messe war aber die Ankündigung von Beyond Good & Evil 2 von einem sichtlich gerührten Michel Ancel, der sich nach all den Jahren eine Träne aus dem Auge wischen musste. Dieser Mann ist das Nächste an einem europäischen Miyamoto, was wir haben. Dass er endlich die Gelegenheit hat, den Traum vieler Tausender BG&E Fans - mich eingeschlossen - zu realisieren, war längst überfällig. Irgendwann lesen wir dann, wann und in welcher Form dieses Spiel über die vergangenen 14 Jahre hinweg wirklich in Entwicklung war.
Der kinoreife CG-Trailer (leider kein Gameplay) stachelte meine Lust, unmittelbar in diese Welt zurückzukehren noch einmal gehörig an. Prequel ohne Jade und vielleicht auch Pey'J, das wirkt im ersten Moment ein bisschen schade. Was zu sehen war, brachte aber viel Verve mit, kam angemessen wild rüber - ähm, wo war übrigens Ancels Wild? -, kreativ und mit viel Herz gesegnet, wie eigentlich alles von diesem Mann. Die rührenden Dankesworte an die Fans kamen ebenfalls eindeutig aus der Richtung, man hätte ihm noch länger zuhören können und war fast ein bisschen traurig, dass er so schnell Yves Guillemot auf die Bühne bat. Viele Überraschungen bot die Messe bisher nicht, das hier war trotzdem eine der schönsten E3-Enthüllungen der letzten Jahre.
Es war bis dahin schon ein guter, schlanker Auftritt - nichts gegen Aisha Tyler, aber dass die PK diesmal ohne Show-Gehabe auskam, war ein Gewinn -, mit nur einem echten, dafür aber prominenten "hm.... meh!"-Moment. Bis kurz vor Ende fehlte Ubi vielleicht das eine, das Gerede auf der Messe bestimmende Spiel, aber wenn man einen mit den Hufen scharrenden Michel Ancel hinter der Bühne hat, ist das im Nu korrigiert. Schön.
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